10.07

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! In der heutigen Aktuellen Stunde beschäftigen wir uns nicht mit dem Thema Corona, sondern mit dem Thema Arbeitsmarktinklusion. Dazu eine Bemerkung: Liebe Kollegin Tanzler! Wenn man nie eine Schaufel in die Hand nimmt, dann gibt es auch keine Baustellen. Wenn es aber keine Baustellen gibt, dann kann auch nichts fertiggestellt werden, und wenn es keine Baustellen gibt, dann zeugt das nicht davon, dass gearbeitet wird.

Wir arbeiten hier, und es gibt noch ein paar Baustellen, die zu erledigen sind. Wir haben aber auch bereits Häuser errichtet, und über eines dieser Häuser im Bereich der Arbeitsmarktinklusion möchte ich heute reden. Es geht um den Paradigmenwechsel im Bereich der jugendlichen Menschen mit Behinderung. Im Jahr 2024 haben wir endlich den fast menschenverachtenden Automatismus von Sonderschule, Arbeitsunfähigkeit, Werkstatt und Sozial­hilfe durchbrochen. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Damit ist es ab 1. Jänner 2024 vorbei.

Was gilt ab heuer? – Es wurde bereits angesprochen, ich möchte es noch ein bisschen konkretisieren: Für junge Menschen mit Behinderung unter 25 Jah­ren wird künftig die Überprüfung der Arbeitsfähigkeit ausgesetzt. Das heißt, dass die Betroffenen künftig Zugang zu den Leistungen, zu den Unterstüt­zungen und zu den Hilfen des Arbeitsmarktservice beziehungsweise des Sozialministeriumservice bekommen. Das ist etwas, was bislang nicht der Fall war.

Anstelle des automatischen Abschiebens in die Werkstatt, welches bis­lang erfolgte, wird es künftig in intensiver Zusammenarbeit von AMS und So­zialministeriumservice, das ebenfalls Maßnahmen zur Arbeitsmarktinte­gration finanziert, für jeden Jugendlichen mit Behinderung einen Perspektiven­plan geben, der Möglichkeiten und Schritte zur Arbeitsmarktintegration aufzeigt und insbesondere auch dabei hilft, mit Qualifizierungsprogrammen die Fähigkeiten und Möglichkeiten der Betroffenen zu heben. Dabei werden Programme wie das Jugendcoaching, Ausbildungsfit sowie Teilqualifizierungsleh­ren und auch verlängerte Lehren zur Anwendung kommen, und all das wird auch überall dort weiterentwickelt werden müssen, wo es nicht ausreicht und nicht entsprechend passt.

Auch ein ganz wesentlicher Punkt: Bislang haben Menschen mit Behinderung, die in einem Arbeitsverhältnis waren und ihren Job verloren haben, keine Leistung aus der Arbeitslosenversicherung im Sinne eines Arbeitslosen­gelds erhalten. Auch das ist jetzt endlich vorbei. Die Menschen erhalten die Versicherungsleistung, für die sie eingezahlt haben.

Letztlich: Anstelle der Beurteilung der Arbeitsfähigkeit nach rein medizinischen Kriterien wird künftig insbesondere darauf geschaut, welche Fähigkeiten der junge Mensch mitbringt, welche Potenziale er hat, und es wird vor allem da­rauf geschaut, welche Maßnahmen denn notwendig sind, um eine entspre­chende Arbeitsmarktintegration zu unterstützen.

Nicht nur, dass wir diesen wichtigen rechtlichen Rahmen geschaffen haben – zum Thema Baustelle: nein, das ist schon das ganze Haus –, zusätzlich wird aus dem Arbeitsmarktbudget ein spezielles Budget unter anderem auch für Menschen mit Behinderung im Ausmaß von 50 Millionen Euro bereitge­stellt, damit die entsprechenden Arbeitsmarktmaßnahmen finanziert werden können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieser Paradigmenwechsel in der Ar­beitsmarktpolitik stellt natürlich auch die Institutionen der Arbeitsmarkt­politik vor neue Herausforderungen. Das ist gar keine Frage, und ja, das ist so. Wenn wir es mit Lohn statt Taschengeld aber wirklich ernst meinen, dann heißt das insbesondere, dass wir uns bemühen müssen, Menschen mit Behinde­rung in den sogenannten Ersten Arbeitsmarkt zu bringen, dorthin, wo tat­sächlich Löhne, kollektivvertragliche Löhne bezahlt werden, wo die Menschen sozialversicherungsrechtlich, arbeitsrechtlich abgesichert sind. (Beifall bei den Grünen.)

Die Arbeitsmarktpolitik muss entsprechend unterstützen und entsprechend da­bei helfen, dass Menschen mit Behinderungen ihr eigenes Geld verdienen können und künftig eine Arbeitswelt vorfinden, in der sie nicht behindert wer­den, sondern in der ihre Fähigkeiten und Potenziale gehoben werden. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

10.12

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Künsberg Sarre. – Bitte.