15.38
Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Wir machen einen Themenschwenk und schauen auf eine Debatte, die die ÖVP am Freitag bei der Rede Karl Nehammers in Wels hochzuziehen versucht hat. Da war unter anderem die Rede davon, die Lohnnebenkosten seien zu hoch.
Wir sprechen jetzt über die Fristsetzung zu einem Antrag betreffend die Lohnnebenkosten, den meine Fraktion eingebracht hat, der damals von der Regierungsmehrheit vertagt, also quasi in den politischen Papierkorb geschoben worden ist. Ja, es freut mich natürlich, wenn die ÖVP das sagt, was wir schon jahrelang predigen: dass die Lohnnebenkosten zu hoch sind.
Warum ist denn das überhaupt so? – Nach 37 Jahren Regierungsbeteiligung der ÖVP fällt ihnen auf: Ups, die Lohnnebenkosten sind zu hoch! Die sind aber nicht erst heute oder seit gestern zu hoch, sondern das hat diese Dauerregierungspartei ÖVP in 37 Jahren erfolgreich hochgezogen. (Beifall bei den NEOS.)
Karl Nehammer hat in seiner Rede zu diesem Österreichplan, der weitgehend eine Aneinanderreihung von Floskeln ist, unter anderem gesagt: Die Arbeitslosenversicherung ist zu teuer. – Ja, das stimmt: Die Arbeitslosenversicherung ist in Österreich doppelt so teuer wie in Deutschland, dreimal so teuer wie in der Schweiz. Man fragt sich, warum, Sie bekommen nämlich nicht doppelt so hohes Arbeitslosengeld. Da wird an manchen Stellen ein bisschen Geld verbraten, deswegen haben Sie weniger Netto in der Tasche. Wir haben beantragt, dass man da einschreitet, und uns ist gesagt worden: Das geht nicht, liebe NEOS, daher müssen wir euren Antrag vertagen.
Wir wissen, und auch das hat Karl Nehammer gesagt, dass von den Wohnbauförderungsbeiträgen, die Sie zahlen, wenn Sie Arbeiter beziehungsweise Angestellte sind – 1 Prozent Ihres Gehalts geht unter dem Titel Wohnbauförderungsbeitrag weg –, nur 37 Prozent tatsächlich in die Wohnbauförderung fließen. Der Rest versickert in den Budgets der Landeshauptleute. Da könnte man ja sagen: Wenn die das nicht fürs Wohnen brauchen, lassen wir doch den Leuten mehr Netto vom Brutto! Ja, das könnte man sagen, und die ÖVP hatte 37 Jahre lang die Chance, das umzusetzen, und hat diese Chance 37 Jahre lang nicht genützt. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Lausch.)
Wir bringen heute nach einer Analyse der Nehammer-Rede und einer Analyse des Österreichplans 18 Fristsetzungsanträge zu Themen ein, die Nehammer im Österreichplan hat und zu denen wir hier im Haus Anträge eingebracht haben. Diese 18 Anträge von uns sind alle von der Regierungsmehrheit gekübelt worden, und jetzt wird so getan, als ob die ÖVP die Erleuchtung gehabt hätte und nach 37 Jahren draufgekommen sei: Ups, wir müssen etwas tun! Nicht: Wir haben vielleicht 37 Jahre lang etwas versäumt!, sondern: Jetzt aber wirklich! – Sie kennen ja diese Leute, die schon lange mit dem Rauchen aufhören. Eine Freundin von mir hört jedes Jahr siebenmal mit dem Rauchen auf – jetzt aber wirklich! So ist es mit der ÖVP und mit den Lohnnebenkosten auch: Jetzt aber wirklich! (Beifall bei den NEOS.)
So ist es auch mit der steuerlichen Entlastung. Wir haben uns angeschaut, wie die ÖVP mit schöner Regelmäßigkeit verspricht, dass sie nach der nächsten Wahl steuerlich entlasten will. Hier (eine Tafel mit einer Grafik und der Überschrift „Das immer gleiche Versprechen: Die ÖVP verspricht vor der Wahl eine niedrigere Steuer- und Abgabenquote“ auf das Redner:innenpult stellend) sehen Sie, gekennzeichnet durch den türkisen Streifen, den Zeitpunkt, zu dem die ÖVP das versprochen hat, und an der schwarzen Linie sehen Sie, wie sich danach die Steuerlast entwickelt hat, nämlich jedes einzelne Mal nach oben. Immer dann, wenn die ÖVP verspricht: Wir senken jetzt die Steuern!, haben Sie eine Garantie, dass es raufgeht. (Zwischenruf der Abg. Baumgartner.) So wird es Ihnen auch 2024 gehen. Die werden Ihnen wieder das Blaue vom Himmel versprechen und das Gegenteil tun! (Beifall bei NEOS und FPÖ.)
Jetzt wissen die Kollegen (in Richtung ÖVP deutend) da drüben – die sind ja auch mit Intelligenz gesegnet, auch wenn sie das nicht immer merken, aber sie sind es –, dass die Steuern zu hoch sind. Das wissen sie. Deshalb sagen sie das, was wir antragsmäßig eingereicht haben, nämlich: Wir bräuchten einen Vollzeitbonus für die Menschen, die Vollzeit arbeiten, damit es sich rentiert, wenn man voll anpackt, dass man davon auch voll profitiert. – Super! Warum macht ihr das dann nicht? (Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger.)
Wir haben einen Antrag eingebracht, dass den Sparern die KESt erspart werden soll. Warum nascht der Finanzminister mit, wenn Sie Ihr sauer Erspartes auf das Sparbüchl legen und eh nur einen kleinen Zins bekommen? Sie wissen eh: Die wirklich reichen Leute, die wirklich Geld haben, die haben es nicht auf dem Sparbuch liegen. Es sind die kleinen Leute, die das Geld auf dem Sparbuch liegen haben, daher könnte man dort ruhig die KESt beiseitelegen. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Lausch.)
Es ist auch super, dass die ÖVP jetzt sagt: Wir wollen Überstunden steuerfrei stellen. – Wir sind sofort dabei, wenn Sie das machen. (Abg. Baumgartner: Sehr schön!) Auf meine Frage, warum im neuen Einkommensteuergesetz 18 Überstunden freigestellt werden und nicht 17, 19 oder 20, habe ich im Ausschuss aber nicht einmal eine Antwort bekommen. Sie machen also eine Regel, mit der Sie die Steuerbegünstigung begrenzen, können nicht einmal erklären, warum (Abg. Baumgartner: Irgendwo muss die Grenze sein, Herr Kollege!), und wenige Wochen danach sagen Sie: Wir hätten eigentlich gerne alles steuerfrei! – Ja was denn nun?
Jetzt sagt Kollegin Baumgartner: Wir können das ja nicht allein entscheiden, die Grünen reden ja mit! (Abg. Baumgartner: Das hab ich nicht gesagt! – Abg. Meinl-Reisinger: 37 Jahre!) Bei der ÖVP redet aber immer jemand mit. In den 37 Jahren haben Sie mit der SPÖ regiert, Sie haben mit der FPÖ regiert, Sie haben mit den Grünen regiert, und egal, mit wem Sie regiert haben, die Steuerbelastung ist hinaufgegangen. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Lausch.)
Das ist wie mit einem Geisterfahrer: Vielleicht liegt es gar nicht an den anderen? (Heiterkeit und Beifall bei den NEOS sowie Beifall bei der FPÖ.)
Sie haben mit 28 Prozent und mit 42 Prozent Wählerzustimmung regiert, jetzt regieren Sie mit 37,5 Prozent, und ich verrate Ihnen ein Geheimnis: Sie werden beim nächsten Mal keine Absolute haben, also werden Sie wieder mit irgendjemandem koalieren müssen. – Das lasse ich als Ausrede nicht gelten! (Abg. Ottenschläger: Ach so? Aber in Wien schon? – Abg. Steinacker: Wien ist anders!) – Ja, für Wien können wir ein aktuelles Beispiel hernehmen (Abg. Ottenschläger: Jetzt bin ich aber gespannt!): Dort ist jetzt auf unsere Initiative hin die Landesabgabe zur ORF-Gebühr abgeschafft worden. (Beifall bei den NEOS.) Wer das saure Gesicht von Michael Ludwig gesehen hat, der weiß auch, dass ihn das nicht gefreut hat. (Abg. Ottenschläger: Aber dafür wird eine andere Abgabe eingeführt, lieber Kollege!) Das ist etwas, was den Wienerinnen und Wienern direkt zugutekommt – auf Initiative von NEOS, das kann die ÖVP nicht wegreden.
Ich weiß schon, eure Partei liegt in Wien am Boden, aber auch nicht erst seit heuer, sondern mindestens seit Anfang der Neunzigerjahre. Auf dem Boden habt ihr es euch in Wien schön bequem gemacht.
Man könnte natürlich über Wirtschaftspolitik in Österreich, über Standortpolitik noch viel sagen. Was muss man machen, damit Unternehmen hier gerne wirtschaften, dass die Verfahren schneller gehen? Wenn jemand eine Fabrikshalle eröffnen will und es vom Datum der Einreichung bis zu dem Datum, an dem die Fabrikshalle steht, zwei Jahre sind, ist es aber flott gegangen. Sie machen eine Baubegehung und zu der kommen 32 Beamte. Da kommen Leute, die sich mit Wasser und mit Gras auskennen. Da kommen Limnologen. Ich habe erst nachschauen müssen, was ein Limnologe ist: Das ist einer, der sich mit Fischen auskennt. Sie können in Österreich nichts machen, ohne dass 30 Beamte Ihnen sagen, was Sie zu tun haben.
Wenn Sie das in Rumänien machen, aber auch wenn Sie das in der Schweiz machen, kommen zwei Beamte und es geht etwas weiter.
Diese Partei ist mit der Kammer beschäftigt – wichtig ist, dass alle in der Kammer sind, den richtigen Gewerbeschein haben, die richtige Kammerumlage zahlen – und diese Partei ist auch für die Beamten da, damit der öffentliche Dienst Ihnen dann sagt, was Sie zu tun haben. (Abg. Meinl-Reisinger: ... für die eigenen Kabinettsmitarbeiter!) Sie ist aber nicht für jene da, die das Geld erwirtschaften, mit dem wir diesen ganzen Staat zahlen und finanzieren.
Es geht doch um die, die mit ihrer Arbeit das Rad am Laufen halten, und die brauchen eine Entlastung. Und wenn eine Partei gezeigt hat, dass sie es nicht kann, dann ist es die ÖVP, die regelmäßig schöne Reden hält. (Beifall bei den NEOS.)
Wenn ich mir nämlich nur den Text von Karl Nehammer hernehme oder den Text, den Staatssekretärin Plakolm, mit der ich gestern bei Puls 4 war, wiedergibt: Der ist schön. Das klingt alles nett in meinem Ohr. Nur: Wer soll das bitte glauben? Das glaubt euch einfach keiner mehr und es glauben euch auch die eigenen Leute nicht mehr, die genieren sich ja schon. Die trauen sich noch gemeinsam in die Halle nach Wels (Ruf bei der FPÖ: Weil sie müssen!), aber wenn man sie irgendwo trifft und privat anspricht, dann ist es ihnen superpeinlich. Die sind auch alle von Kurz getäuscht worden und sind jetzt enttäuscht. Ihr werdet ein Problem haben, gebt es zu!
Und wenn nichts mehr weitergeht: Befreit uns davon! Lassen wir es gut sein, bringen wir es hinter uns! (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Lausch. – Ruf bei der ÖVP: Was fantasiert denn der da?)
15.47
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kopf. – Bitte sehr. Ab nun stehen 5 Minuten Redezeit zur Verfügung.