10.56
Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wir reden über Neutralität, aber bitte reden wir auch über Sicherheit und Wohlstand in unserem Europa! Reden wir darüber, wie Sicherheit und Wohlstand in unserem Europa entstanden sind und wie wir diese weiter sichern können.
Zu Beginn stand die Rede von Robert Schuman. Er hat von der „Solidarität der Tat“ gesprochen, von der Solidarität der Tat unter den Völkern Europas, die jetzt zusammenarbeiten werden. Gleichzeitig hat er davon gesprochen – und das ist ja die Grundidee der Europäischen Union –, dass von diesem Kontinent, von unserem gemeinsamen Europa kein Krieg mehr ausgehen kann, weil wir zusammenarbeiten, weil wir miteinander leben, weil wir miteinander verflochten sind, weil junge Menschen reisen, weil wir uns gut kennen und weil wir alles dafür tun, dass es diese dummen Vorurteile, diesen Rassismus, der vorher geherrscht hat, nicht mehr gibt. Das ist unser gemeinsames Europa. Und dann haben wir 1990 in Paris geglaubt, dass nun wirklich der ewige Frieden ausgebrochen ist. – Es ist leider nicht so.
Wenn ich von der Solidarität der Tat rede, dann rede ich auch davon, dass wir Europäer nicht ermöglichen dürfen, dass ein anderes Land, dass Russland mit unserem Geld die Menschen in Europa bombardiert. Das findet statt. Die 10 Milliarden Euro, von denen Kollege Hoyos schon gesprochen hat, die wir für Gas bezahlt haben, werden für 555 000 Drohnen verwendet. Damit sind in der Ukraine – Präsident Sobotka hat es auch gesehen – nicht nur Schulen, Spitäler zerstört worden, damit sind auch Kinder und Familien ermordet worden, Familien vertrieben worden – mit unserem Geld! Dafür müssen wir uns genieren. Die Solidarität der Tat bedeutet, dass wir aus russischem Gas endlich aussteigen. (Beifall bei den NEOS.)
Ich weiß, dass Vasyl Khymynets, der ukrainische Botschafter, uns zusieht, und möchte ihm versichern: Diese Solidarität der Tat gilt weiter!
Jetzt sage ich Ihnen – und das jetzt in Richtung ÖVP –, was Josef Klaus, den der Herr Präsident sicher noch gekannt hat, über das gemeinsame Europa gesagt hat. Da gibt es eine sehr gute Biografie über Josef Klaus (das Buch „Josef Klaus Ein großer Österreicher“ von Beatrice Weinmann in die Höhe haltend), und auf Seite 218 steht Folgendes – für die, die es noch nicht gelesen haben, lese ich es gerne vor –: Josef Klaus „zählte sich selbst zu den glühenden Befürwortern der ‚Vereinigten Staaten von Europa‘“. – Das lese ich jetzt auf NEOS-Wahlplakaten, aber das hat Josef Klaus einmal gesagt, und das höre ich von der ÖVP gar nicht mehr. Er sagte übrigens auch – wichtig –: „Im künftigen Europa müßten die neutralen Staaten beweisen, ‚daß sie für ein integriertes Europa keine Belastung, wohl aber ein Gewinn sind‘“, dass wir als Neutrale natürlich in diesem gemeinsamen Europa mitmachen müssen. – Bitte lesen, es ist in der Parlamentsbibliothek verfügbar.
Auch für die Kolleginnen und Kollegen von der Sozialdemokratie habe ich ein Zitat mitgebracht – ich habe nämlich gerade wieder ein Buch gemacht, gemeinsam mit 13 anderen Autorinnen und Autoren. Hannes Androsch – er ist bekannt – sagt: „die Freundlichkeit und das Verständnis“ gegenüber Putin angesichts der „imperialen Ziele ist unpassend und auch verfassungsrechtlich nicht gedeckt.“ – Das heißt, wenn wir uns gegen Putin wehren, tun wir das natürlich im Rahmen der Neutralität. Das hat mit Neutralität ja gar nichts zu tun, sondern unsere Pflicht ist es auch, dafür zu sorgen, dass Putin diesen Krieg gegen Europa – er führt ihn nicht nur gegen die Ukraine! – natürlich nicht gewinnt, und in diesem Sinne müssen wir zusammenhalten, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den NEOS.)
Eines ist nämlich auch klar: Wenn Putin diesen Krieg gewinnen sollte, dann sind wir alle auch Verlierer, weil er dann weitermarschieren wird. Uschhorod – viele waren ja inzwischen auch dort; die Kollegen von der FPÖ weigern sich, sich die Ukraine auch nur anzusehen, denn das interessiert sie nicht. (Abg. Hoyos-Trauttmansdorff: Sie fahren lieber nach Afghanistan!) Putin soll totschießen, wen er will, Hauptsache, sie sind mit ihm befreundet. (Abg. Steger: ... was Sie da von sich geben!) Würden Sie sich das anschauen, würden Sie sehen, dass schon in 500 Kilometer Entfernung von Wien auch Kinder ermordet werden, auch Städte zerstört werden.
Umgekehrt Kaja Kallas, estnische Ministerpräsidentin, die natürlich den Druck noch viel stärker spürt: Sie war in Wien und sie hat sehr deutlich gesagt, wie wichtig es ist, auch wie stolz sie darauf ist, dass Estland kein russisches Gas mehr braucht, dass sie die Abhängigkeit von Russland reduzieren, dass sie stark dastehen und sich nichts gefallen lassen, weil wir in Europa zusammengehören. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)
In diesem Sinn – das ist mir ganz wichtig –: Denken wir daran, was wir in diesem Europa bis jetzt schon geschafft haben: dass es möglich ist, friedlich zusammenzuleben, grenzenlos zusammenzuleben (Zwischenruf bei der ÖVP); dass wir, manchmal sehr mühsam, auch Konflikte miteinander austragen, dass wir aber diese „Vereinigten Staaten von Europa“, von denen Josef Klaus gesprochen hat, erreichen können!
Wir können daran arbeiten. Tun wir es bitte, dann haben auch die Imperialisten und die Kindermörder keine Chance mehr! – Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)
11.01
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Reinhold Lopatka. – Bitte.