16.09

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Präsident! Ich werde gleich auf einige Dinge im Detail eingehen, aber ich möchte, liebe Zuseherinnen und Zuseher (Abg. Höfinger: Nein, die gehen jetzt!), schon sagen, worum es uns grundsätzlich geht, bevor wir zum Klein-Klein kommen.

Es geht grundsätzlich darum, dass wir in einem Land leben, in dem die Lebensqualität noch immer hoch ist, in dem aber die Bildungschancen viel zu klein sind und das Wirtschaften nicht mehr möglich ist. Wir als NEOS haben den Anspruch, dass wir die Lebensqualität hoch halten, die Bildungschancen wachsen lassen und das Wirtschaften endlich wieder möglich machen. Das ist unser zentrales Anliegen, und deswegen haben wir heute auch diesen Fristsetzungsantrag eingebracht.

Jetzt ganz konkret zu den Ausführungen von Karlheinz Kopf, was die Lohnnebenkosten betrifft: Lieber Karlheinz Kopf, du hast gesagt, ihr habt die Lohnnebenkosten in zehn Jahren um 1,6 Prozentpunkte gesenkt. Das sind zweieinhalb Milliarden Euro pro Jahr. Das reicht aber in einer Zeit, in der in zwei Jahren alleine die Personalkosten um 20 Prozent in die Höhe getrieben wurden, nicht aus. In der Geschwindigkeit klatschen wir an die Wand, bevor wir die Kurve gekriegt haben. Die Frage ist also: Wie kommt man zu einer höheren Geschwindigkeit? Die Analyse von Gerald Loacker war relativ zutreffend: Wir trauen euch die Geschwindigkeit im Moment nicht zu.

Wir glauben, das hat vor allem einen Grund, und zwar nicht, weil ihr nicht seht, dass die Notwendigkeit besteht, sondern: Wenn man mehr sparen will, dann muss man echte Reformen machen, gravierende Reformen, angefangen vom Föderalismus über das Gesundheitssystem bis zum Pensionssystem, das aber nicht auf dem Rücken der Menschen, sondern auf dem Rücken der Funktionäre und Funktionärinnen. Da seid ihr leider nicht glaubwürdig.

Jetzt schaue ich aber in die andere Richtung (in Richtung SPÖ); Kollege Muchitsch ist, glaube ich, noch hier: Da wird mit Zahlen herumgeworfen und es werden Märchen erzählt, die keiner mehr glauben kann. Ich möchte Ihnen, liebe Zuseherinnen und Zuseher, zwei Zahlen nennen, damit Sie besser verstehen, worum es uns geht:

Nehmen wir als ein Beispiel die Arbeitslosenversicherung. Die macht bei den Lohnnebenkosten insgesamt 5,9 Prozent der Lohnsumme aus. Im Vergleich zu anderen Ländern: in der Schweiz sind es beispielsweise 2,2 Prozent, in Deutschland sind es 2,6 Prozent. Die Menschen sind in Österreich im Durchschnitt nicht mehr oder weniger arbeitslos als in der Schweiz und in Deutschland oder in anderen Ländern. Auch die Möglichkeiten, am Arbeitsmarkt wieder Fuß zu fassen, sind relativ ähnlich. Warum kostet also die Arbeitslosenversicherung in Österreich doppelt so viel wie in den beiden anderen genannten Ländern? Das kann Ihnen niemand erklären – nicht aus Sicht der Kundinnen und Kunden des Arbeitsmarktservices und auch nicht aus Sicht der Unternehmerinnen und Unternehmer. Man kann es nur so erklären, dass wir mehr Geld in die Hand nehmen und in den Umlauf bringen; und da kann man natürlich deutlich sparen, ohne dass irgendjemand Schaden nimmt.

Zweiter Punkt: Was zur Unfallversicherung von Kollegen Muchitsch gesagt wurde, ist inhaltlich auch falsch. Es geht darum, dass derzeit 1,1 Prozent der Lohnsumme für die Unfallversicherung verrechnet werden. Im öffentlichen Dienst sind es beispielsweise nur 0,47 Prozent. (Zwischenruf des Abg. Matznetter.) Wie erklären sich diese 1,1 Prozent? – Die erklären sich aus Berufsbildern, aus früheren Gefahrenpotenzialen, aus früheren Unfallszenarien, aber die Berufswelt hat sich komplett verändert.

Oder: Warum bezahlt man zum Beispiel eine Unfallversicherung in Vorarlberg und in Tirol, wo es gar kein solches Krankenhaus gibt, das aus der Versicherung heraus finanziert wird? (Abg. Silvan: Ein Rehazentrum gibt es!)

Wir sind nicht gegen eine wirklich gute Gesundheitsvorsorge. Wir sind nur dagegen, dass Geld verschwendet wird, das andere Leute erwirtschaften müssen, ohne dass es irgendeinen Sinn in diesem Land ergibt. (Beifall bei den NEOS.)

Ich möchte Ihnen noch ein Beispiel sagen, weil die Anträge, für die wir heute eine Fristsetzung beantragt haben, wirklich einen Nutzen haben. Ich erlebe es in der Praxis, dass die Dinge, die wir heute in der Politik diskutieren, einfach nicht ausreichend wirken. Ich erlebe bei uns im Betrieb, dass Mitarbeiter:innen, die Ende 50 sind und ernsthafte gesundheitliche Probleme haben, drei, vier Monate auf einen Arzttermin warten – drei, vier Monate, in denen sie Sorgen haben und im Krankenhaus auch nicht besser behandelt werden können. Wir reden also von einem Gesundheitssystem, das den Menschen, obwohl sie viel einzahlen, nicht ausreichend viel bringt.

Ich erlebe auf der anderen Seite auch, dass Mitarbeiter:innen – meistens sind es Mitarbeiterinnen – beispielsweise in Salzburg-Stadt Kindergartenplätze oder Volksschulplätze suchen und es ein Gerangel um gute Plätze gibt, weil keiner möchte, dass seine Kinder in jene Schulen oder jene Kindergärten gehen, die einen schlechten Ruf haben. Unser Bildungssystem ist am Sand!

All das steht in diesen Anträgen drinnen, nämlich: wie wir wirklich Lohnnebenkosten senken können, damit Betriebe wieder gut wirtschaften können; wie wir das Bildungssystem nach vorne bringen können – dafür braucht es einen besseren Mitteleinsatz und ein besseres Funktionieren –; und auch – das ist ganz zentral –, wie wir Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entlasten können, damit sie sich ihr Leben besser leisten können. All das hat die ÖVP versprochen und all das hat die ÖVP in den letzten 37 Jahren gebrochen, und genau das wollen wir als NEOS ändern. (Beifall bei den NEOS.)

16.14