12.20

Abgeordnete Dr. Susanne Fürst (FPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Vielen Dank an die Initiatoren dieses Volksbegehrens. Ich glaube, da ist immer Dank geschuldet, denn es ist mit viel Mühe und Engagement verbunden, so etwas auf die Beine zu stellen. Gerade das Echte-Demokratie-Volksbegehren: Es ist 25 Seiten stark, darin wurden sehr viele fundierte Ideen geäußert und ausgearbeitet; viele davon sind berechtigt und unterstützenswert, manche aus meiner Sicht nicht. Ich denke aber, dass man auch aus den Reden der Vorredner einfach hört, dass die anderen Parteien vor mehr direkter Demokratie Angst haben, und das halte ich für nicht berechtigt.

Die pauschale Aussage im Volksbegehren, dass Volksentscheidungen immer deutlich besser seien als Politikerentscheidungen, trifft meiner Ansicht nach nicht zu. Ich denke, es ist einmal so, einmal so; sie sind sicher nicht schlechter als die Entscheidungen, die von Politikern getroffen werden. Der wesentliche Punkt, der relevante Punkt ist, denke ich, dass im Nationalrat eigentlich nur Gesetze beschlossen werden sollten und auch Entscheidungen der Politik nur dann beschlossen und durchgezogen werden sollten, wenn sie einen starken Rückhalt in der Bevölkerung haben, wenn die Leute mitgenommen werden, wenn die Entscheidungen nachvollziehbar sind, wenn sie verständlich, verhältnismäßig sind und wenn alle staatlichen Entscheidungen im Interesse der österreichischen Bevölkerung sind. Das ist die Krux, das sollte in allen drei Staatsgewalten immer die Richtschnur des Handelns sein.

Wir setzen uns daher für den Ausbau der direkten Demokratie ein, und ich bringe als Ergänzung den folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst, Kolleginnen und Kollegen

betreffend „Ausbau der direkten Demokratie in Österreich“, für die wir uns schon seit Langem einsetzen.

Der Nationalrat wolle beschließen:

Es soll auch die Möglichkeit einer Volksinitiative zur Gesetzgebung geben, damit einfach auch – ausnahmsweise und unter hohen Hürden –die Bevölkerung die Möglichkeit hat, Anliegen, die ihr besonders am Herzen liegen, als Gesetz zu initiieren und zu ventilieren. Es soll außerdem auch die Möglichkeit einer Vetovolksabstimmung geben, damit nicht nur der Nationalrat, sondern auch die Bevölkerung eine Volksabstimmung initiieren kann.

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Wie gesagt, soll es das unter hohen Hürden und nur als Ergänzung zur repräsentativen parlamentarischen Demokratie geben. Wir halten das aber für wichtig, besonders jetzt, wo wir in den letzten Jahren sehen, dass die Bundesregierungen – unsere, aber auch andere innerhalb der EU – nur noch im Krisen- und Angstmodus agieren unter dem Motto: Never let a good crisis go to waste. – Sie nutzen das, um staatliche Macht auszubauen, in unser aller Leben als Privatpersonen einzugreifen. Das ist nicht der richtige Weg. Es muss weniger Staat und mehr demokratische Legitimation geben, und damit haben viele, insbesondere auch linke Parteien und die Grünen ein großes Problem.

Natürlich, direkte Demokratie ist lästig, da kann man nicht mit einer extremen Ideologie drüberfahren, obwohl man eigentlich nur sehr wenig Rückhalt in der Bevölkerung hat. Mein Vorredner, Abgeordneter der Grünen Reimon, hat hier von einer fossilen Diktatur gesprochen, also das ist so etwas von lächerlich. Aber natürlich hat man dann etwas gegen den Ausbau direkter Demokratie, denn hier will man ja eine Ökodiktatur errichten. Mit den vielen, vielen Vorschriften und Auflagen für das private Leben will man hier eine Verbotskultur einführen, und da ist die direkte Demokratie hinderlich.

Ich nenne als Beispiel nur Liechtenstein und das Referendum über die Fotovoltaikpflicht bei Neubauten: Diese wurde von der Bevölkerung abgelehnt; verschärfte energetische Gebäudevorschriften: abgelehnt; elektronisches Gesundheitsdossier: abgelehnt. In der Schweiz wurde die CO2-Steuer, die uns hier so plagt und die in der jetzigen Situation auch noch eine völlig irrationale Auflage für die Bevölkerung ist, abgelehnt, da die Bevölkerung natürlich auch mehrheitlich gemeint hat: Das macht das Heizen teurer, das macht das Autofahren, das Fliegen und das Hausbauen teuer – warum soll man das machen? (Die Abgeordneten Schallmeiner und Weratschnig: Das russische Gas war ein Volksentscheid!)

Die Regierung will Millionen in einen Klimafonds verschieben, damit die Grünen ihre Träume verwirklichen können, für die sie eben keinen Rückhalt in der Bevölkerung haben, daher will man gerade von dieser Seite natürlich keine direkte Demokratie. Umso mehr möchten wir sie haben. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

12.25

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Susanne Fürst

und weiterer Abgeordneter

betreffend Ausbau der direkten Demokratie in Österreich

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 1, Bericht des Verfassungsausschusses über das Volksbegehren (2074 d.B.) "ECHTE Demokratie - Volksbegehren" (2415 d.B.), in der 249. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 31. Jänner 2024.

In ihrer Selbsteinschätzung nimmt die Politik generell gerne für sich in Anspruch, das wesentliche Instrument zur Bewältigung von Krisen zu sein. Kaum eine politische Maßnahme, kaum eine Weichenstellung, kaum eine Entscheidung im aktuellen Geschehen auf allen politischen Ebenen wird von der schwarz-grünen Bundesregierung nicht als Antwort auf krisenbedingte Erfordernisse inszeniert. Im Zuge der Fokussierung auf Krisenphänomene und die Frage nach den Mitteln zu ihrer Verdrängung oder gar Bewältigung wird gerne übersehen, dass all diese Krisen unmittelbar mit der Qualität der Entscheidungsträger zusammenhängen, deren Handeln häufig ursächlich für die zu bewältigenden Probleme ist.

Die Politik der selbsternannten Eliten hat es verlernt oder aufgegeben, nach den Zwecken ihres Handelns zu fragen, und beschäftigt sich nur noch mit den Mitteln, das Ungefragte umzusetzen. Sie ist zur Technik verkommen. Werte wie Ehrlichkeit oder Heimatverbundenheit sind allenfalls zweit- oder drittrangig.

Der Selbstanspruch der Politik, Problemlöser und Krisenmanager zu sein, wird daher von der Bevölkerung, die eigentlich von der Politik in ihren Interessen vertreten und in ihren Bedürfnissen geschützt werden sollte, zunehmend in Frage gestellt. Mehr noch, der vermeintliche Problemlöser wird vielfach als Problemverursacher erkannt, kritisiert und abgelehnt. Dies zeigte sich nicht nur angesichts der Corona-Krise, sondern auch im Zuge der Energie- und Teuerungskrise sowie anlässlich der schrittweisen Aufgabe der Neutralität durch die türkis-grüne Bundesregierung.

Die selbsternannten politischen Eliten folgen mit ihren Erwartungshaltungen, Vorgaben, Maßnahmen, Rahmenbedingungen und Regelwerken einem selbst gesetzten ideologischen Konzept, das weitgehend naiv auf die Vorgaben der Europäischen Union vertraut. Dieselben selbsternannten Eliten versagen in ihrer Selbstkontrolle und halten sich nicht an selbst gesetzte Regeln und definierte Grenzen. Dieselben selbsternannten Eliten treffen Entscheidungen über die Köpfe derer hinweg, die die Folgen dieser Entscheidungen persönlich zu tragen haben. Es sind dieselben selbsternannten politischen Eliten, die den angerichteten Schaden auf die Masse, auf die Allgemeinheit abwälzen und die Gewinne lieber für sich behalten wollen. Diese selbsternannten politischen Eliten tun also im Wesentlichen das Gegenteil von dem, was die Menschen von der Politik erwarten. Die Folgen liegen auf der Hand: Die Probleme werden größer statt kleiner.

Es ist daher notwendig, den Bürgern die Möglichkeit zu geben, abseits vom Beharrungsvermögen des politischen Establishments, nach Schweizer Vorbild selbst und direktdemokratisch über Weichenstellungen für die Zukunft zu entscheiden.

Jede Entscheidung, die von den Mandataren im Nationalrat oder in den Landtagen abgestimmt werden kann, soll bei entsprechender Unterstützung im Rahmen des Einleitungsverfahrens und bei ausreichender Beteiligung der Wahlberechtigten auch direktdemokratisch getroffen werden können. Mehr direkte Demokratie bedeutet auch eine intensivere Auseinandersetzung mit Sachthemen im Rahmen der politischen Diskussionskultur. Die Parteien und deren Repräsentanten werden dadurch angehalten, die Bürger von ihren inhaltlichen Positionen zu überzeugen.

Die österreichische Bevölkerung verfügt über ein enormes Potenzial an Talenten, Fähigkeiten und Begabungen. Sie zeichnet sich durch Leistungsbereitschaft, Fleiß und großes Engagement aus. Sie ist selbstbewusst und hat ein feines Gespür für Werte wie Freiheit und Gerechtigkeit sowie dafür, was richtig und falsch für unser Land ist. Die Österreicherinnen und Österreicher wollen die Zukunft positiv gestalten, Altlasten abbauen und mit Zuversicht und Hoffnung auf Erfolg in die nächsten Jahre und Jahrzehnte gehen.

Wenn wir also von Zukunftsgestaltung sprechen, dann heißt das, die politischen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass ein Höchstmaß dieser Kräfte individuell, aber auch gemeinsam freigesetzt werden kann, Blockaden und Hemmnisse abzubauen, Werte offensiv als Gewinn und Maßstab politischen Handelns anzuerkennen, statt sie als Belastung und Einschränkung zu empfinden, die Kluft zwischen Bürgern und Politik zu verringern und eine neue Basis gegenseitigen Vertrauens zu schaffen.

Direkte Demokratie ist das beste Mittel, um das Vertrauen in die Politik zurückzugewinnen und auch solche Maßnahmen durchzusetzen, die bisher von jenen selbsternannten Eliten blockiert wurden, die selbst Nutznießer des dringend reformbedürftigen Systems sind. In einem ersten Schritt sollen daher die verfassungsrechtlichen Grundlagen einer „Volksinitiative“ geschaffen werden. In weiterer Folge soll die Geschäftsordnung des Nationalrates im Wege eines Initiativantrages angepasst werden. Darüber hinaus ist die Einführung eines Vetoreferendums und der Ausgestaltung der Volksbefragung als Minderheitenrecht geboten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die einen Ausbau der direkten Demokratie in Österreich unter folgender Maßgabe beinhaltet:

1. Einführung einer „Volksinitiative zur Gesetzgebung“

Der Ablauf einer Volksinitiative erfolgt weitestgehend analog zum Volksbegehren gemäß Volksbegehrengesetz 2018 (VoBeG) bzw. dem Geschäftsordnungsgesetz 1975 (GOG-NR) und der Geschäftsordnung des Bundesrates (GO-BR).

a. Einbringung: Die Einbringung einer „Volksinitiative zur Gesetzgebung“ erfolgt analog zur Anmeldung des Verfahrens für ein Volksbegehren gem. § 3 VoBeG. Der Antrag hat den Text der Volksinitiative in Form eines Gesetzesantrages zu enthalten. Auch Angelegenheiten des Art. 50 B-VG – der Abschluss und die Kündigung von Staatsverträgen – können Gegenstand einer Volksinitiative sein.

b. Zulässigkeit: Über die Zulässigkeit ist innerhalb von zwei Wochen analog zu § 4 VoBeG zu entscheiden. Gegen eine Nicht-Zulassung steht eine Beschwerde an den VfGH offen, dieser hat binnen sechs Wochen zu entscheiden.

c. Einleitungsverfahren: Nach der Zulassung braucht es im Einleitungsverfahren, analog zu § 3 Abs. 2 VoBeG, die Unterstützung von einem Promille der Wohnbevölkerungszahl. Das entspricht gegenwärtig 8.401 Unterstützungserklärungen.

d. Eintragungsverfahren: Werden Unterschriften (inklusive allfälliger Unterstützungserklärungen) im Ausmaß von mindestens 4 Prozent der Wohnbevölkerungszahl erreicht, muss die Volksinitiative im Nationalrat behandelt werden.

e. Parlamentarisches Verfahren: Nach der Vorlage an den Nationalrat erfolgt die unverzügliche Zuweisung an den zuständigen Ausschuss des Nationalrates durch den Präsidenten. Die Vorberatung des Volksbegehrens im Ausschuss muss innerhalb eines Monats nach Zuweisung abgeschlossen sein und ein Bericht darüber an den Nationalrat erstattet werden.

f. Parlamentarische Beschlussfassung: In der auf die Erstattung des Ausschussberichts folgenden Sitzung des Nationalrats, ist über den Ausschussbericht und somit die Volksinitiative abzustimmen. Darauf folgt bei Bestehen des Mitwirkungsrechts die Befassung des Bundesrates.

g. Direktdemokratische Beschlussfassung: Kommt kein Beschluss im Parlament zustande, ist die Volksinitiative unverzüglich einer Volksabstimmung zu unterziehen. Das Präsenzquorum liegt bei einfachen Bundesgesetzen bei 1/3 der Wahlberechtigten, bei Bundesverfassungsgesetzen bei ½ der Wahlberechtigten. Das Konsensquorum liegt bei einfachen Bundesgesetzen bei 1/2 der gültig abgegebenen Stimmen, bei Bundesverfassungsgesetzen bei 2/3 der gültig abgegebenen Stimmen.

h. Kundmachung: Kommt die erforderliche Mehrheit zustande, ist das Gesetz vom Bundespräsidenten zu beglaubigen, vom Bundeskanzler gegenzuzeichnen und im Bundesgesetzblatt kundzumachen.

i. Abänderungsvorbehalt: Ein durch eine Volksinitiative zustande gekommenes Gesetz, kann nur im Wege einer Volksabstimmung geändert werden. Eine solche kann am Ende einer neuerlichen Volksinitiative stehen, oder auch vom Nationalrat – wie bisher – beschlossen oder verlangt werden.

2. Einführung einer Vetovolksabstimmung

a. Verlangen: Die Artikel 43 und 44 B-VG sind dahingehend zu ergänzen, dass eine Volksabstimmung über einen Gesetzesbeschluss des Nationalrates nicht nur vom Nationalrat beschlossen werden kann (bei einfachen Bundesgesetzen) oder von einem Drittel der Nationalratsabgeordneten verlangt werden kann (bei Bundesverfassungsgesetzen), sondern auch von 100.000 Wahlberechtigten verlangt werden kann.

b. Durchführung: Eine solche Vetovolksabstimmung ist nach den Bestimmungen des Volksabstimmungsgesetz 1972 durchzuführen.

c. Gegenstand: Neben einfachen Bundesgesetzen sowie Bundesverfassungsgesetzen soll eine Vetovolksabstimmung auch hinsichtlich der Genehmigung von Staatsverträgen gemäß Art. 50 B-VG möglich sein.

3. Volksbefragung als parlamentarisches Minderheiten- und Bürgerrecht

Art. 49b B-VG ist dahingehend zu ergänzen, dass auch ein Drittel der Nationalratsabgeordneten oder 100.000 Wahlberechtigte eine Volksbefragung verlangen können.“