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Abgeordneter Rudolf Silvan (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren hier auf der Galerie und zu Hause! Ich möchte mich auf die Tagesordnungspunkte 11 und 12 beziehen, nämlich das Berufskrankheiten-Modernisierungs-Gesetz und meinen Antrag betreffend Ausweitung der österreichischen Berufskrankheitenliste.

Wir haben einen sehr hohen Nachholbedarf. Jahrzehntelang wurde die aktuelle Berufskrankheitenliste nicht erweitert. Es ist schön, dass es jetzt einen kleinen Fortschritt gibt, wir hinken aber noch immer weit hinter Deutschland her. In Deutschland ist es so, dass wir etwa 80 Erkrankungen in der Berufskrankheitenliste haben, bei uns sind es zurzeit etwas über 50. In Deutschland werden Krankheiten anerkannt, die den Stütz- und Bewegungsapparat betreffen, zum Beispiel für Bauarbeiter und für andere schwer arbeitende Menschen. In Österreich ist das nicht der Fall.

Wir haben auch dramatische Fälle bei den Infektionskrankheiten. In Deutschland wird zum Beispiel die Erkrankung Long Covid sehr wohl als Berufskrankheit anerkannt. In Österreich wird sehr restriktiv vorgegangen. Wir haben zum Beispiel –nur zwei Beispiele von vielen – eine hauptamtliche Sanitäterin, die während der Pandemie Covid-Erkrankte von zu Hause abgeholt und in die Krankenhäuser begleitet hat, die schon seit mehreren Jahren an Long Covid leidet. Das wird nicht als Berufskrankheit anerkannt, obwohl es eindeutig ist, dass sie sich mit einem sehr hohen Wahrscheinlichkeitsgrad im Job angesteckt hat. Eine Kollegin, die während der Pandemie bei einer Bezirksstelle der ÖGK bei der Kontrollärztin saß und mit sehr vielen an Covid erkrankten Menschen zu tun hatte, ist seit 2021 nicht mehr arbeitsfähig. Auch das wird nicht als Berufskrankheit anerkannt. Solche Fälle gibt es viele.

Natürlich kann man die Berufskrankheitenliste aus einem weiteren Grund nicht wie in Deutschland erweitern, weil man ja zweimal die Dienstgeberbeiträge zur AUVA, zur Unfallversicherungsanstalt gesenkt hat. Das ist eine klassische Lohnnebenkostensenkung, wie man sie so oft diskutiert, mit dramatischen Auswirkungen. Da war übrigens die FPÖ auch dabei; nicht nur dabei, sondern mit der damaligen Gesundheitsministerin Frau Hartinger-Klein mittendrin. Es wurden durch diese Beitragssenkung der AUVA und dem Gesundheitssystem insgesamt jährlich 500 Millionen Euro entzogen.

Eine Wifo-Studie von 2019 hat ergeben, dass 10 Milliarden Euro Kosten durch die Arbeitswelt im Gesundheits- und Sozialsystem entstehen. Die Unternehmen zahlen lediglich 1,2 Milliarden zur Unfallversicherung, die auch für die Berufskrankheiten zuständig ist. (Zwischenruf des Abg. Egger.) Wir brauchen eine massive Ausweitung der Berufskrankheitenlisten, wie wir sie als Sozialdemokratie fordern. Es kann nicht sein, dass alles an der öffentlichen Hand hängenbleibt. Man sieht daran eindeutig die dramatischen Auswirkung einer Lohnnebenkostensenkung, dass nämlich die AUVA, die Unfallversicherungsanstalt, keine finanziellen Mittel für die Ausweitung einer Berufskrankheitenliste hat. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Egger: Die öffentliche Hand ist ja kein Bankomat!)

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