12.41

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Was da an Regelungen für die Mitarbeiterbeteili­gung an Unternehmen vorgelegt wird, ist gut. Es ist besser als das, was wir bisher hatten, denn bisher war es de facto nichts. Es könnte aber schon viel besser sein, denn die Deutschen lösen gerade eine Regelung ab, die jetzt schon weiter ist als die unsrige, und gehen noch weiter. Das ist halt zu wenig ambitioniert, und da haben auch zu viele mitgefuhrwerkt.

Gesellschaftsrechtlich – darauf wird meine Kollegin Henrike Brandstötter morgen noch im Detail eingehen – hat die Notariatskammer ihre Pflöcke eingeschlagen, damit alles für die neue Flexco möglichst kompliziert wird.

Was die Arbeitnehmer angeht, hat die Arbeiterkammer möglichst viel hineingewürgt, damit es möglichst kompliziert wird, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Unternehmen zu beteiligen – anders als Kollegin Yildirim, die Angst hat: Um Gottes Willen, was passiert denn da? Wichtig ist, dass man die Mitarbeiter gut behandelt, aber nicht, dass man sie am Unternehmen beteiligt.

Entschuldigung, denken Sie doch einmal nach: Kein Unternehmer behandelt seine Mitarbeiter schlecht und gibt ihnen dann eine Unter­nehmensbeteiligung. Ich meine, in welcher Welt bitte? (Beifall bei den NEOS.)

In Wirklichkeit sprechen wir hier von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, um die es auf dem Arbeitsmarkt ein richtiges Griss gibt. Es geht dabei um die Leis­tungsträger in den Unternehmen. Die Chefs möchten, oft auch weil vielleicht die Liquidität in der Wachstumsphase des Unternehmens nicht reicht, diese Arbeitskräfte am Unternehmen beteiligen. Das sind attraktive Chancen. Da geht es nicht darum, dass man einen Verlust macht, sondern es geht eben darum, dass man sich unternehmerisch an den Chancen, die der Eigentümer wahrnimmt, beteiligt. Eigentlich ist es ja immer Ihre Fraktion, die behauptet, die Unter­nehmer würden so unverschämt hohe Gewinne machen. Sie müssten ein Inter­esse daran haben, dass möglichst viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh­mer an diesem unverschämt hohen Erfolg beteiligt sind und auch etwas davon haben. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Taschner. – Zwischenruf der Abg. Yildirim.)

Weil das alles noch viel großzügiger sein könnte, als es hier vorgesehen ist, bringe ich einen Abänderungsantrag ein, der relativ umfangreich ist und daher auch einer Verteilung zugeführt wird.

Uns geht es um mehrere Kritikpunkte: Der eine ist, dass die Besteuerung dieser Unternehmensanteile sehr kompliziert gefasst ist. Das hätte man auch ein­facher machen können, indem man einfach Kapitalertragsteuer sagt, weil es ja um Kapitalanteile geht; 27,5 Prozent, und dann ist es einfach und klar.

Die Voraussetzungen dafür, wie lange die Arbeitnehmerin, der Arbeitnehmer in dem Unternehmen gewesen sein muss und wie lange er, sie die Anteile hal­ten muss, hätte man noch ein bisschen kürzer fassen können. Wenn man das kürzer fasst, dann wäre auch ein Anliegen von Frau Yildirim ausgeräumt, nämlich dass jemand möglicherweise um seine Beteiligung umfallen könnte.

Die Mitarbeiterzahlen, für die das maximal möglich ist, sind niedrig gesetzt, das Unternehmen darf nämlich maximal 100 Mitarbeiter haben und maximal 40 Millionen Euro Umsatz machen. Wir können uns das viel sportlicher vorstel­len: die Mitarbeiterzahl höher ansetzen und auch die Umsatzgrenze höher ansetzen, damit mehr Erwerbstätige in den Genuss kommen, solche Unternehmensbeteiligungen zu bekommen, und damit auch mehr Unternehmen die Möglichkeit eröffnet wird, das zu nützen.

*****

Diese Punkte umfasst unser Abänderungsantrag.

Wie gesagt, das geht in die richtige Richtung, aber es wäre auch ein bisschen sportlicher gegangen. (Beifall bei den NEOS.)

12.44

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

zum TOP 5 Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (2321 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaft­steuergesetz 1988, das Umgründungssteuergesetz, die Bundesabgabenordnung, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Kommunalsteuergesetz 1993 und das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert werden (Start-Up-Förderungs­gesetz)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der dem eingangs bezeichneten Ausschussbericht angeschlossene Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:

I. Artikel 1 Z4 lautet: "Nach § 67 wird folgender § 67a samt Überschrift eingefügt:

„StartUp-Mitarbeiterbeteiligung

§ 67a. (1) Bei Start-Up-Mitarbeiterbeteiligungen (Abs. 2) gilt der geldwerte Vorteil (§ 15 Abs. 2 Z 1) aus der unentgeltlichen Abgabe von Kapitalanteilen (Beteili­gungen) nicht im Zeitpunkt der Abgabe der Anteile, sondern erst bei Veräußerung oder dem Eintritt sonstiger Umstände (Abs. 3) als zugeflossen.

(2) Eine StartUp-Mitarbeiterbeteiligung liegt unter folgenden Voraussetzungen vor:

1.   Der Arbeitgeber oder ein Gesellschafter des Arbeitgebers gewährt einem oder mehreren Arbeitnehmern aus sachlichen, betriebsbezogenen Gründen unentgeltlich Anteile am Unternehmen des Arbeitgebers, wobei die Abgabe gegen eine Gegenleistung bis zur Höhe des Nennwerts für die Anwendung die­ser Bestimmung als unentgeltliche Abgabe gilt.

2.   Das Unternehmen des Arbeitgebers erfüllt bezogen auf das dem Zeitpunkt der Abgabe der Anteile vorangegangene Wirtschaftsjahr folgende Voraussetzungen:

a)    Im Jahresdurchschnitt werden nicht mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigt.

b)    Die Umsatzerlöse (§ 189a Z 5 UGB) betragen nicht mehr als 100 Millionen Euro.

c)    Das Unternehmen ist nicht vollständig in einen Konzernabschluss einzubeziehen.

d)   Die Anteile am Kapital oder den Stimmrechten am Unternehmen werden nicht zu mehr als 25% durch Unternehmen gehalten, die in einen Konzernab­schluss einzubeziehen sind.

Der Wert gemäß lit. b ist bei Vorliegen eines nicht zwölf Kalendermonate umfassenden Wirtschaftsjahres zu aliquotieren.

3.   Der Arbeitnehmer hält im Zeitpunkt der Abgabe der Anteile weder unmittelbar noch mittelbar eine Beteiligung am Unternehmen des Arbeitgebers von 10% oder mehr am Kapital und hat auch davor zu keinem Zeitpunkt 10% oder mehr gehalten. Übersteigt durch die Abgabe der Anteile die Beteiligung am Unterneh­men des Arbeitgebers 10% des Kapitals, liegt eine StartUp-Mitarbei­terbeteiligung insoweit vor, als die Anteile diese Grenze nicht übersteigen.

4.   Der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber vereinbaren schriftlich, dass eine Ver­äußerung oder Übertragung durch den Arbeitnehmer unter Lebenden nur mit Zustimmung des Arbeitgebers möglich ist (Vinkulierung).

5.   Der Arbeitnehmer erklärt dem Arbeitgeber bei Erhalt der Anteile schriftlich, die Regelung in Anspruch zu nehmen (Option zur StartUp-Mitarbeiterbeteili­gung) und diese Erklärung sowie die Höhe der Beteiligung werden in das Lohn­konto aufgenommen; in diesem Fall sind die Befreiungen gemäß § 3 Abs. 1 Z 15 lit. b und c nicht anwendbar und für Zwecke des § 20 Abs. 1 Z 7 ist das Entgelt mit den Anschaffungskosten des Arbeitgebers für die Kapital­anteile zu bemessen.

(3) Der geldwerte Vorteil (§ 15 Abs. 2 Z 1) aus der unentgeltlichen Abgabe gilt als zu­geflossen:

1.   soweit der Arbeitnehmer die Anteile veräußert, wobei die Rückübertragung der Anteile an den Arbeitgeber insbesondere in Zusammenhang mit der Beendigung des Dienstverhältnisses als Veräußerung gilt;

2.   bei Beendigung des Dienstverhältnisses; dies gilt nicht für Anteile, die kein Stimmrecht und kein generelles Recht auf Anfechtung oder Nichtigerklärung von Gesellschafterbeschlüssen vorsehen und deren Inhaber entweder individuell im Firmenbuch eingetragen oder in einem Anteilsbuch oder vergleich­baren Verzeichnis erfasst werden (insbesondere Unternehmenswert-Anteile gemäß § 9 des Flexible Kapitalgesellschafts-Gesetzes – FlexKapGG, BGBl. I Nr. xx/2023), wenn der Arbeitgeber bei Beendigung des Dienstver­hältnisses am Lohnzettel des Arbeitnehmers erklärt, dass der Zufluss erst nach Maßgabe der Z 1 und 3 bis 5 erfolgen soll. Der Arbeitgeber hat in den Fällen der Z 1 und 3 den späteren Zufluss nach Beendigung des Dienstverhältnisses dem Finanzamt Österreich mitzuteilen und haftet dabei für die Entrichtung der Einkommensteuer;

3.   soweit die Vinkulierung (Abs. 2 Z 5) aufgehoben wird und im Kalenderjahr der Aufhebung keine Veräußerung (Z 1) oder Beendigung des Dienstverhältnisses (Z 2) stattfindet;

4.   im Falle der Liquidation des Arbeitgebers oder des Todes des Arbeitnehmers;

5.   wenn der Arbeitgeber die Pflichten gemäß § 76 bis § 79, § 84 und § 87 nicht mehr wahrnimmt.

(4) Für die Besteuerung der Einkünfte gilt Folgendes:

1.   Der geldwerte Vorteil aus der unentgeltlichen Abgabe bemisst sich

–    im Falle der Veräußerung nach dem Veräußerungserlös, wobei Anpassungen des Veräußerungserlöses in Folgejahren als rückwirkendes Ereignis ge­mäß § 295a BAO gelten;

–    in allen anderen Fällen nach dem gemeinen Wert in dem nach Abs. 3 maß­geblichen Zeitpunkt; der gemeine Wert gilt in weiterer Folge als Anschaffungs­kosten

und ist um Zahlungen gemäß Abs. 2 Z 1 zu vermindern.

2.   Der geldwerte Vorteil ist als Einkunft aus Kapitalvermögen im Sinne des § 27 a Abs. 1 Z 2 mit einem festen Satz von 27,5% zu erfassen, wenn das Dienst­verhältnis zumindest ein Jahr gedauert hat. Im Fall des Todes des Arbeitnehmers sind diese Fristen nicht maßgeblich. Soweit der feste Satz auf den geldwer­ten Vorteil nicht anzuwenden ist, hat die steuerliche Erfassung nach § 67 Abs. 10 zu erfolgen.

3.   Gewinnausschüttungen während der in Z 2 genannten Frist von drei Jahren gelten als Bezüge im Sinne des § 67 Abs. 10, soweit sie den Anspruch übersteigen, der sich aus dem quotenmäßigen Anteil am Kapital ergeben würde.

4.   Die Abgabe von Anteilen durch den Gesellschafter des Arbeitgebers stellt beim Arbeitnehmer unmittelbar einen Vorteil aus dem Dienstverhältnis von dritter Seite dar und die Anteile gelten nicht als in das Unternehmen des Arbeit­gebers eingelegt und von diesem abgegeben. Beim abgebenden Gesell­schafter erhöhen die Anschaffungskosten (Buchwerte) der abgegebenen Anteile die Anschaffungskosten (Buchwerte) der bestehenden Anteile; empfan­gene Zahlungen gemäß Abs. 2 Z 1 senken die Anschaffungskosten (Buchwerte) der bestehenden Anteile.

(5) Die auf die StartUp-Mitarbeiterbeteiligung entfallenden Sozialversicherungsbei­träge (§ 50a ASVG) sind beim Steuerabzug vom Arbeitslohn vor Anwendung des Lohnsteuertarifs (§ 66) vom Arbeitslohn abzuziehen. § 67 Abs. 12 ist nicht an­zuwenden.“

Begründung

Ad I.

Mitarbeiterbeteiligung hat sich international als probates Mittel erwiesen, um die besten Köpfe zu gewinnen, zu halten und zu Bestleistungen zu motivieren. Flexible und modernere Gesellschaftsstrukturen sind ein wichtiges Instrument, ins­besondere für neue Unternehmen wie für internationale Investoren. Einer der größten Vorteile der Übertragung von Geschäftsanteilen an Mitarbeiter:innen ist eine engere Bindung von Talenten ans Unternehmen. Mitarbeiter:innen die einen Anteil am Unternehmen besitzen, identifizieren sich oft stärker mit dem Unterneh­men und sind daher eher geneigt, längerfristig zu bleiben. Die Möglichkeiten der Mitarbeiterbeteiligung in Österreich entsprechen aktuell jedoch nicht interna­tional gängigen Modellen. Ganz im Gegenteil: Die bestehenden Möglichkeiten sind schwer verständlich und eine teure Ausarbeitung durch große Anwaltskanzleien ist für solche Konstruktionen nötig. Dazu kommt die sogenannte "dry income"-Problematik: Die Steuerpflicht wird im Erwerbszeitpunkt der Beteiligung begründet, sodass Arbeitnehmer eine erhebliche Steuerbelastung treffen kann, ohne dass ihm liquide Mittel zufließen.

Die eingelangten Stellungnahmen zur neuen Form der Mitarbeiterbeteiligung zeigen, dass der für Startups zuständige Wirtschaftsminister Kocher, der Rat für For­schung und Technologieentwicklung sowie zahlreiche Vertreter von Unternehmer:in­nen bzw. Investor:innen noch einiges an Verbesserungsbedarf sehen. Kritisiert wird, dass der getroffene Kompromiss unnötig komplex sei und nicht internationalen Standards entspricht.

Hauptkritikpunkte im Überblick

1.   Besteuerung: Der Mischsteuersatz ist unnötig kompliziert und entspricht nicht internationalen Standards. Es wäre sachgerechter, einheitlich den Steuer­satz der KESt von 27,5 % anzuwenden.

2.   Voraussetzungen für Arbeitnehmer (Steuervorteil nur, wenn die Dauer des Dienstverhältnisses mindestens 2 Jahre ist und Anteile 3 Jahre gehalten wurden): International üblicher wären kürzere Fristen, damit Branchen mit schnelle­rem Time-to-Exit sowie später eintretende Mitarbeiter nicht benach­teiligt werden.

3.   Voraussetzungen des Unternehmens (max. 10 Jahre alt, 100 Arbeitnehmer und 40 Mio. EUR Umsatz): Es wird völlig ignoriert, dass in manchen Branchen die Entwicklung länger dauert (z. B. Life Science). Die Schwellenwerte sind viel zu niedrig, da z.B. auch Scale-ups eine attraktive Mitarbeiterbeteiligung brau­chen. In der eigenen Problemanalyse (WFA) steht, dass "bestehende Steuerbe­freiungen für Mitarbeiterbeteiligungen den Herausforderungen von Start-Ups und von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) nicht hinreichend Rechnung tragen können" und dennoch wurden die Schwellenwerte unterhalb der gängigen Definition für KMU von 249 Mitarbeiter angesetzt.

Das vorliegende Gesetz entspricht weder den Erwartungen des Wirtschaftsmi­nisters Kocher, noch denen von Wirtschaftsexperten sowie Branchenvertreter:innen und ist in der Ausgestaltung im internationalen Vergleich auch wenig attraktiv. Die vorgeschlagenen Änderungen sind an die Stellungnahmen aus dem Begutach­tungsverfahren angelehnt und dienen der Stärkung der Wettbewerbsfähig­keit des Wirtschaftsstandorts Österreich.

Quellen

•    Start-Up-Förderungsgesetz: https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVII/ME/275/fnameorig_1566816.html

•    Stellungnahme BM Kocher: https://www.parlament.gv.at/dokument/XXVII/SNME/251009/imfname_1575370.pdf

•    Stellungnahme Rat für Forschung und Technologieentwicklung: https://www.parlament.gv.at/PtWeb/api/s3serv/file/f4d9cb95-83fa-49b3-a51d-6820afa65dd2

•    Stellungnahme Austrian StartUps: https://www.parlament.gv.at/PtWeb/api/s3serv/file/7e024606-c167-4ca2-bb35-9ac64801850e

•    Stellungnahme Invest Austria https://www.parlament.gv.at/PtWeb/api/s3serv/file/cff364e0-5338-42fc-a900-d7e90d866390

•    Stellungnahme Speedinvest: https://www.parlament.gv.at/PtWeb/api/s3serv/file/6ba749f8-1a80-4d88-ae71-76d53b7282ee

•    DE Zukunftsfinanzierungsgesetz: https://dip.bundestag.de/drucksache/gesetz-zur-finanzierung-von-zukunftssichernden-investitionen-zukunftsfinanzie­rungsgesetz-zufing/271145?term=Gesetz%20zur%20Finanzierung%20von%20zu­kunftssichernden%20Investitionen%20(Zukunftsfinanzierungsgesetz%20-%20ZuFinG)&rows=25&pos=3

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Präsidentin Doris Bures: Auch dieser Abänderungsantrag wurde in seinen Grundzügen erläutert, wird verteilt und steht daher mit in Verhandlung.

Nächster Redner: Herr Abgeordneter Gerhard Kaniak. – Bitte.