16.32

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Wir erleben eine massive Vertrauenskrise in die Politik in Österreich, und, sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher, ich darf mich vorneweg gleich einmal für das Bild, das Ihre Volksvertreter hier und heute abgeben, entschuldigen. Ich erachte das als unerträglich. (Beifall bei den NEOS.)

Diese Vertrauenskrise, die wir erleben, ist jetzt nicht irgendwie etwas Neues, sondern es ist eine Krise, die sich über die letzten Jahre und Jahrzehnte durch diverse Affären aufgebaut hat. Sie erinnern sich alle an die Telekom-Affäre, die Buwog-Affäre, die Hypo Alpe-Adria, die BVT-Affäre, das Beinschab-Tool der ÖVP. Das Problem ist nur: Sie lernen aus diesen Affären und diesen Skandalen gar nichts, und die Vertrauenskrise wird immer und immer größer.

Bei solch einer Vertrauenskrise hilft es auch nicht, wenn der Inhaber des zweithöchsten Amtes im Staat, der Nationalratspräsident, immer wieder mit Vorwürfen konfrontiert ist und nicht dazu bereit ist, Schaden von diesem Amt abzuwenden und die Konsequenzen zu ziehen. Herr Präsident, ganz ehrlich, es hilft auch nicht, wenn man sich im Vorfeld zweier neuer Untersuchungsausschüsse, wo man zumindest in einem davon auch im Untersuchungsgegenstand eine wesentliche Rolle spielt, hinstellt und sagt: Selbstverständlich werde ich den Vorsitz führen! Ein bisschen ein Gefühl für Befangenheit sollte man dann doch auch haben. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)

Es ist aber leider nicht nur der Herr Nationalratspräsident, der diese Vertrauenskrise weiter befeuert, es sind auch drei Parteien hier im Haus, nämlich ÖVP, FPÖ und SPÖ, die offensichtlich nicht daran interessiert sind, diese Vertrauenskrise zu beenden. Aber nicht nur das, Sie machen es auch noch schlimmer. Sie befeuern die Vertrauenskrise, indem Sie, anstatt endlich Reformen anzugehen, sich gegenseitig mit Dreck bewerfen, sich gegenseitig mit Schlamm bewerfen und irgendwelche Taferln hochhalten – und das Vertrauen in die Politik wird immer weniger und weniger. (Beifall bei den NEOS.)

Das Schlimmste daran ist – und das geht an ÖVP und SPÖ, an die ehemaligen staatstragenden Parteien –: Sie sehen offensichtlich nicht einmal, was Sie damit machen. Sie checken es, glaube ich, nicht. Schauen Sie sich einmal in Europa um: Der Aufstieg der Populistinnen und Populisten, insbesondere der Rechtspopulisten, ist unaufhaltsam. Das liegt insbesondere daran, dass staatstragende Parteien, ehemalige staatstragende Parteien wie ÖVP und SPÖ, nichts Besseres zu tun haben, als sich gegenseitig mit Dreck zu bewerfen (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von FPÖ und Grünen – Bravoruf der Abg. Meinl-Reisinger), Politik in der Art und Weise der FPÖ zu machen. Profitieren tun einzig und allein die Freiheitlichen, aber Sie machen nichts dagegen, Sie machen immer weiter.

Sie wissen vor allem, was zu tun wäre. Wir kennen die Missstände in diesem Land. Wir wissen, dass die ÖVP ein Korruptionsproblem hat. Wir wissen auch, dass SPÖ und FPÖ über Jahrzehnte fleißig daran mitgearbeitet haben, dass die Sümpfe nicht trockengelegt werden – und ganz ehrlich, Sie haben es sich in diesem System auch sehr gemütlich gemacht.

Herr Kollege Hanger, noch ein Wort zu Ihnen, weil Sie gerade gesagt haben, dass Sie dafür Sorge tragen werden, dass alle Unternehmerinnen und Unternehmer, die von der Cofag Förderungen bekommen haben, untersucht werden: Die Unternehmerinnen und Unternehmer, die fleißigen Unternehmerinnen und Unternehmer werden sich bedanken! Weil Sie nicht in der Lage waren, sinnvoll Förderungen auszubezahlen, werden jetzt alle von Ihnen in die Öffentlichkeit gezerrt und an den Pranger gestellt. Der Wirtschaftsbund wird es Ihnen danken, ich sage es Ihnen. (Beifall bei den NEOS. – Bravoruf der Abg. Meinl-Reisinger.)

Sie wissen seit den letzten Untersuchungsausschüssen, was zu tun wäre. Sie vergessen nur immer, dass zu der Aufklärung nach dem Untersuchungsausschuss auch die Reformen danach gehören.

Sie wissen und wir alle hier wissen, dass es endlich einen unabhängigen Bundesstaatsanwalt braucht, damit Interventionen gar nicht mehr möglich sind. Sie wissen auch, dass es ein Informationsfreiheitsgesetz braucht, damit so Dinge wie die Umfragen im Finanzministerium ans Tageslicht kommen. Insofern hier auch mein Appell an die SPÖ: Verhandeln Sie hier ordentlich und bringen Sie sich bei der Zweidrittelmehrheit ein, dann geht hier etwas weiter! (Abg. Stögmüller– Beifall spendend –: Richtig!)

Wir wissen auch alle, dass mit dieser Inseratenkorruption Schluss sein muss. Das Einfachste wäre, wenn man einen Deckel auf die Regierungsinserate draufgibt. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Wir wissen, dass öffentliche Hearings für Spitzenfunktionen notwendig wären und dass es notwendig wäre, dass endlich die Menschen einen Job bekommen, die etwas können, und nicht diejenigen, die irgendjemanden kennen.

Wir wissen auch, dass wir ein Korruptionsstrafrecht brauchen würden, mit dem wirklich verhindert wird, dass Kandidatinnen und Kandidaten für ein politisches Amt drei Monate vor dem Wahltag weiterhin bestochen werden können.

Wir wissen auch, dass es ein Parteiengesetz braucht, das diesen Umgehungskonstruktionen, um über den Seniorenbund oder irgendwelche anderen Vorfeldorganisationen illegale Parteienfinanzierung weiterhin zu ermöglichen, Einhalt gebietet. Dieses Parteiengesetz wäre endlich notwendig.

Ich sage Ihnen etwas, sehr geehrte Damen und Herren von ÖVP, FPÖ und SPÖ: Hören Sie auf, sich gegenseitig mit Dreck und Schlamm zu bewerfen und arbeiten Sie für die Menschen in diesem Land! (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.36

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.