10.48

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Herr Präsident! Hohes Haus! Im Gegensatz zu meiner Kollegin Prammer bin ich schon grundsätzlich der Meinung, dass man sich mit einem Volksbegehren an den Nationalrat wenden kann und auch seinen Unmut über eine Regierung äußern kann.

Ein Volksbegehren kann darauf abzielen, dass wir hier tätig werden und entsprechende Gesetze beschließen. Es gibt auch die Möglichkeit, dass man ein Volksbegehren initiiert und uns auffordern will, einen entsprechenden Misstrauensantrag gegen die Regierung oder den Bundeskanzler einzubringen. Also theoretisch kann man das ohne Weiteres machen, finde ich.

Die Frage bei Volksbegehren ist aus meiner Sicht immer, worauf sie abzielen und – zusätzlich – wie sie begründet werden. In diesem Fall ist insbesondere die Begründung ein wenig – sagen wir einmal – herausfordernd. Da werden Dinge angeführt, die ich so nicht sehe, die auch verfassungsrechtlich nicht nachvollziehbar sind. Es wird geschrieben, dass Bundeskanzler Nehammer nie zum Bundeskanzler gewählt wurde. – Der Bundeskanzler wird in Österreich nicht gewählt, er wird vom Bundespräsidenten ernannt.

Es wird auch geschrieben, dass es einen Bruch der Gewaltentrennung gab, weil Karl Nehammer für das Parlament kandidiert hat, hier Abgeordneter wurde und dann Bundeskanzler. – Ich muss kurz überlegen, aber ich glaube, es gab ganz wenige Bundeskanzler, die nicht zuerst ins Parlament gewählt wurden; das gab es auch schon, aber grundsätzlich ist die Idee dahinter: Parteien treten mit Spitzenkandidaten an, die werden ins Parlament gewählt und oft –oder meistens – danach auch Bundeskanzler. Insofern, glaube ich, wird da ein bisschen etwas durcheinander gebracht. Es wird auch darüber gesprochen, dass Bundeskanzler Nehammer das Vertrauen Russlands in Österreich verspielt hat. Jetzt bin ich der Meinung, es gibt Schlimmeres im Leben, als wenn man das Vertrauen von Wladimir Putin nicht mehr hat.

Es wird dann auch darüber gesprochen, dass es ganz falsch wäre, weil er gesagt hat, die Neutralität wurde Österreich aufgezwungen, und in Wirklichkeit haben wir das ja aus freien Stücken entschieden. Wenn man sich in dem Zusammenhang ein bisschen mit der Geschichte auseinandersetzt: Es war natürlich eine Bedingung der Sowjetunion, dass wir neutral sind, damit wir überhaupt unabhängig werden konnten. Jetzt kann man semantisch lange darüber diskutieren, ob es uns aufgezwungen wurde oder nicht. Es war jedenfalls eine Bedingung, und ich glaube, alle Historikerinnen und Historiker in Österreich sind sich dahin gehend einig.

Das ändert nichts daran, dass mein Vertrauen in Bundeskanzler Nehammer auch enden wollend beziehungsweise nicht vorhanden ist. Man kann andere Gründe dafür finden (Zwischenruf des Abg. Egger): wenn man, Kollege Egger, sich anschaut, wie zum Beispiel die Inflationsrate in Österreich ist, nämlich weitaus höher als im europäischen Durchschnitt (Abg. Egger: Zack, zack!); wenn man sich anschaut, was sich die ÖVP gemeinsam mit den Grünen überlegt hat, wie hoch die Steuer- und Abgabenquote in Österreich sein sollte. Im gemeinsamen Regierungsprogramm steht eine Steuer- und Abgabenquote von 40 Prozent, sie liegt weitaus höher, wie wir wissen. Das bedeutet, dass Sie, sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher, jedes Jahr 2 130 Euro mehr an Steuern bezahlen, als sich ÖVP und Grüne eigentlich vorgenommen haben, dass Sie zahlen sollten.

Ich glaube, es gibt viele Gründe, Bundeskanzler Nehammer diesbezüglich nicht zu vertrauen. Wenn man sich überlegt, dass die ÖVP seit 37 Jahren in der Bundesregierung ist und immer wieder Versprechungen macht, sich aber nie daran hält, dann würde ich Ihnen raten, auch in Zukunft nicht den Versprechungen zu glauben, die Nehammer oder andere ÖVP-Proponenten Ihnen jetzt geben. (Beifall bei den NEOS.)

10.51

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Berlakovich. – Bitte.