16.57

Abgeordnete MMag. Katharina Werner, Bakk. (NEOS): Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Minister! Ich möchte Ihnen heute von einer Organisation erzählen, von der, wie ich glaube, wir hier herinnen und vor allem die Bildungspolitik in Österreich sehr, sehr viel lernen können. Die Organisation heißt Teach for Austria.

Ich habe mich 2017 dort um den besten Job der Republik beworben, nämlich um den als Lehrkraft. Es folgten dann dreieinhalb Jahre mit Höhen und Tiefen: Tiefen, wenn auf einmal die Ergebnisse von Pisa ein Gesicht bekommen – die Namen, die ich jetzt verwende, sind natürlich nicht die richtigen Namen, aber ich glaube, das macht es ein bisschen greifbarer –, zum Beispiel das Gesicht von Amir. Das ist ein Bub, der 15 Jahre alt ist, schon in vielen verschiedenen Schulen war und nach neun Jahren Beschulung noch immer nicht sinnerfassend lesen kann. Damals war diese Coronazeit, und dieses Auf- und Zusperren der Schulen hatte dann halt zur Folge, dass wir ihn verloren haben. – Das waren die Tiefen dieser Zeit.

Es gab aber auch Höhen, und da, finde ich, sieht man, was eine Lehrkraft wirklich ausmachen kann. Ein anderer Bub, nennen wir ihn Luca, hatte sich eigentlich selbst aufgegeben. Sein Karriereplan war das AMS. Und plötzlich, weil ich an ihn geglaubt habe, hat auch er an sich geglaubt. Obwohl er eine Frühwarnung in Physik gehabt hat, hat er sich hingesetzt, hat angefangen zu lernen, hat auf einmal lauter Einser geschrieben und macht jetzt eine Lehre als Mechatroniker. – Das sind die Höhen.

Vor zwei Wochen, Herr Minister, haben Sie dem Gründer von Teach for Austria, Walter Emberger, das Goldene Ehrenzeichen verliehen. Was kann die Bildungspolitik von Teach for Austria lernen? – Zwei Dinge. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Die erste Sache ist eine starke Vision, und diese würde ich Ihnen wirklich wünschen – darum würde ich Ihnen auch diese dreieinhalb Jahre in der Schule wünschen, die Erfahrung mit den Jugendlichen –, diese Vision ist einfach eine starke Vision: Jedes Kind soll die Chance auf ein gutes Leben haben, egal wie viel Geld oder Bildung die Eltern haben.

Die zweite Sache, die man von Teach for Austria lernen kann, ist die Überparteilichkeit. Theresia – sie ist gerade nicht hier, sie sitzt im Beirat –, ein grüner Bildungssprecher in der Wiener Stadtpolitik, der auch mit Teach for Austria verbunden ist, und ich, die ich hier als ehemalige Alumna stehe, wir haben dieses Überparteiliche, wir leben das dort, und das ist es, was es braucht.

Wenn Kollegin Blimlinger von Entideologisierung spricht: Ja, das braucht es auch, weil die Fronten so verhärtet sind. Wir sehen es hier – ich glaube, Nico wird nachher herauskommen und auch wieder über Wien schimpfen –, und das bringt uns echt nicht weiter in diesem Land. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Taschner: Wieso? Fehler aufzeigen ist notwendig!)

Nein, es ist gut, wenn man Fehler aufzeigt, aber man muss einander zuhören, und man muss dann schauen, was man gemeinsam weiterbringt. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Taschner: Ja bitte hören Sie mir zu! – Abg. Belakowitsch: Vogel-Strauß-Politik kann man da auch sagen!)

Also, was können wir von dieser Organisation lernen? – Eine starke Vision, dass wir die beste Bildung für alle Kinder in diesem Land haben wollen. Das Zweite: die Überparteilichkeit, diesen ideologischen Stellungskampf einfach aufzugeben, einander zuzuhören, einen Dialog zu führen. Und das Dritte ist Leadership – und das wäre Ihre Aufgabe: Wir brauchen einen Bildungsminister, der diesen Job mit Leidenschaft macht. Machen Sie das!

Sie haben Walter Emberger vorgerechnet, dass Teach for Austria in diesen zehn oder elf Jahren 450 000 Kinder erreicht hat. – Sie könnten jedes Jahr über eine Million Kinder erreichen und die Chancen verbessern. Das können Sie machen, wenn Sie es wollen! (Beifall bei den NEOS.)

Ich habe Ihnen eine Kleinigkeit mitgebracht – vielleicht als Inspiration –, es ist „Der tanzende Direktor“ (das genannte Buch in die Höhe haltend). Viele, die sich mit Bildung beschäftigen, kennen es. Es geht um das Bildungssystem in Neuseeland, und vor allem geht es auch darum, wie Bildungsreform gelingen kann: indem man Involvement schafft, indem man alle Stakeholder an den Tisch holt und nicht Parteipolitik betreibt. (Beifall bei den NEOS. – Die Rednerin überreicht Bundesminister Polaschek das genannte Buch.)

17.02

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Nico Marchetti. – Bitte.