10.11

Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Zuseher:innen hier herinnen und vor den Fernsehbildschirmen! Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, reden wir doch bitte über Steuern! Reden wir über unser Steuer- und Abgabensystem und reden wir vor allem darüber, welche strukturellen Probleme wir in unserem Steuersystem so haben! Reden wir darüber, warum in Österreich Arbeit und Arbeitnehmer:innen so hoch besteuert sind, Vermögen allerdings so niedrig, und reden wir darüber, welche Funktion denn ein Steuer- und Abgabensystem auch bei der Bewältigung der Klimakrise haben soll! (Zwischenruf des Abg. Deimek.)

Darüber, meine sehr geehrten Damen und Herren, wollen die NEOS heute aber eigentlich gar nicht reden, das interessiert die NEOS gar nicht. Die NEOS kommen nur mit einem „Steuern runter“ daher (Abg. Loacker: Und die Grünen mit Steuern rauf!), und das, meine sehr geehrten Damen und Herren, greift doch etwas kurz. (Abg. Meinl-Reisinger: ... auf den Punkt gebracht: „Steuern runter“!) Übrigens ist das auch kein Mittel gegen die erfreulicherweise ohnehin rückläufige Inflation.

Ja, in Österreich ist Arbeit tatsächlich vergleichsweise hoch besteuert; umgekehrt sind aber im internationalen Vergleich Vermögen, wie ich schon gesagt habe, aber auch Umwelt- und Ressourcenverbrauch vergleichsweise niedrig besteuert.

Glücklicherweise haben wir in dieser Legislaturperiode tatsächlich auch erste wichtige Ansätze zu einer Steuerstrukturreform gesetzt: Wir haben die CO2-Bepreisung mit dem Klimabonus umgesetzt und damit den wichtigen Einstieg in eine stärkere Ökologisierung des Steuersystems getan.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, noch einmal: Wie funktioniert die CO2-Bepreisung? – Diejenigen, die über ihr klimaschädigendes Verhalten mehr CO2 produzieren, zahlen logischerweise einen höheren Preis als diejenigen, die weniger CO2 produzieren. Darüber hinaus ist die CO2-Bepreisung nicht zuletzt auch darum sozial gerecht, weil wir genau wissen, dass es die Einkommensstarken, die Reicheren sind, die mehr CO2 produzieren als die einkommensschwachen Gruppen, und über den Klimabonus schaffen wir noch dazu den entsprechenden sozialen Ausgleich.

Das heißt, die CO2-Steuer wirkt progressiv, sie wirkt umverteilend und mit dem Klimabonus noch zusätzlich sozial gerecht, indem die Kosten teilweise auch noch überkompensiert werden. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Loacker: ... sozial gerecht ... Klimabonus!)

Mit der ökosozialen Steuerreform haben wir gleichzeitig auch die Abgabenlast auf Arbeit reduziert. Wir haben den Einstiegssteuersatz von 25 auf 20 Prozent reduziert, und wenn Kollege Loacker davon spricht, dass ein mittlerer Angestellter einen Grenzsteuersatz von 40 Prozent hat, dann hat er vergessen zu erwähnen, dass man beispielsweise für die ersten 12 800 Euro überhaupt keine Steuern zahlt und die 40 Prozent erst beim Einkommen von über 34 500 Euro einsetzen. – So schaut es nämlich aus.

Wir haben nicht nur die Steuertarifstufen gesenkt – und gleichzeitig auch die Negativsteuern für die unteren Einkommensgruppen angepasst –, wir haben auch die kalte Progression abgeschafft, und, meine sehr geehrten Damen und Herren, auch das wirkt natürlich entlastend für die Arbeitseinkommen.

So, jetzt haben wir einmal den Weg der Ökologisierung beschritten, ein aus einer grünen Sichtweise wesentlicher Punkt der Steuerstrukturreform ist gesetzt worden, aber für uns ist natürlich auch klar – da Österreich bei der Vermögensbesteuerung Schlusslicht ist und es schon eine Regel geben sollte, dass die stärksten Schultern eigentlich die meiste Last zu tragen hätten –, dass wir in Österreich natürlich auch einen Einstieg in eine stärkere Vermögensbesteuerung brauchen. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen.) Das sagen nicht nur wir, das sagt die EU-Kommission, das sagt die Weltbank, das sagt der Währungsfonds. (Zwischenruf des Abg. Schnedlitz.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit den vermögensbezogenen Steuern würden wir endlich auch die entsprechenden Handlungsspielräume für das schaffen, was ja gerade bei den NEOS und auch bei Teilen der ÖVP so ein beliebtes Thema ist, nämlich die Lohnnebenkosten zu senken, Arbeit weiter zu entlasten.

Ja, auch aus grüner Sicht kann man darüber reden, dass man gewisse Lohnnebenkosten – nämlich diejenigen, die nicht zur Sozialversicherung gehören, beispielsweise den Wohnbauförderungsbeitrag, die Flaf-Beiträge, die Kommunalsteuer – tatsächlich nicht unbedingt zwingend aus Löhnen und Gehältern finanzieren muss, sondern mit anderen Finanzierungsquellen – das Geheimnis ist aber eben: aus anderen Finanzierungsquellen, weil Lohnnebenkosten ja bereits heute Leistungen finanzieren: den Kindergarten, die Straße in der Gemeinde, die Familienbeihilfe, das Kinderbetreuungsgeld.

All das wird ja finanziert, und wenn man sagt: Lohnnebenkosten runter, Lohnnebenkosten senken!, muss man auch fragen: Okay, was passiert dann mit den Leistungen, die damit finanziert werden? Streicht man sie, kürzt man sie oder finanziert man sie anderweitig? Und da gibt es zwei Möglichkeiten: Schulden oder eben neue, andere Steuern, neue Finanzierungsquellen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wer behauptet, er könne 12 Milliarden Euro an Lohnnebenkostensenkung aus dem laufenden Budget finanzieren, der betreibt Voodooökonomie, sorry. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Herr.) Das ist schlichtweg nicht ernst zu nehmen.

Ja, und das gilt natürlich auch für die Abgabenquote: Wenn man sagt: Lohnnebenkosten senken!, und: Das ist kein Problem der Finanzierung!, und auch noch: Die Abgabenquote auf unter 40 Prozent senken!, ja, dann frage ich mich schon langsam: Wo wollt ihr überall kürzen? (Zwischenruf des Abg. Kaniak.) Kommt raus und sagt, wo ihr kürzen wollt, wo ihr sparen wollt! Im System, bei den Sozialleistungen, bei den Pensionen? – Sagt es einfach ganz offen!

Was wir Grüne wollen, ist ganz klar: Wir wollen ein Steuersystem, das nicht nur zur mehr Verteilungsgerechtigkeit führt, sondern auch eines, das ökologisch lenkt und eine ausreichende Finanzierung unseres Sozialstaats und vor allem auch von Zukunftsinvestitionen in Bildung und Klimaschutz zulässt. Wofür wir sicher nicht zu Verfügung stehen, das ist ein hemmungsloser, zukunftsvergessender Steuersenkungspopulismus, der auf Kosten der sozialen Sicherheit, des sozialen Zusammenhalts und der Zukunft geht. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

10.17

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordnete Schellhorn. – Bitte sehr. (Abg. Leichtfried: Erste Rede! – Bundesminister Brunner: Servus! Willkommen zurück! – Abg. Schellhorn schüttelt Bundesminister Brunner die Hand.)