14.54

Abgeordneter Mag. Christian Ragger (FPÖ): Sehr geehrter Präsident! Ich entschuldige mich bei Frau Kollegin Becher, dass ich Sie überholen wollte, aber ich habe Sie auf der Rednerliste übersehen. Nichtsdestotrotz: Sehr geehrte Damen und Herren! Geschätzter Herr Präsident! Ich darf vor Einleitung meiner Rede kurz auf die Kollegin der ÖVP reflektieren – drei Punkte halte ich fest. Erstens: Nach zwei Jahren Ermittlungsanordnung durch die Staatsanwaltschaft und durch die Ermittlungen der Polizei in Graz, also in der Steiermark, gibt es bis zum heutigen Tage weder eine Einvernahme von Kollegen Kunasek noch eine Einvernahme von Kollegen Eustacchio. (Zwischenrufe der Abg. Baumgartner und Scharzenberger.) Also das ist schon einmal mehr als bedenklich, das hat nichts mit der Freunderlwirtschaft irgendwelcher Staatsanwaltschaften zu tun, aber einmal mehr zeigt es eben, wie nervös die ÖVP ist, dass offensichtlich jetzt im November gewählt wird, denn jetzt muss man halt quasi die Leute herausziehen, die man irgendwie anpatzen möchte. (Beifall bei der FPÖ.)

Das Dirty Campaigning der ÖVP kennen wir seit Jahrzehnten. Deswegen zum zweiten Punkt: Gerade in diesem Moment sind die letzten Zeugeneinvernahmen Ihres Bundeskanzlers außer Dienst im Gange, und wir werden sehen. Wir gehen nicht so weit wie Sie, dass wir jetzt bereits hier vom Rednerpult aus eine Vorverurteilung vornehmen, denn wir halten uns daran, dass in dubio pro reo – im Zweifel für den Angeklagten – gilt. (Beifall bei der FPÖ. – Heiterkeit und Rufe bei der ÖVP: Ja, genau! – Abg. Michael Hammer: Hast du das dem Hafenecker auch schon gesagt?)

Das Dritte ist: Auf Ihrer Anklagebank sitzen mehr Menschen, als wir Mitglieder im Nationalrat haben, also lassen Sie die Kirche im Dorf und schauen Sie, dass Sie die Wahlen in der Steiermark dort lassen, wo sie hingehören. (Zwischenruf der Abg. Scharzenberger.) Das versuchen wir dort auch entsprechend politisch zu argumentieren. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Michael Hammer: Wer ist eigentlich wir? Ist ja keiner da für euch? – Abg. Lindinger: Die ganzen Steirer FPÖler sind hinausgegangen!)

Jetzt kommen wir zur sachlichen Argumentation des Volksbegehrens. Zuerst einmal vorab natürlich ein herzlicher Dank an die Initiatoren dieses Volksbegehrens, weil es ein ganz wesentliches Element dieser drei Punkte beinhaltet, nämlich die Bundesstaatsanwaltschaft. Wie Sie von meinem Vorredner, Kollegen Stefan, gehört haben, der einer der erfahrensten Notare und auch mittlerweile Juristen in diesem Parlament ist, haben wir eine ganz klare – negative – Haltung zu dieser Bundesstaatsanwaltschaft; aus vielen, vielen, vielen Gründen. (Heiterkeit der Abg. Voglauer.) Ich werde Ihnen die einmal auflisten. Wahrscheinlich, Frau Kollegin Voglauer, waren Sie noch so jung (Abg. Voglauer: Danke für das Kompliment!), Sie können da noch nicht so mitsprechen über die Genesis, die Entwicklung dieser Bundesstaatsanwaltschaft, aber ich war dabei. (Abg. Voglauer: Sie sind ja auch schon ...!)

Im Jahre 2004 haben wir beim Österreich-Konvent schon begonnen, über diese Bundesstaatsanwaltschaft zu sprechen, die für alle negativ behaftet war, denn eine der Kernfragen werden Sie nicht auflösen können, keine der politischen Parteien wird sie auflösen können: Wie wird die Bundesstaatsanwaltschaft bestellt? Und wer bestellt die Besteller? Das ist das, was Herr Kollege Stefan heute treffend formuliert hat: Jeder, der jetzt, auch auf Vorschlag Ihres Schlussberichts aus dem September 2022, eine Bestellung dieses Neunergremiums vornehmen wird, ist politisch punziert, ist politisch beeinflusst, und daher wird diese Generalbundesstaatsanwaltschaft, wie auch immer Sie sie nennen, immer politisch punziert sein.

Ich gebe Ihnen zwei Beispiele, wie negativ sich das entwickelt. Erstens – und das habe ich im Ausschuss allen Mitgliedern auch schon gesagt – bin ich selbst Anwalt in Italien und kann Ihnen sagen, dort hat sich ein Staat im Staat entwickelt: 2 000 Richter, Staatsanwälte sind dort ein Staat im Staat mit eigenem Budget, eigener Ausbildung, und sie sortieren ihre Leute aus. (Abg. Yildirim: Schlechter Vergleich!)

Das ist der negative Teil, und ich gebe Ihnen noch ein zweites Beispiel: Wenn Sie sagen: Ja, okay, die Italiener sind halt die Italiener! (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Yildirim), schauen Sie sich die Staaten Rumänien und Bulgarien an! Dort sind sie den Oberstaatsanwalt nicht losgeworden. Was haben sie gemacht? – Sie haben ihn in die Luft gesprengt. Sie haben ihn mit einem Bombenanschlag weggesprengt, weil es nicht möglich war, ihn abzuberufen, er aber der höchste, korrupteste Beamte in ganz Bulgarien gewesen ist. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)

Wollen Sie wirklich, dass wir eine zentrale Staatsanwaltschaft einführen, die unabhängig von jeglicher Kontrolle ist, auch von parlamentarischer Kontrolle? So, wie Sie, die ÖVP, es wahrscheinlich dann mit den Grünen verhandeln werden, und umgekehrt die Grünen mit der ÖVP, werden wir wahrscheinlich so ein Feigenblatt wie beim Cofag-Beirat haben, wobei wir als Parlamentarier überhaupt keine Kontrolle haben werden, und das will keiner in dieser Republik. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Prammer: Alles Unsinn! Sie reden von Dingen, die niemand in irgendeiner Form vor hat!)

Daher zum Schluss noch einmal zusammenfassend: Ich begrüße das Volksbegehren, es ist absolut wichtig, damit wir in der direkten Demokratie weiterkommen – Frau Kollegin, deswegen brauchen Sie sich nicht so zu echauffieren –, Faktum ist aber: Die Bundesstaatsanwaltschaft wird in dieser Periode nicht umgesetzt und in der nächsten schon gar nicht. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

14.59

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich unterbreche die Sitzung für eine Minute, bis wir zur Kurzdebatte kommen.