17.07

Abgeordneter Mag. Christian Drobits (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Vertreter des Pflegebereichs! Eigentlich hätte ich geglaubt, dass August Wöginger im Saal ist, weil er gesagt hat, dass er dann, wenn der Herr Bundeskanzler nicht da ist, natürlich für Rede und Antwort gerne zur Verfügung steht. Ich sehe aber einen leeren Sessel. (Abg. Hörl: Oh!) Ich denke mir, gerade das Thema müsste ihn interessieren, weil er ja aus einem Bereich kommt, dem ÖAAB, dem ÖVP-Arbeitnehmerbereich, in dem ihm die Pflege und die Beschäftigten im Pflegebereich sehr wichtig sein müssten.

Ich möchte es aber trotzdem – auch wenn er nicht da ist – sagen: Mir geht es darum, wie auch bereits meine Vorredner zu erwähnen, Pflege ist ein Bereich, in dem wir momentan wirklich einen Stillstand haben. Die Pflege ist in vielen Bereichen momentan genauso wie ein Uhrwerk, das kurz vor dem Stillstand ist. Das System funktioniert nicht. Das sage nicht nur ich, weil ich als Politiker eine Befundaufnahme mache, sondern das sagen diejenigen Menschen, die jetzt da oben auf der Galerie sitzen und zuhören oder zusehen, weil sie vor der vielen Arbeit nicht mehr wissen, wie sie diese erfüllen können, weil sie nicht mehr wissen, wie sie ihre Erschöpfung hintanhalten können, weil sie nicht mehr wissen, wie sie weitermachen können. Diese Personen liefern eigentlich den Befund, Herr Bundesminister! Das ist nicht nur ein Pflegenotstand, den wir herbeireden, sondern dieser Pflegenotstand ist da.

Es gibt zwei Problembereiche, die wir uns anschauen müssen. Herr Bundesminister, Sie haben gesagt: Wir haben einiges in Bezug auf Ausbildungsplätze gemacht! – Wir behaupten: 3 000 sind zu wenig. Es ist eine Lücke da und die Aufgabe kann in Zukunft nicht befriedigend erfüllt werden. Wir sagen auch, dass diese 3 000 zu wenig sein werden und es deshalb einen Kollaps geben wird. Sie wissen auch, dass das zu wenig ist. Sie sagen: Wir machen das Klimaticket, mit dem wir bei der Ausbildung unterstützen, die Mittel dafür können wir aus dem Pflegefonds nehmen! – Ja, dann fehlt dem Pflegefonds etwas. Wir können nicht alles aus dem Pflegefonds finanzieren.

Sie sagen: In Bezug auf Ausbildungen machen wir alles, was möglich ist; es gibt ein Pflegestipendium! – Wir sagen aber: Das Pflegestipendium gilt nicht für Fachhochschulen, dort ist das nicht einsetzbar. 45 Prozent der Beschäftigten, die derzeit in diesem Bereich arbeiten, sagen: Wir können nicht mehr, wir wollen aufhören! – Diese Gruppe ist diejenige, die momentan schreit: Bitte, macht etwas! – Die Bundesregierung macht da viel zu wenig, und darauf machen wir aufmerksam.

Wir wollen nicht, dass diese Personengruppe von 45 Prozent – jede Zweite und jeder Zweite – ausscheidet und wir in den nächsten Jahren wirklich vor einer Situation stehen, in der wir nicht wissen, wie wir das würdevolle Altern unserer pflegebedürftigen Menschen in Österreich ermöglichen können. (Beifall bei der SPÖ.)

Genau um diese Würde geht es: um die Würde des Alterns, aber auch um die Würde der Beschäftigten, dass man Arbeitsbedingungen hat, unter denen man arbeiten kann und unter denen man weiß, dass man nicht nach einer gewissen Zeit ausscheiden muss. – Darum geht es uns.

Ein Steckenpferd in diesem Bereich ist für mich seit Jahren – der Herr Bundesminister weiß es – die Schwerarbeitspension für Pflege- und Betreuungskräfte. Ich sehe nicht ein, dass diese besonders belastende Arbeit nicht dazu führt, dass diese Menschen nach gewissen Jahren würdevoll in die Schwerarbeitspension gehen können und dürfen. Da, glaube ich, sind wir uns einig: Wir alle, die wir hier sitzen, sagen, die machen schwere Arbeit – das habe ich gehört. Nur will niemand außer uns – oder vielleicht wollen es die Freiheitlichen, das weiß ich jetzt nicht –, dass Pflege- und Betreuungskräfte und alle, die in diesem System arbeiten, in die Schwerarbeitsverordnung aufgenommen werden und davon umfasst sind. Das ist, glaube ich, der Punkt, an dem wir uns unterscheiden.

Ich sage Ihnen offen und ehrlich: Das versteht draußen niemand. Ihr habt veranlasst, dass die Justizwachebeamten drinnen sind. Ich möchte die Leistung der Justizwachebeamten nicht schmälern. Sie wurden vor eineinhalb Jahren von der Bundesregierung hineingenommen. Wenn ich daran denke: Die haben viel Arbeit zu leisten, gerade im Burgenland sind momentan 80 Prozent jener, die in der Justizanstalt sitzen, Schlepper. Nichtsdestotrotz verdienen diejenigen, die in Betreuung und Pflege und auch in medizinisch-technischen Berufen tätig sind, dass sie als Schwerarbeiter anerkannt werden und auch in die Schwerarbeitspension gehen dürfen.

Die Regierung macht nichts, sie ist säumig. Sie sagt: Das vertagen wir! – Ich hoffe, dass das noch klappt, denn das wären die Wertschätzung und der Respekt, die sich diese Personengruppe verdienen würden. Darum kämpfen wir als sozialdemokratische Partei. (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Jugendstaatssekretärin, Ihr Bundeskanzler ist heute nicht da, aber ich sage Ihnen offen und ehrlich: Bei den „Sommergesprächen“ wurde er von einer im Saal anwesenden Person gefragt, wie es mit der Schwerarbeitspension ausschaut. Wissen Sie, was seine Antwort war? – Keine. Er hat diese Frage ignoriert, ich habe dieses Gespräch angeschaut. Das ist momentan die Position der ÖVP, wenn es der Bundeskanzler selbst so macht. Er ignoriert, dass Personen im Pflege- und Betreuungsbereich als Schwerarbeiter anerkannt werden. (Ruf bei der ÖVP: Stimmt nicht!)

Was ignoriert er aber nicht? – Er macht es möglich, dass derzeit bereits mit der Pflege Gewinne gemacht werden können. Ihr wisst, dass über das Hintertürl bereits große Konzerne, Finanzinvestoren kommen, die sich im Pflegebereich ansiedeln, um zukünftig Profite zu maximieren. Dieses Hintertürl ist offen. Da sprechen wir nicht mehr von Gemeinwohl und Gemeinnützigkeit, sondern da sprechen wir darüber, dass zukünftig Privatinvestoren immer mehr auf diese Gelder im Pflegebereich zugreifen können. Wir wollen das nicht. Wir wollen verhindern, dass Finanzinvestoren eingreifen können. Wir wollen auch zukünftig grundsätzlich verhindern, dass sich jemand am Pflegebereich bereichern oder dort Gewinne machen kann.

Das ist unsere Position. Wir werden deshalb auch weiterhin für die Beschäftigten im Bereich der Pflege und Betreuung kämpfen, wir werden auch weiterhin diesen Pflegenotstand aufzeigen und gegen den Pflegekollaps kämpfen. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

17.13

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Peter Wurm. – Bitte. (Abg. Lindner: Jössas Maria!)