15.10

Bundesminister für Inneres Mag. Gerhard Karner: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Ich möchte bei dieser Debatte sehr grundsätzlich beginnen, weil es mir ein Anliegen ist, und möchte das auch hier erwähnen: Ich darf seit 6. Dezember 2021 als Innenminister der Republik Österreich Verantwortung tragen, und in dieser Zeit sind 1 335 parlamentarische Anfragen an das Innenressort, konkret natürlich an den Innenminister, gestellt worden. Das sind deutlich mehr als zwei Anfragen pro Werktag. (Der Redner hält einen Stapel Papier in die Höhe.) Ich habe sie hier mitgenommen, um das zu veranschaulichen, und damit hier kein Missverständnis entsteht: Es ist selbstverständlich das gute Recht des Parlaments, diese Anfragen an Ministerien, an den Minister zu stellen und darauf auch Antworten zu bekommen.

Allein die drei Anfragen aus dem November letzten Jahres der Herren Abgeordneten Amesbauer und Schnedlitz sind über 2 Zentimeter dick. Das sind nur drei Anfragen aus dem November. (Abg. Belakowitsch: Ja und? – Zwischenruf des Abg. Amesbauer.) In Summe sind es 1 335 derartige parlamentarische Anfragen. (Abg. Belakowitsch: Ja, und Sie beantworten sie nicht! – Weitere Zwischenrufe bei FPÖ und Grünen.)

Warum erwähne ich das? – Weil ich an dieser Stelle, und das sei mir gestattet, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern meines Hauses ein Danke dafür aussprechen möchte, in welcher Art und Weise, in welcher Seriosität, in welcher Sensibilität und auch Gewissenhaftigkeit diese Anfragen zu Recht, notwendigerweise für die Damen und Herren Abgeordneten des Parlaments, beantwortet werden (Abg. Deimek: Schön, weil das gibt es seit 80 Jahren ...!); tagtäglich über zwei an der Zahl, in einem Umfang wie diese, nämlich in der Stärke von 2 Zentimetern. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte an dieser Stelle auch erwähnen: Damit diese Daten den Damen und Herren Abgeordneten zur Verfügung gestellt werden können, ist es notwendig, dass tagtäglich 32 000 Polizistinnen und Polizisten das sogenannte PAD befüllen – das ist die Abkürzung für Protokollieren, Anzeigen, Daten. 32 000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen vom Bodensee bis zum Neusiedler See geben tagtäglich diese Daten ein, damit sie der Exekutive, der Analyse, aber auch Ihnen hier selbstverständlich zur Verfügung stehen.

Ich habe gesagt, und ich möchte das noch einmal unterstreichen: Es ist unsere Aufgabe, Ihnen diese Daten seriös wiederzugeben. Daher ist eben die Entscheidung, keine Rohdaten weiterzugeben, sondern die Daten durch eine Qualitätssicherung durch das Bundeskriminalamt, wie das auch in der Vergangenheit üblich war, entsprechend sichergestellt den Damen und Herren Abgeordneten zur Verfügung zu stellen. Das möchte ich an dieser Stelle noch einmal sagen.

Sie wissen – vor allem jene, die im Innenausschuss mit dabei sind –, dass mir die Information der Damen und Herren Abgeordneten ein essenzielles Anliegen ist und dass wir alle Informationen, die uns zugänglich sind, die uns möglich sind, auch allen hier weitergeben. Das ist essenziell. Ich war selber viele Jahre Abgeordneter eines Landtages, Mitglied eines Parlaments, daher ist mir auch dieser lebendige Parlamentarismus, die Information der Mandatare, der Abgeordneten, enorm wichtig; und das tun wir. (Abg. Kickl: Da war Niederösterreich immer ein Vorzeige...!)

Diese Beispiele, die ich hier genannt habe, die ich hier gezeigt habe, unterstreichen, mit welcher Seriosität, mit welcher Konsequenz und mit welcher Genauigkeit das tagtäglich durch die Beamten des Innenministeriums vollzogen wird. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Belakowitsch: Kollege Marchetti hat ...!)

Natürlich ist es mir aber auch ein Anliegen, einige Anmerkungen auch zu dem Thema, aufgrund dessen auch diese Kurzdebatte hier angeregt wurde, nämlich zum Thema Jugendkriminalität, einige Punkte zu sagen und auch Stellung dazu zu nehmen, welche Maßnahmen ergriffen worden sind.

Faktum ist – und darüber wurde leider zuletzt auch intensiv berichtet –, dass das Thema Jugendkriminalität eines ist, das uns besonders herausfordert, weil es in den letzten Jahren, im letzten Jahrzehnt massiv gestiegen ist. (Abg. Belakowitsch: Warum war das so?)

Bei den unter 14-Jährigen hat sich in den letzten zehn Jahren die Zahl der Tatverdächtigen auf über 10 400 im Jahr 2022 verdoppelt. Bei den 14- bis 18-Jährigen gab es ebenfalls eine Steigerung, bei den jungen Erwachsenen, 18 bis 21 Jahre, gab es einen leichten Rückgang. Das sind leider die nackten Zahlen aus der aktuellen Statistik.

Einige Dinge wurden auch von Herrn Abgeordneten Schnedlitz zu Recht angesprochen. (Abg. Schnedlitz: ... Medienauftritt ...!) Wir haben auch gesehen, dass sich gerade in den letzten Wochen, in den letzten Monaten besondere Brennpunkte herauskristallisiert haben. (Abg. Belakowitsch: Von welchen Monaten reden wir?) Daher wurde bereits vor Jahren die sogenannte EGS, Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität, eingesetzt, die in vielen Bereichen exzellent arbeitet, auf unterschiedlichen Brennpunkten. (Abg. Michael Hammer: Und nicht zum Stürmen vom BVT! – Zwischenrufe bei der FPÖ. – Abg. Weidinger: Bissl zuhorchen! – Abg. Belakowitsch: Er sagt ja nichts! – Abg. Kickl: Sind hervorragende Polizisten, EGS!)

Nach diesen dramatischen Vorfällen, die es gegeben hat, nach so einer abscheulichen Tat, bitte ich aus Respekt gegenüber dem Opfer – einem zwölfjährigen Mädchen, das von Jugendlichen missbraucht, vergewaltigt wurde – nicht zur Tagesordnung überzugehen. (Abg. Schnedlitz: Ihr schützt die Täter!) Das ist das Mindeste, was politische Verantwortung bedeutet, und das tun wir ganz intensiv.

Wir haben eine Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Jugendkriminalität als Sofortmaßnahme eingesetzt. Ja, und es gibt Schwerpunktaktionen, beispielsweise in Favoriten, beispielsweise am Reumannplatz, auch zuletzt am Montag dieser Woche. (Abg. Belakowitsch: Und die Medienvertreter waren auch dabei!) Ich habe nur eine Bitte dazu: Ich bin – das ist völlig richtig – nach dieser Schwerpunktaktion zur „Zeit im Bild 2“ gefahren, um auch vor der Öffentlichkeit Stellung zu beziehen.

Die Polizistinnen und Polizisten, das bitte ich Sie, Herr Abgeordneter, zur Kenntnis zu nehmen, haben dort weiter harte Arbeit geleistet, harte Arbeit im Kampf gegen die Kriminalität. Ich bitte Sie: Sie können mich kritisieren (Abg. Amesbauer: Wir kritisieren eh Sie! – weitere Zwischenrufe bei der FPÖ), Sie können mich heftig kritisieren, Sie können sagen, dass ich nichts kann, aber bitte lassen Sie die Polizei, die Polizistinnen und Polizisten, ihre Arbeit ordentlich tun. Das hat sich die Polizei nicht verdient. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Kickl: Sie sind derjenige, der den Polizisten den Rücken nicht freihält! – Ruf bei der ÖVP: Ruhe! – Abg. Kickl: Ja, da gibt es die Härte des Gesetzes, bei den Disziplinarverfahren! – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.)

Ich würde einfach darum bitten, dass wir, gerade vor dem Hintergrund der Abscheulichkeit der Verbrechen, die wir in den letzten Wochen gesehen haben, diese Debatte weiter seriös führen. (Abg. Belakowitsch: Ja dann setzen Sie sich nieder, weil Sie sind nicht seriös!) Das haben die Opfer am allermeisten verdient.

Faktum ist: Ja, es ist auch eine seriöse Debatte über das Thema Strafmündigkeit zu führen, und ich bekenne mich dazu, und es gibt einen Auftrag des Bundeskanzlers dazu, dass wir das tun. Wir schauen hierzu internationale Vergleiche an, und ich sehe das ganz genauso: Wenn ein Zwölf- oder 13-Jähriger etwas verbricht, dann muss es auch Konsequenzen geben. Das ist auch Aufgabe dieser Arbeitsgruppe, die wir eingesetzt haben, dass bei solch abscheulichen Verbrechen, die vorgefallen sind, diese Kinder, diese jungen Männer zur Verantwortung gezogen werden. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch. – Abg. Deimek: Nicht bei dieser Kuscheljustiz!)

Ich bitte einfach darum: Versuchen wir, meine Damen und Herren Abgeordneten, die Debatte weiter seriös zu führen. (Abg. Belakowitsch: Ja, dann sagen Sie nicht ...! – Abg. Michael Hammer: ... mit Kickl seiner Truppe!) Ich habe noch einen weiteren Vorschlag in die Diskussion eingebracht (Abg. Kickl: Na, wir werden ja morgen sehen, wer abstürzt!), zu dem es auch unterschiedliche Stellungnahmen gibt – das ist natürlich legitim in der parlamentarischen Diskussion –, nämlich wenn es darum geht, Waffenverbote und vor allem Messerverbote auf Plätzen auszusprechen. (Abg. Belakowitsch: Wie wollen Sie das exekutieren?) Wir haben derzeit Waffenverbotszonen in Österreich. Wir haben sie am Praterstern und in der angrenzenden Venediger Au. Wir haben sie in Innsbruck. Die Erfahrung der Polizisten zeigt, die Polizisten sagen: Es wäre sinnvoll, dass wir das flächendeckend in ganz Österreich einführen, damit wir Hieb- und Stichwaffen aus dem Verkehr ziehen.

Auch an dieser Stelle ein klares Wort: Es geht nicht darum, nach der Sonntagsmesse den Dorfplatz zu kontrollieren oder die Hegeringsitzung zu kontrollieren, wo wir die Jausenmesser oder den Knicker abnehmen. Es geht darum, gewalttätige Jugendbanden zu kontrollieren. Herr Abgeordneter Schnedlitz hat die Vorfälle skizziert: Jugendbanden, die sich gegenseitig mit Messern attackieren. Zwei Tage hintereinander hatten wir in Favoriten, am Reumannplatz, solche Vorfälle. Es geht darum, dass wir diese Messer aus dem Verkehr ziehen, und die Polizei sagt, es ist sinnvoll, diese Verbote auf ganz Österreich auszuweiten.

Das ist eine seriöse, vernünftige Diskussion, wie wir letztendlich die Situation verbessern können, ja, wie wir die Situation verbessern müssen. Wir können nach solchen Delikten, nach solchen abscheulichen Vorkommnissen nicht zur Tagesordnung übergehen.

Wir müssen als Verantwortliche – als Polizei, aber auch als Politik – ganz konkret bei Dingen, die wir schon eingeschlagen haben, wenn es notwendig ist, Kurskorrekturen vornehmen. Das ist das Thema Strafmündigkeit und das ist beispielsweise das Thema Messer- beziehungsweise Waffenverbot.

Um diese Diskussion ersuche ich, aber nicht um die Diskussion, sondern darum, dass wir ganz konkret in diese Richtung Schritte setzen. (Abg. Belakowitsch: Setzen Sie sie, Sie sind der zuständige Minister!) Wir müssen manche Plätze wieder sicherer machen. Wir müssen danach trachten – das ist unsere Verantwortung, unsere Aufgabe –, dass sich die Menschen an allen Plätzen in diesem Land sicher fühlen. Wir leben nach wie vor in einem der sichersten Länder dieser Welt, aber wir haben Herausforderungen, und die werden wir mit aller Vehemenz, mit aller Konsequenz annehmen und Jugendliche entwaffnen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP. Abg. Amesbauer: Die haben eh Waffenverbot!)

15.20

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Marchetti. – Bitte. Er kennt die Usance: 5 Minuten Redezeit.