10.16

Abgeordnete Henrike Brandstötter (NEOS): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sie müssen übrigens eine Triggerwarnung einbauen, wenn Sie über Transparenz sprechen, denn bei der ÖVP klatscht dann niemand, so erschüttert ist man über das Wort Transparenz. Wenn Sie, sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher zu Hause vor den Bildschirmen, das Nichtklatschen nicht gesehen haben, dann hat das auch damit zu tun, dass es keine Kameraleute mehr hier im Saal gibt, sondern nur mehr automatische Kameras, und die Redakteurinnen und Redakteure vom ORF selbst in einem kleinen Kammerl sitzen und von einem Bildschirm aus beschreiben, was sie hier denn eigentlich sehen. Dem vorherigen Generaldirektor des ORF war das ziemlich egal, und deshalb gibt es weniger spannende Einblicke aus dem Plenarsaal.

Ich habe meinen Kolleginnen und Kollegen sehr genau zugehört (Abg. Sieber: Bei Ihnen hat jetzt auch niemand applaudiert!) und festgestellt, dass wir NEOS offensichtlich die einzigen sind, die zum ORF noch ein normales Verhältnis haben. (Beifall bei den NEOS.) Die FPÖ will ihn sturmreif schießen, die SPÖ will den ORF völlig unkritisch heiligsprechen, die ÖVP wiederum sieht den ORF als verlängerte elektronische Parteizeitung (Heiterkeit bei der ÖVP), und die Grünen schauen ganz genau zu, wie so etwas eigentlich funktioniert. (Beifall bei den NEOS.)

Wir NEOS denken, dass der ORF wichtig ist. Der ORF hat eine relevante Rolle in unserer Demokratie, er hat auch eine Sonderstellung. Diese Sonderstellung muss man anerkennen, mit der muss man auch gut umgehen. Der ORF hat diese besondere Bedeutung natürlich auch für die Regierung, und zwar dann, wenn es darum geht, dass Stiftungsräte irgendwelche Gschäftln machen, wenn es darum geht, dass Topjobs mit Sidelettern ausbaldowert werden. Die Regierung bewegt sich ansonsten nur minimal, nur dann, wenn der VfGH es ihr quasi aufzwingt.

Bei der Gremienzusammensetzung wird überhaupt sehr unauffällig agiert. Die Medienministerin hat Anfang Jänner ausrichten lassen, dass sie sich dafür Zeit nimmt, dass man dieses sehr komplexe Thema dann doch von allen Seiten betrachten muss. Auch bei der Finanzierungsfrage wurde nur eine Minimalaufgabe gelöst. Was wurde nicht gemacht? – Es wurde nicht darüber gesprochen – zuallererst! –: Was ist denn eigentlich die Aufgabe des ORF im Jahr 2024 und darüber hinaus? Was sind die Aufgaben, was sind die Ziele? Was sind nicht die Aufgaben und nicht die Ziele eines öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Österreich? Stattdessen – Sie haben es auch heute wieder angesprochen – wird dann in Pressekonferenzen über Gehälter beim ORF gelästert.

Und: Sie haben auch behauptet, dass in Sonderverträge eingegriffen wird – das fand ich irritierend, weil wir wissen, dass in Sonderverträge nicht eingegriffen werden kann. Wir wissen zwar, dass sie nicht gut sind und auch abgeschafft gehören, aber man kann Menschen ihre Verträge nicht wegnehmen; das haben wir ja auch schon bei der Nationalbank gesehen.

Auch das Management des ORF hat offensichtlich ein bisschen ein Definitionsproblem, was denn eigentlich der ORF ist. Man hat ein Gutachten in Auftrag gegeben, ein Gefälligkeitsgutachten, um die eigene Rolle im Medienmarkt auch ein bisschen zu definieren, und das Ergebnis war dann doch etwas durchwachsen.

Unter anderem hat man festgestellt – Kollegin Blimlinger hat vorhin die blaue Seite, also orf.at, angesprochen –, dass User den ORF im Internet nicht nutzen, weil sie das Angebot so berauschend finden oder weil sie die 120 hauseigenen Podcasts bingehören wollen, auch nicht, weil das Neunzigerjahredesign der Seite so ansprechend ist, sondern einfach, weil es nichts kostet. Meine Damen und Herren, das ist schon ein bisschen ein magerer USP für einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk mit einem Budget von über 1 Milliarde Euro pro Jahr. (Beifall bei den NEOS.)

Da nutzt es auch nicht, dass der ORF Hunderttausende Briefe an Haushalte verschickt, um die Haushaltsabgabe bekannter zu machen; eine wahnsinnig große Marketingaktion für den ORF, eine große Geldbeschaffungsaktion. Der ORF erklärt darin den Menschen, was er denn Tolles für sie tut. Also anstatt mit den Menschen zu reden, mit der Zivilgesellschaft zu reden, was denn eigentlich die Aufgabe des ORF darstellen soll, statt sie zu fragen, was sie erwarten, redet er darüber, was er denn sein möchte. Das ist schon ein sehr selbstverliebter Zugang für ein Medium. Das können sich andere nicht leisten.

Man tut sich im Management übrigens generell anscheinend ein bisschen schwer, sich an Regeln zu halten. Man hört, dass orf.at ja demnächst von der Österreichischen Webanalyse gesperrt wird, weil man versucht, mit Zahlenspielereien die Zahlen zu schönen und so seine Nummer-eins-Position zu verteidigen, ist aber auch im Compliancebereich ziemlich säumig. Es gibt diverse Verfahren vor dem Arbeitsgericht, durch die sich vor allem Frauen gegen sexuelle Belästigung wehren, weil sie ihre Jobs verloren haben, weil sie Mobbing ausgesetzt waren. Da wollen Frauen nicht mehr mitmachen und der ORF lässt sie einfach klagen. Was er dafür nicht macht: Menschen rauszuschmeißen, die wirklich gefeuert gehören – zum Beispiel Landesdirektoren, die massiv zugunsten der ÖVP in die Sendungen hineinintervenieren - - (Beifall bei den NEOS. – Abg. Kickl: Nein, das gibt es ja alles nicht! – Abg. Lopatka: Redezeit!)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Schlusssatz, bitte!

Abgeordnete Henrike Brandstötter (fortsetzend): Entschuldigen Sie! Mein Schlusssatz: Es wird massiv hineininterveniert zugunsten der ÖVP (Ruf bei der ÖVP: Es wird nicht besser!), und was passiert? – Der Herr wird einfach nur versetzt, und das ist ein fatales Zeichen für alle Mitarbeitenden im ORF, weil sie lernen: Man kann machen, was man will, wenn man nur der richtigen Partei angehört. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Meinl-Reisinger: On fire! – Abg. Lopatka: Mein Gott!)

10.22

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf zur Erläuterung sagen, dass die Kameras nach wie vor von der Bildregie des ORF gesteuert werden. Es ist nur kein Kameramann hier im Saal, weil es Platzmangel gibt. Die Bildregie war vorher und ist jetzt gleich; sie wird vom ORF gemacht. – Dass es nicht heißt, es gibt nur ein automatisches Bild.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.