12.24
Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Minister! Hohes Haus! Werte Zuseher und Zuseherinnen! Vor 48 Tagen versetzte uns alle – die ganze Welt – der brutale Terrorangriff der Hamas auf Israel in eine Schockstarre. Seitdem gab es sehr viele Interpretationen und neue Experten und Expertinnen und deswegen ist es mir am Beginn meiner Rede wichtig, festzuhalten, was bei jeder Debatte, die wir führen, die unumstößlichen Koordinaten sein müssen.
Zum einen ist klar (eine Tafel mit einer Vermisstenanzeige von zwei entführten israelischen Mädchen sowie der Forderung, alle Geiseln müssten befreit und lebend heimgebracht werden, in die Höhe haltend), wie viele unschuldige Menschen bei diesem Terrorangriff ums Leben gekommen sind. Es ist auch klar (von der Tafel ablesend), dass über 240 unschuldige Geiseln verschleppt wurden, dass mehr als 7 000 Israelis verletzt, vergewaltigt, ermordet wurden und dass das jüngste Terroropfer lediglich drei Monate alt gewesen ist.
Zu den Koordinaten, die unumstößlich sind, gehört auch, dass die Hamas eine dezidierte Terrororganisation ist und dass jeder, der versucht, sie als Befreiungsfront zu framen, schlicht den moralischen Kompass verloren hat. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und NEOS.)
Zu den Koordinaten, die unumstößlich sind, gehört auch, dass in der Verfassung Israels festgehalten ist, dass sie niemanden zurücklassen dürfen. Leave no one behind ist somit verfassungsrechtlich für Israel eine Verpflichtung – die man sich selbst gegeben hat –, um jedes einzelne jüdische Menschenleben zu kämpfen. Deshalb ist die Auseinandersetzung um die Befreiung der Geiseln solch eine relevante für Israel. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
Für uns ebenso unverhandelbar ist – und das spiegelt sich auch in diesem Antrag wider –, dass es natürlich gilt, diesen Krieg, den langen, komplexen Konflikt insofern zu unterbinden, als dass er sich nicht ausbreiten darf. Sie wissen: Israel ist das einzige Land mit einer demokratischen Verfassung in dieser Region. Das ist auch der Grund, wieso Israel als einziges unser Ansprechpartner ist, wenn wir das Völkerrecht und das humanitäre Recht einfordern. Mit wem sonst, mit welchen Terroristen sonst, könnten wir denn dort reden?
Wichtig ist auch – und das ist auch im Antrag festgehalten –, dass wir natürlich – abseits von den Feuerpausen, die jetzt eingesetzt haben, und der notwendigen bedingungslosen Befreiung der weiteren Geiseln – langfristig eine Friedenslösung für alle Menschen in der Region brauchen. Es stimmt: Wenn wir die eine Seite übersehen, wird sie sich mit der Zeit durch Terror zum Ausdruck bringen.
Das ist nicht nur eine der schwierigsten Aufgaben in den letzten Jahrzehnten gewesen, sondern auch die Verhandlungen, die jetzt, in den letzten Wochen, schon stattgefunden haben, haben sichtbar gemacht, wie schwierig, wie komplex eine Exitstrategie ist. Nichtsdestotrotz – und trotz der Sprachlosigkeit, die vor 48 Tagen eingesetzt hat – haben wir wieder eine Sprache gefunden, haben wir als fünf Parteien einen Antrag formulieren können, der nicht nur diese Koordinaten, die unumstößlich sind, wiedergibt, sondern auch dafür plädiert, dass wir mit allen Mitteln und auf allen Ebenen nach nachhaltigen, friedlichen Lösungen suchen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und NEOS.)
Ich habe gestern auf Social Media gelesen, dass eine Mutter geschrieben hat, dass sie voller Hoffnung darauf gewartet hat, den Namen ihres Kindes unter jenen Geiseln zu finden, die heute am Nachmittag freigelassen werden sollen – er war nicht dabei.
Ich will deshalb damit schließen, weil auch dieser furchtbare Konflikt ein menschliches Antlitz hat, nämlich das der Angehörigen, die Menschen verloren haben, und der Angehörigen, die noch immer die Hoffnung haben, dass ihre Kinder und Familienmitglieder freikommen. Ich denke, das ist das Erste, wofür wir uns auch in den nächsten Tagen weiterhin starkmachen müssen. Vielen Dank allen, die dazu beitragen! – Danke. (Beifall bei Grünen, ÖVP, SPÖ und NEOS.)
12.30
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Helmut Brandstätter. – Bitte.