11.28
Abgeordnete Dr. Gudrun Kugler (ÖVP): Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin in einem Interview einmal gefragt worden, wie ich zur Situation von Migrant:innen am Arbeitsmarkt stehe, und habe lang und breit erklärt, was mein Zugang zu weiblichen Migranten am Arbeitsmarkt ist. Dann wurde ich darauf hingewiesen, dass man das gar nicht von mir wissen wollte, sondern allgemein, zur Situation von Männern und Frauen. Ich hatte also die Frage falsch verstanden, und das ist eigentlich die Folge einer Verarmung der Sprache. Deswegen begrüße ich, was der deutsche Rechtschreibrat gesagt hat, Kollegin Pfurtscheller hat es auch schon zitiert. Er sagt nämlich: Bitte gendert, wie ihr wollt – Doppelformen, neutrale Formen, was auch immer –, aber verwendet keine Sonderzeichen wie Doppelpunkte, Sternchen und so weiter, und drückt euch so aus, dass ihr verstanden werdet!
Der Österreichplan von Bundeskanzler Karl Nehammer sieht das auch so vor, und ich glaube, dass er, Frau Kollegin Brandstötter, in dem Österreichplan auch dem entspricht, was Sie jetzt als entspannten Zugang bezeichnet haben. Er sagt dort zwei Dinge. Das eine ist: Gendern darf nicht prüfungsrelevant sein, es darf also keine Schlechterstellung von akademischen Arbeiten zur Folge haben, wenn nicht gegendert wird. Und zweitens: Öffentliche Einrichtungen, die Verwaltung, mögen sich bitte an die Vorgaben des deutschen Rechtschreibrates halten. – Damit entspricht der Österreichplan des Bundeskanzlers auch den Bedürfnissen von mehreren Bevölkerungsgruppen, die sich dazu geäußert haben.
Ich nenne nur zum Beispiel Menschen mit einschlägigen Behinderungen – diese sagen im Sinne der Barrierefreiheit: Bitte verwendet keine Sonderzeichen! – oder Menschen mit Sprach- und Lernschwierigkeiten, insbesondere im Bereich der Integration – da geht es um das Thema Verständlichkeit und Lesbarkeit. Und wie wir heute schon gehört haben, sieht das eine ganz große Mehrheit der Bevölkerung auch so.
Ich verstehe, was die Unterzeichner des Volksbegehrens antreibt, was ihnen aufstößt und was die Menschen im Bereich gendern so polarisiert, nämlich dass man das Gefühl hat, da wird gesellschaftliche Veränderung von oben herab künstlich verordnet und Sprache politisiert. (Abg. Disoski: Das stimmt ja nicht!) Das ärgert die Menschen, denn Gleichstellung und Gleichberechtigung braucht nicht Worte, sondern Taten.
Es war Margaret Thatcher, die das Wort Prime Minister weiblich gemacht hat, ohne einen Begriff wie Prime Ministress einzuführen. Es war Angela Merkel, die das Wort Bundeskanzler weiblich gemacht hat. Und wenn man heute einen Deutschen fragt, was er mit Bundeskanzler assoziiert, dann haben die meisten Deutschen eine Frau im Kopf. (Abg. Disoski: Der meint Olaf Scholz und nicht die Merkel! Das ist ja Bullshit!) Es ist also die Realität, die der Sprache die Bedeutung gibt, und es ist nicht die Sprache, die Gerechtigkeit schafft, sondern die Realität, die Gerechtigkeit schafft, und diese Realität können wir nur selber verändern. (Beifall bei der ÖVP.)
Was wir nicht brauchen, sind Social Engineering oder Schlechterbenotungen. Wir müssen echte Diskriminierung beseitigen und für die vielen Anliegen der Frauen eintreten. Frau Kollegin Schatz, unsere Frauenministerin Raab arbeitet auf all diesen Ebenen mit ganz großem Engagement. (Zwischenrufe der Abgeordneten Heinisch-Hosek und Kucharowits.) Was da für Frauen gemacht wird, ist vorzeigbar und ist eine echte Hilfe – anders als nur die Worte, die ich hier höre. (Beifall bei der ÖVP.)
In diesem Sinne kann ich nur sagen: Ich finde es richtig, was im Österreichplan zum Thema Gendern steht, und ich finde es gut, dass das, was dort steht, unter der Überschrift „Land der Vernunft“ geführt wird. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Holzleitner: Ich freue mich auf die Unterstützung der ÖVP zu gesetzlichen Regelungen! – Abg. Disoski: Eure eigene Landesrätin sagt, dass das ein Blödsinn ist!)
11.32
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Alois Kainz. – Bitte.