9.50

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Herr Präsident! (Heiterkeit des Redners sowie Heiterkeit bei ÖVP und NEOS.) Sehr geehrter Herr Bundesminister! Es ist ja schon in wunderbaren Worten geschildert worden, geschätzte Damen und Herren, wie Sie nicht alle entlastet worden sind. Ich war kurz davor, beeindruckt zu sein. Dann aber schaut man sich die nackten Zahlen an, die die Wirtschaftskammer Österreich veröffentlicht. Die ist jetzt auch nicht verdächtig, uns zu nahe zu sein, sondern gehört eher in dieses Eck (in Richtung ÖVP), und die sagt: Ja, die Abgabenquote war im Jahr 2020 42,7 Prozent und ist im heurigen Jahr 43,2 Prozent. – Die Abgabenlast ist also in der Zeit dieser Bundesregierung höher geworden. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Scherak: War das der Karlheinz Kopf?)

Wissen Sie, das ist ja ganz einfach: Ich kann Ihnen 1 Kilo Last drauflegen und kann Ihnen 70 Deka Last wieder runternehmen, es ist immer noch schwerer, als es vorher war. So einfach ist das. (Beifall bei den NEOS.)

Die Österreicher können ziemlich gut rechnen. Ich möchte Ihnen das an einem aktuellen Beispiel erklären: Gestern konnten wir in den Zeitungen lesen: Die Österreicher arbeiten immer weniger und arbeiten weniger als Menschen in anderen EU-Ländern. Sie arbeiten weniger Stunden pro Woche und arbeiten weniger Jahre in ihrem Leben. Das machen sie, weil sie rechnen können, weil es sich nämlich nicht rentiert, wenn man mehr arbeitet. Wenn heute eine Arbeitskraft in Teilzeit 80 Prozent beschäftigt ist und der Chef oder die Chefin sagt: Du machst einen guten Job, würdest du nicht Vollzeit kommen, würdest du nicht fünf Tage statt vier kommen?!, natürlich rechnet diese Arbeitskraft nach und fragt sich: Was bleibt mir dann netto übrig? Und dann kommt diese Arbeitskraft zum Schluss: Es zahlt sich nicht aus. Die letzten 20 Prozent zahlen sich nicht aus, weil die Steuerlast zu hoch ist.

Wir besteuern heute einen durchschnittlichen Angestellten, wenn er jetzt von 80 auf 100 Prozent aufstockt, mit einem Grenzsteuersatz von 40 Prozent – nachdem 18 Prozent für die Sozialversicherung weggegangen sind, noch einmal 40 Prozent Steuer. Wenn der Durchschnittsverdiener schon so belastet wird, dann kann man sich ausrechnen: Es zahlt sich nicht aus, sich anzustrengen. Und das haben die Österreicher erkannt. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Lausch.)

Da gibt es ganz viele Faktoren, die die ÖVP in ihren 37 Regierungsjahren glorreich eingeführt hat: Wenn man mehr arbeitet, muss man auf einmal Arbeitslosenversicherung zahlen, die man früher nicht zahlen musste, und so weiter. Aber es sind auch die Abgaben auf der Arbeitgeberseite zu hoch und die geteilten Abgaben von Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die berühmten Lohnnebenkosten.

Nehmen wir ein aktuelles Beispiel, weil sich die Regierung gerade fürs Wohnen abfeiert! Von jedem Lohn und von jedem Gehalt geht 1 Prozent Wohnbauförderungsbeitrag ab, und das geht an die Länder. Das waren im letzten Jahr ungefähr 1,3 Milliarden Euro. Das Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen hat ausgerechnet: Die Bundesländer geben davon 37 Prozent fürs Wohnen aus und die anderen 63 Prozent verblasen sie so. Wenn man Landeshauptmann ist, ist das ganz gut, da kommt das Geld herein und dann kann man da der Feuerwehr eine Leiter sponsern und dort der Blasmusik eine neue Trompete oder eine neue Tracht oder irgendetwas sponsern. Das ist besser, als mit dem Geld, das fürs Wohnen vorgesehen ist, Wohnbau zu betreiben.

Was macht die Bundesregierung jetzt? – Sie gibt den Ländern einfach noch mehr Geld. Wenn sie das Geld, das sie fürs Wohnen haben, schon nicht fürs Wohnen ausgeben, kriegen sie einfach noch mehr.

Wer zahlt dieses Noch-mehr-Geld? – Sie zahlen das! Jetzt zahlen Sie eh schon von Ihrem Lohn und Gehalt 1 Prozent, jetzt müssen Sie diese Wohngeschenke der Bundesregierung noch einmal extra berappen. (Beifall bei den NEOS.)

Da sind wir bei einem wichtigen Unterschied zwischen Österreich und der Schweiz. In der Schweiz funktioniert das, in der Schweiz zahle ich meine Krankenversicherung, ich suche mir die Versicherung selbst aus und ich bekomme einen Arzttermin, und zwar nicht in drei Monaten, sondern übermorgen. In der Schweiz gibt es auch eine staatliche Bahn, aber die funktioniert, die ist pünktlich. Ich habe eine Verbindung von jedem Alpenpass in jedes Kuhdorf, in jede Stadt – es funktioniert. Und in Österreich funktioniert es nicht. Versuchen Sie einmal, zwischen Wien und Vorarlberg zu pendeln – es funktioniert nicht. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Krainer: Aber wegen dem Deutschen Eck!)

Die Menschen zahlen ihre Steuern gerne und ordentlich, wenn sie dafür eine angemessene Gegenleistung bekommen, aber dieser gefräßige Staat nimmt immer mehr und liefert immer weniger. Wir sehen das auch im Bildungssystem: Die Eltern müssen Nachhilfe finanzieren, weil es in der Schule nicht funktioniert. Wir sehen es im Gesundheitssystem: Sie brauchen zu einer teuren gesetzlichen Krankenversicherung eine private, wenn Sie einen Arzttermin wollen. 37 Prozent der Österreicher haben eine private Krankenversicherung, weil es nicht funktioniert.

Deshalb arbeiten die Menschen weniger: weil es sich nicht auszahlt. Die Produktivität geht zurück. Eine höhere Produktivität würde auch die Inflation dämpfen, wenn wir bei gleichem Einsatz mehr herauskriegen, aber die Produktivität sinkt leider in Österreich.

Wir müssen die Steuern senken, die Abgaben senken, damit sich Leistung wieder rentiert und die Menschen gerne arbeiten gehen, damit ihnen vom vollen Einsatz auch der volle Lohn bleibt. (Beifall bei den NEOS.)

9.55

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Egger. – Bitte sehr. (Abg. Deimek: In der Steiermark ist alles viel besser!)