12.30
Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen, liebe Zuseher! Wir haben im Lauf dieser Woche schon einmal darüber gesprochen, dass die geopolitische Lage so ist, dass es eben auf der einen Seite diese Diktaturen und autoritären Systeme gibt, auf der anderen Seite Demokratien, und heute ist völlig klar, dass wir uns natürlich für Israel aussprechen, für das Opfer in diesem Angriff, und gegen die Terrororganisation Hamas. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und Grünen.)
Wenn wir aber weiterdenken, dann müssen wir auch wissen, dass es oft einen Zusammenhang zwischen Diktaturen und Terrororganisationen gibt. Wir erleben das gerade im Nahen Osten. Es ist ja so, dass Hamas natürlich – und das ist rund um die Wagner-Gruppe auch beschrieben worden – von Russland unterstützt wird. Das heißt, wenn wir hier klar gegen Terror sind, dann müssen wir auch gegen den Terror sein, den Russland zum Teil eben im Nahen Osten – auch in Syrien – ausübt, aber auch gegen den, den Russland in der Ukraine ausübt.
Deswegen bin ich sehr froh, dass wir – fünf Parteien – hier heute einig sind, aber umso erstaunter, dass es ein Thema, nämlich das Thema Russland-Ukraine, gibt, bei dem die FPÖ nicht mitkann, und das wird ja wohl Gründe haben. Und doch ist es so klar, dass es auch dort Terror gibt, Terror gegen Kinder, es werden täglich Spitäler angegriffen, es werden Schulen angegriffen, und von der FPÖ gibt es da nur ein Nicken.
Oder: Gestern hatten wir die stellvertretende Ministerpräsidentin der Ukraine Olha Stefanischyna zu Besuch. Alle haben mit ihr gesprochen, und sie uns hat erzählt, dass auch in dieser Woche ihre Kinder an zwei Tagen nicht in die Schule gehen konnten, da es Terroralarm, Bombenalarm gab. Auch daran nimmt dann leider niemand von der FPÖ teil, weil Sie es gar nicht hören wollen. Das ist bedauerlich, das muss ich hier sehr deutlich sagen. (Beifall bei den NEOS, bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen sowie der Abg. Holzleitner.)
Dieses Buch hier ist besonders spannend (das genannte Buch in die Höhe haltend): Philippe Sands, „Rückkehr nach Lemberg“. Philippe Sands ist ein britischer beziehungsweise in London lebender Menschenrechtsaktivist und Rechtsanwalt mit Wiener und interessanterweise auch mit Lemberger Wurzeln: Wiener Wurzeln, weil sein Großvater aus Lemberg nach Wien gekommen ist. Seine Familie ist zum Teil im Holocaust ermordet worden.
Er beschreibt da unter anderem auch die Nürnberger Prozesse nach dem Zweiten Weltkrieg. Da gab es zwei Juristen – einer davon wieder mit Bezug zu Wien, nämlich Hersch Lauterpacht, der bei Kelsen studiert hat, und ein zweiter mit Bezug zu Lemberg, Raphael Lemkin –, die im Zuge dieser Nürnberger Prozesse zwei wesentliche Begriffe entwickelt haben, nämlich den des Genozids, Völkermordes, aber auch den des Verbrechens gegen die Menschlichkeit.
Diese zwei Begriffe sind gerade heute wieder so wichtig, und es sind ja nicht nur diese beiden Regionen, von denen ich spreche – die Ukraine und Israel –, in denen wir sehen, dass es den Versuch des Genozids oder auch Verbrechen gegen die Menschlichkeit gibt. Das gibt es ja anderswo auch. Umso klarer aber müssen wir eben hier auftreten und sagen, auf welcher Seite wir stehen: Wir sind für die Menschlichkeit, wir sind gegen den Genozid und wir werden natürlich all jenen, bei denen es notwendig ist, weil sie Opfer sind, jede Unterstützung geben.
In dem Zusammenhang ist für mich auch sehr wichtig, dass wir auch über die europäischen Werte sprechen, die auch in diesem Buch angesprochen werden, nämlich die europäischen Werte, die wir verteidigen, und zwar auch bei uns, auf unseren Straßen. Wenn es Demonstrationen gibt, auf denen es heißt: From the River to the Sea!, dann ist das nichts anderes als wieder der Aufruf zum Genozid, zum Völkermord, es ist der Aufruf, alle Juden ins Meer zu treiben und zu vernichten, und das ist nichts anderes als das, was in diesem Buch beschrieben wird: Hans Frank, damals Generalgouverneur in Polen, hat gesagt, man müsse alle Juden vernichten wie die Läuse. Das ist genau dasselbe.
Diese Zusammenhänge bitte ich zu verstehen, und deswegen ist auch klar – Christoph Wiederkehr hat das heute auch in einer großen Rede in Wien gesagt –: Wir müssen für Demokratie, für Menschenrechte, für Toleranz stehen, und dagegen, dass auch hier jemand glaubt, er kann auf die Straße gehen und für einen Genozid auftreten. Das können wir nicht dulden, das muss unsere Polizei verhindern, und da müssen wir alle zusammenstehen, sodass das nicht möglich ist.
Das jetzt ist, glaube ich, wirklich ein ganz wesentlicher Zeitpunkt, an dem wir uns befinden, dass das auch nicht ansatzweise und ein bisschen passiert. Das gilt aber selbstverständlich auch für Buden und bürgerliche Mittags- und Abendtische, wo es auch Antisemitismus in verschiedenen Formen gibt. Treten wir alle gemeinsam dagegen auf: für Menschlichkeit, gegen Genozid! – Ich danke schön. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen. – Abg. Brandstätter – eine Tafel mit dem Bild eines Kindes unter der roten Überschrift „Entführt“ in die Höhe haltend –: Das ist nur einer von vielen – damit das auch hier gesehen wird!)
12.35
Präsidentin Doris Bures: Nun ist Bundesminister Alexander Schallenberg zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.