14.38

Abgeordnete Mag. Corinna Scharzenberger (ÖVP): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Wir haben uns ja schon einmal im Plenum mit dem Volksbegehren Unabhängige Justiz sichern auseinandergesetzt, dementsprechend sind uns die drei Begehrlichkeitstatbestände hinreichend bekannt. Im Kern geht es darum, den Untersuchungsrichter wieder einzuführen, die WKStA in der Verfassung abzusichern und eine Bundesstaatsanwaltschaft einzuführen.

Nach dem Hearing mit den Proponenten und auch mit den Experten bleiben aber immer noch sehr viele Fragen unbeantwortet – die konnten uns auch von den Proponenten selbst nicht beantworten werden.

Zum Beispiel, erster Punkt: Nach wie vor ist nämlich unklar, warum sowohl ein Untersuchungsrichter benötigt werden sollte, als auch gleichzeitig die WKStA, die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, in der Verfassung verankert werden soll. Das widerspricht sich nämlich insofern, als die WKStA dann ja unter dem Untersuchungsrichter keine Ermittlungsmaßnahmen mehr leiten würde und als reines Anklageorgan in der Verfassung verankert wäre.

Das bringt mich zum zweiten Punkt, zur Notwendigkeit, generell eine Behördenstruktur in die Verfassung aufzunehmen: Das wäre nicht nur ein Novum, das wäre meines Erachtens eine reine Bestandsgarantie. Ich kann mich erinnern, im Fachausschuss wurde sogar das Wort Fremdkörper genannt – das wäre ein Fremdkörper in der Verfassung, wenn wir das so umsetzen würden, wie es die Proponenten vorgeschlagen haben.

Prof. Lewisch hat gesagt, Staatsanwaltschaften seien eine gute Sache, aber man könne ja auch gute Sachen noch besser machen.

Man muss sich schon die Frage stellen, was denn der Zweck dieser Forderung ist, die WKStA in der Verfassung abzusichern. Der Zweck kann ja wohl nur sein, eine Organisationsverbesserung herbeizuführen, aber mit dieser Forderung würde eine solche Organisationsverbesserung wohl nicht erreicht werden. (Beifall bei der ÖVP.) Ich glaube, in diesem Punkt sind wir uns auch fraktionsübergreifend einig.

Dritter Punkt: Beim Bundesstaatsanwalt stellt sich die Frage der grundsätzlichen Verantwortlichkeit dem Parlament gegenüber. Weiters stellt sich auch die Frage – Kollege Stefan hat das sehr treffend erklärt, Staatsanwälte sind weisungsgebunden –, wer denn dann generell Staatsanwälte bestellt und wer in weiterer Folge wiederum die Personalsenate kontrolliert.

Weil ich Sie gerade anschaue, Kollege Ragger von der FPÖ: Ich kann mich erinnern, Sie haben im Ausschuss auch den Vergleich mit Italien gebracht und gewarnt vor einer – ich glaube, mich wörtlich erinnern zu können – Verselbstständigung der Bundesstaatsanwaltschaft. Wir teilen die Auffassung, dass eine geteilte Verantwortung keine Verantwortung ist – eine gesonderte Weisungsspitze würde von der Verfassung abweichen, was eben die grundlegende Verantwortlichkeit gegenüber dem Parlament untergraben würde.

All diese Punkte sind nach wie vor mit einem großen Fragezeichen versehen und konnten auch von den Proponenten nicht zufriedenstellend erklärt werden. Das Volksbegehren erweckt also insgesamt den Eindruck, „mehr schlagwort- als inhaltsbasiert“ zu sein, so hat es auch Prof. Lewisch in seiner Expertise betont.

Natürlich kann aber, Frau Kollegin Yildirim, niemand etwas gegen den Titel des Volksbegehrens einwenden. Sie haben vorhin gesagt, dass sozusagen immer auch die Justiz irgendwo kritisiert werde. Das sind Einzelfälle, die aufgezeigt werden müssen, aber natürlich sind wir uns einig, dass die Justiz unabhängig ist.

Ich möchte eines festhalten: Die direkte Demokratie ist ein unverzichtbarer Bestandteil unserer Gesellschaft – allerdings dürfen Volksbegehren als Instrument der Gesetzesinitiative nicht zum Geschäftsmodell der immer gleichen Proponenten werden! (Beifall bei der ÖVP.)

Prof. Lewisch hat uns in seinen Ausführungen auch darauf hingewiesen, dass der Gesetzgeber im Hinblick auf die Anfangsverdachtsprüfung gefordert ist. Bundeskanzler Nehammer hat im Österreichplan (die Broschüre „Der Österreichplan“ in die Höhe haltend) ganz klar festgehalten, was es braucht: Stärkung des Persönlichkeitsschutzes von Beschuldigten, Verkürzung der Verfahrensdauern und Rückerstattung der Kosten bei Freispruch im Strafverfahren. Das ist gut so, das ist richtig so und wichtig so.

Ja, der Österreichplan ist in aller Munde, weil er nämlich auch wirklich gut ist und genau diese Ideen verkörpert. Der Herr Bundeskanzler weiß genau, was die Anliegen der Bevölkerung sind, und hat sie in diesem Österreichplan niedergeschrieben. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Scherak: Wieso macht er dann nichts? – Abg. Krisper: ... Mitleid!)

Leider ist es aber so, dass sich die Politik zu einer Politik der Strafanzeigen entwickelt hat. Manche Kolleginnen und Kollegen hier im Hohen Haus machen sich nämlich einen Sport daraus, anonyme Anzeigen zu schreiben. (Zwischenruf der Abg. Krisper.) – Ja, Frau Kollegin Krisper. Sie tun damit insgesamt der Politik nichts Gutes, und das trägt keinesfalls zu einer positiven Entwicklung der politischen Landschaft bei. (Abg. Leichtfried: Ihre Redezeit ist um!)

Da es gerade aktuell ist, wir haben es vorgestern in den Medien gehört: Die Vorwürfe gegen Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka haben sich einmal mehr als falsch herausgestellt. (Beifall bei der ÖVP.)

Jetzt sprechen wir darüber, die unabhängige Justiz zu sichern und zu stärken, und gleichzeitig hat Kollegin Fürst von der FPÖ heute einen Entschließungsantrag betreffend „Ausbau der direkten Demokratie in Österreich“ eingebracht, in dessen Begründung sie von der „Qualität der Entscheidungsträger“ spricht und davon, dass mittlerweile „Werte wie Ehrlichkeit [...] zweit- oder drittrangig“ seien. Mit einem Blick auf die Causa FPÖ Steiermark geht sich das irgendwie nicht ganz aus!

Ich glaube, dass wir da von Ehrlichkeit weit entfernt sind, wenn wir uns in Erinnerung rufen, was auch in der Staatsanwaltschaft Graz geschehen ist – oder besser gesagt, was nicht geschehen ist. Es steht nämlich im Raum, dass wegen eines Freundschaftsverhältnisses eines Staatsanwalts zu Herrn Eustacchio von der FPÖ Steiermark Ermittlungshandlungen unterlassen wurden. (Ruf bei der ÖVP: Oh!)

Jetzt sagt Frau Kollegin Prammer von den Grünen, Frau Bundesministerin Zadić sei „Garantin für die unabhängige Justiz“ in Österreich: Frau Bundesministerin Zadić ist auch die Weisungsspitze der Staatsanwaltschaften in Österreich, und auch sie trägt Verantwortung in der Causa FPÖ Steiermark betreffend das Unterlassen der Ermittlungshandlungen in dieser Sache! Auch da sind viele Fragen offen.

Ein interessantes Detail noch am Rande ist, dass Herr Prof. Mayer, der bei diesem Hearing von der SPÖ als Experte geladen wurde, ein Gutachten für Herrn Kunasek erstellt und darin erklärt hat, wie es für Herrn Kunasek möglich ist, die Betriebskosten seines Privathauses legal über die Partei abzurechnen. Das ist übrigens derselbe Herr Kunasek, dem vorgeworfen wird, dass er den Bau seiner Villa über die Partei finanziert hat – und selbst dann, wenn es strafrechtliche Auswege gibt, bleibt da immer noch die politische Verantwortung! (Beifall bei der ÖVP.)

Eines ist jedenfalls klar: In dieser Causa FPÖ Steiermark ist der Slogan der FPÖ: „Unser Geld für unsere Leut’“, wohl zu wörtlich genommen worden. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Fischer und Prammer.)

14.47

Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Dr. Johannes Margreiter. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.