10.00

Abgeordnete MMag. Michaela Schmidt (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Bundesminister Brunner! Herr Minister, Sie haben gestern, angesprochen auf die immer noch hohe Inflationsrate, Folgendes gesagt: „4,3 Prozent sind [...] noch zu hoch, keine Frage.“ „Darum überlegen wir, welche Maßnahmen wir auslaufen lassen und welche nicht.“ (Abg. Kickl: Ab durch die Mitte!)

Es ist symptomatisch, dass Sie, anstatt etwas zu tun, jetzt erst einmal zum Überlegen anfangen. Es war erschreckend, hier in den letzten Monaten live mitzuerleben, wie sich die gesamte Bundesregierung geweigert hat, aktiv gegen die Teuerung vorzugehen. Wir haben als SPÖ die Regierung ja bereits vor zwei Jahren aufgefordert, diesen aufflammenden Küchenbrand der Inflation zu löschen. Wir haben davor gewarnt, dass sich das Feuer ausbreiten wird, wenn man nichts tut, weil absehbar war, dass die sprunghaft angestiegenen Energiekosten dramatische Auswirkungen haben werden, dass es zu Zweitrundeneffekten kommen wird, wenn die Unternehmen ihre Kosten an die Haushalte weitergeben. Wir haben Vorschläge und Ideen geliefert – und passiert ist nichts: keine Preiseingriffe bei trittbrettfahrenden Unternehmen; kein ernsthafter Schutz der Mieterinnen und Mieter; keine Senkung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel; und eine Übergewinnsteuer, die so lächerlich ausgestaltet ist, dass nicht einmal die Bundesregierung sie mehr erwähnt. (Zwischenruf des Abg. Loacker.)

Wenn man nichts tut, dann braucht man sich auch nicht zu wundern, wenn das gesamte Haus lichterloh zu brennen anfängt. Die Regierung war keine Feuerwehr, sie war Brandbeschleuniger. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.) Das zeigt sich vor allem bei den Energiepreisen, denn bei uns gab es keinerlei Preisbremsen wie in so vielen anderen europäischen Ländern – nur ein Strompreisbremserl für die Haushalte, das sich die Steuerzahler selbst finanziert haben und die Kassen der Energieunternehmen klingeln lässt. Dabei wäre es so leicht gewesen, denn Strom wird in Österreich ja überwiegend aus erneuerbaren Quellen erzeugt. Zuerst hat man sich aber auf Europaebene aktiv gegen die Abschaffung des Meritorderprinzips gestellt, und dann hat die Regierung in Österreich den Energieunternehmen noch einen Persilschein ausgestellt; sie durften statt der tatsächlichen Kosten natürlich die Börsenfantasiepreise an die Haushalte und Unternehmen weiterverrechnen – wegen des Aktienrechts. Es brauchte Arbeiterkammern und Gerichte, um diesem Treiben ein Ende zu setzen. – So geht Feuerwehr, liebe Bundesregierung. (Beifall bei der SPÖ.)

Auch den Vermietern und Vermieterinnen hat die Regierung ihre Übergewinne offenbar gegönnt und die Mietsteigerungen wissentlich in Kauf genommen, denn die Vermieter:innen hatten keine steigenden Kosten, die Betriebskosten zahlen die Mieter und Mieterinnen ja ohnehin selbst. Zweistellige Mieterhöhungen waren für die Bundesregierung aber trotzdem okay. – So schaut Klientelpolitik aus, so heizt man die Teuerung weiter an. (Zwischenruf des Abg. Sieber.)

Und dann rühmt sich diese Regierung noch dafür, dass die Kaufkraft erhalten wurde, weil die Löhne ja eh gestiegen sind. – Ja, trotz der Regierung, nicht wegen ihr; gegen den ausdrücklichen Willen von Bundeskanzler Nehammer, wie wir im berühmt-berüchtigten Burgervideo ja alle selbst gesehen haben. Regierung und Arbeitgeber haben den Gewerkschaften ursprünglich ausgerichtet, dass sie sich bei den Lohnverhandlungen gefälligst zurückhalten sollen. Die Regierung hätte die Kaufkraftverluste der Haushalte schulterzuckend zur Kenntnis genommen. Die Gewerkschaften sind stur geblieben. – Das sind ja offenbar die einzigen, die ihren Job machen. (Beifall bei der SPÖ.)

Liebe Mitglieder der Bundesregierung, eure Leistung der letzten zwei Jahre wird auch an der Inflationsrate gemessen, und da gehört ihr – analog zur österreichischen Inflationsrate – seit knapp zwei Jahren zu den europäischen Schlusslichtern.

Abschließend muss ich jetzt doch noch eines festhalten: Liebe Kolleginnen und Kollegen von den NEOS, um das ein für alle Mal klarzustellen: Eure Steuersenkungsideen lösen kein einziges Teuerungsproblem. Preiseingriffe und Mietpreisbremsen bekämpfen die Inflation. (Beifall bei der SPÖ.) Lohnerhöhungen und die Erhöhung der Sozialleistungen mildern ihre Auswirkungen, und dagegen habt auch ihr in den letzten zwei Jahren immer wieder gewettert. (Abg. Meinl-Reisinger: Stimmt überhaupt nicht!) Dass ihr die Teuerung jetzt als Anlass nehmt, eine Lohnnebenkostendebatte anzuheizen, ist absurd. Die Senkung von Lohnnebenkosten bringt nicht mehr Netto vom Brutto. (Abg. Meinl-Reisinger: Natürlich bringt es mehr Netto vom Brutto! Natürlich! Sagt sogar das Wifo!) Sie begünstigt ausschließlich die Unternehmen - - (Zwischenrufe bei der ÖVP sowie des Abg. Loacker. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) – Sie begünstigt ausschließlich die Unternehmer und Unternehmerinnen, genau die, die sich ohnehin bereits über Steuersenkungen im Ausmaß von 1 Milliarde Euro freuen durften (Beifall bei der SPÖ) und deren Energiekosten im Übrigen großzügig ersetzt wurden. Nur die Leistungskürzungen treffen dann alle – Umverteilung nach oben also (Zwischenruf des Abg. Scherak); und dieser Umverteilung werden wir als Sozialdemokratie niemals zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

10.05

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Kassegger. – Bitte.