13.46

Abgeordneter Alois Schroll (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren auf der Zuschauergalerie und zu Hause vor den Bildschirmen! Ich möchte heute die Gelegenheit nutzen und unseren Blickwinkel ein wenig erweitern. Hier im Hohen Haus diskutieren wir Gesetze, wir beschließen Gesetze, von denen allen voran die Menschen, die in Österreich oder in der Europäischen Union leben, betroffen sind. Dabei vergisst man allzu oft, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, dass vieles, das hier im Parlament beschlossen wird, auch internationale Auswirkungen hat.

Sehen wir uns einmal etwas an, was jeder und jede von uns wahrscheinlich in der Tasche hat oder vor sich am Tisch liegen hat, nämlich das Smartphone. So ein Smartphone besteht aus etwa 60 Rohstoffen und 30 verschiedenen Metallen, die rund um den Globus abgebaut werden. Die meisten Rohstoffe werden wahrscheinlich in China abgebaut und das Design und die Zusammensetzung dieser Smartphones passieren dann meistens in den USA oder in Europa. So ein Handy legt dabei Zigtausende, Zehntausende Kilometer zurück und geht durch unzählige Hände, bevor es dann wieder bei uns in den Taschen ist oder auch vor Ihnen auf dem Tisch zu liegen kommt. Ganz sicher sind dabei die Bedingungen, unter denen Produkte wie diese hergestellt werden, sehr, sehr oft unwürdig und ausbeuterisch.

Sie sind unwürdig gegenüber den Menschen, die jeden Tag in den Produktionshallen stehen – ohne soziale Absicherung, ohne Pensionsversicherung, wahrscheinlich auch viele ohne Schutzausrüstungen, ohne Urlaubsansprüche und vieles mehr. Sie sind auch unwürdig gegenüber der Natur, denn diese wird dadurch immer weiter zerstört. Denken wir nur an die Abholzung der Regenwälder! Denken wir an das Überfischen der Meere und – damit natürlich verbunden – den enormen CO2-Ausstoß, der die Klimakrise immer weiter anheizt! Eines ist wohl fast allen von uns ganz klar: So, wie es jetzt ist, darf und kann es nicht mehr weitergehen.

Geschätzte Frau Kollegin Niss, Sie haben angesprochen, dass es in der EU auch schon Vorschläge gegeben hat und das überbordend ist. Wie es Kollege Loacker vor mir gesagt hat: Sie waren pro eingemeldet und haben kontra gesprochen. Daran sieht man schon auch die Haltung Ihrer Partei. Ich glaube, die Konsumentinnen und Konsumenten sind es, die geschützt werden müssen. (Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.) Und die riesengroßen, milliardenschweren Konzerne müssen sich ihrer Verantwortung bewusst sein und dieser nachkommen. (Abg. Meinl-Reisinger: Und was ist mit den Klein- und Mittelbetrieben?!)

Für mich als Sozialdemokraten ist klar: Ein Abputzen an den Konsumentinnen und Konsumenten kann es definitiv nicht geben. (Abg. Kassegger: Wird es aber geben! Man muss die Dinge zu Ende denken! Wer zahlt dann das Ganze?!) Wir müssen jene in die Pflicht nehmen, die vom Raubbau an Mensch und Natur profitieren und dabei systematisch Arbeitsrechte und Umweltschutzstandards missachten. (Abg. Kassegger: Wunsch und Wirklichkeit!) Es ist deshalb Zeit für ein echtes Lieferkettengesetz, das Konzerne in die Schranken weist. (Beifall bei der SPÖ.)

Daher, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, haben meine Kolleginnen Petra Bayr und Julia Herr im Nationalrat bereits am 25. März 2021 Entschließungsanträge vorgelegt, die ein Lieferkettengesetz für Österreich gefordert hätten. Die Anträge wurden von Schwarz-Grün mit Mehrheit vertagt und abgelehnt. Die Bundesregierung wollte also nicht, dass wir hier im Parlament über ein Lieferkettengesetz diskutieren. Auch als die EU 2022 endlich an einem Lieferkettengesetz arbeiten wollte, hat sich Ihr Minister – Ihr Minister! –, nämlich Wirtschaftsminister Kocher, gegen dieses auf EU-Ebene ausgesprochen.

Glücklicherweise gibt es in der EU aber auch vernünftige Kräfte, die mit dem geplanten Lieferkettengesetz einen ambitionierten Plan vorlegen. Sie haben erkannt, wir werden kein einziges Umweltproblem damit lösen, dass wir die klimaschädliche Produktion einfach in andere Teile der Welt verlagern. Mein niederösterreichischer Kollege und EU-Abgeordneter Günther Sidl kämpft schon seit Jahren Seite an Seite mit seinen Fraktionskolleginnen und -kollegen für fairen Handel. Der Kampf hat auch Wirkung gezeigt: Die Lieferkettenrichtlinie soll noch vor der EU-Wahl verabschiedet werden, außer die ÖVP und eine Reihe von Lobbyisten kleben sich noch vor dem EU-Parlament an.

Für mich ist ganz klar: Das kann nur der Anfang sein. Wir als SPÖ fordern ein echtes Lieferkettengesetz, das Unternehmen dazu verpflichtet, ihre Subunternehmen zu prüfen. Deshalb, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, möchte ich mich bei über 120 000 Österreichinnen und Österreichern bedanken, die dieses Volksbegehren unterschrieben haben und dieses Thema wieder ins Parlament gebracht haben. Ich möchte mich bei Expertin Bettina Rosenberger vom Netzwerk soziale Verantwortung für ihre Expertise beim Hearing im Ausschuss bedanken und hoffe, dass dieses Lieferkettengesetz auch ein gutes für Österreich wird. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

13.52

Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Abgeordneter Peter Schmiedlechner. – Bitte, Herr Abgeordneter.