16.04

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrter Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher hier herinnen und vor den Bildschirmen zu Hause! Wir diskutieren nun einen Fristsetzungsan­trag der NEOS, in dem eine umfassende Senkung der Lohnnebenkosten gefordert wird. Die NEOS sehen ein Lohnnebenkostensenkungspotenzial von 15 Milliarden Euro pro Jahr, 12 Milliarden davon wollen sie in einem ers­ten Schritt realisieren, und zwar insbesondere in den Bereichen, die nicht unmit­telbar die Sozialversicherungen betreffen, wobei auch das nicht ganz stimmt, wie wir gleich sehen werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, 12 Milliarden Euro sollen mir nichts, dir nichts jedes Jahr problemlos eingespart werden. Man fragt sich, was mit den 12 Milliarden bis jetzt passiert ist, wenn man sie offensichtlich so problemlos streichen kann, ohne dass das den Staatshaushalt vor besonders große Herausforderungen stellen würde – aber lassen wir das einmal so stehen.

Tatsache ist – das zitieren die NEOS auch in ihrem Antrag –, dass die OECD und auch die Europäische Union Österreich immer wieder darauf hin­weisen, dass die Abgabenlast auf den Faktor Arbeit besonders hoch ist. Ja, das stimmt auch und das ist die eine Seite der Medaille.

Die andere Seite der Medaille wird hier herinnen nicht gerne erwähnt: Gleichzeitig sagen nämlich die OECD und auch die EU-Kommission in ihren Länderanalysen immer wieder, dass die Abgabenlast auf Vermögen und auf Umwelt in Österreich besonders niedrig ist und dass im Gegenzug zur Sen­kung der Abgaben auf Arbeit doch bitte auch die Abgaben – die Steuern – auf Vermögen und Umweltverschmutzung erhöht werden sollen. Interessanterweise finde ich von diesem zweiten Punkt in diesem Antrag der NEOS rein gar nichts. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Loacker: Danke, dass du erklärst, dass wir gegen Steuererhöhungen sind!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist immer wieder von Lohnne­benkosten die Rede, dabei werden aber sehr viele Dinge durcheinandergebracht und es ist oft auch nicht klar, wovon die Rede ist. Herr Kollege Muchitsch hat es schon erwähnt, Kollege Kopf auch: Es gibt vor allem zwei wesentliche Be­reiche, in denen tatsächlich Lohnnebenkosten gesenkt werden könnten. Ich bin relativ froh, dass der Bereich der Sozialversicherungen heute einmal außen vor ist, außer – und da schau her – die Arbeitslosenversicherung betreffend.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, warum man gerade bei der Arbeitslosenversicherung sparen will, soll mir bitte einmal jemand erklären. Das ist nämlich eine Maßnahme, die unmittelbar und massiv gegen Armut wirken soll, die die Einkommen von jenen, die arbeitslos geworden sind, zumin­dest ansatzweise sichern soll. Aus der Arbeitslosenversicherung – manche nen­nen das dann arbeitslosenversicherungsfremde Leistungen – werden natür­lich auch Schulungs-, Qualifizierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen finanziert. Ich finde es schon sehr eigenartig, dass ausgerechnet die Bildungspartei NEOS genau in diesem Bereich – im Bereich Bildung, Qualifizierung, Weiterbil­dung – der Arbeitslosenversicherung reduzieren will. Nein, das wollen wir auf keinen Fall!

Wie gesagt, der Punkt, über den man durchaus reden kann und reden muss, betrifft die lohnabhängigen Abgaben der Lohnnebenkosten, die tatsächlich nicht unbedingt in den Bereich Sozialversicherung hineinfallen. Das sind die sogenannten Payrolltaxes – die Beiträge zum Flaf, der Wohnbauförde­rungsbeitrag, die Kommunalabgabe –, die auf die Lohnsumme eingehoben wer­den, bei denen aber in Wirklichkeit nicht so schlüssig ist, warum denn die Lohnsumme als Berechnungsbasis herangezogen wird.

Beim Flaf muss man das vielleicht wieder etwas differenzierter diskutieren, weil gerade Familienleistungen ja in Wirklichkeit aus einem Lohnverzicht und aus der Umverteilung dieses Lohnverzichts unter den Arbeitnehmerfamilien mit Kindern und den Arbeitnehmerfamilien ohne Kinder stammen. Trotzdem kann man darüber reden. Allerdings sind das insgesamt ungefähr 10 bis 11 Mil­liarden Euro. Diese 10 bis 11 Milliarden Euro, die da regelmäßig eingenom­men werden, werden ja nicht eingegraben oder im Klo runtergespült, sondern mit diesen Einnahmen werden Dinge finanziert. Damit wird der Wohnbau finanziert, damit werden kommunale, gemeinnützige Leistungen finanziert, es werden Kindergärten oder beispielsweise Straßensanierungen oder der Ausbau von Fahrradwegen unterstützt, und es werden daraus genauso auch die Familienleistungen finanziert. Jetzt muss man mir einmal erklären, wie man das finanzieren will, wenn man diese 10 Milliarden Euro einfach kürzt und reduziert.

Auch wir sind der Meinung – das hat ja Sigi Maurer zuletzt in „Im Zentrum“ gesagt, das sagen wir schon seit Ewigkeiten –, dass das nicht alles aus Arbeit fi­nanziert werden muss. Man kann die Abgabenbelastung auf Arbeit schon reduzieren, aber dann muss man auch sagen, wie man den anderen Teil finan­zieren wird. Das wird halt nur über Vermögensteuern und über Umwelt­steuern gehen. Diese Form von Sozialabbau, diese Form von Aushungern der Kommunen wollen wir uns nämlich mit Sicherheit nicht leisten, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei den Grünen.)

Wie gesagt, ich habe es zuerst schon erwähnt: Die NEOS schreiben in ihrem An­trag, dass man vor allem betreffend nicht arbeitnehmerbezogene Lohnne­benkosten, die keine Sozialversicherungsleistung darstellen, eine breitere Finan­zierung andenken muss. Ja, da sind wir dabei. Von einer breiteren Finan­zierung finden wir in diesem Antrag allerdings rein gar nichts – und solange das nicht gegeben ist, werden wir dem sicher nicht zustimmen. – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Meinl-Reisinger: Die fehlende Finanzierung hat euch beim Budget ja auch nicht gestört!)

16.09

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Letzter Redner ist Abgeordneter Bernhard. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter.