9.08

Abgeordneter Dr. Christian Stocker (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren, die diese Sitzung hier im Saal oder von zu Hause aus verfolgen! Hohes Haus! Seit mehreren Wochen erschüttert ein Spionageskandal dieses Land, der einerseits ein Kriminalfall ist, aber natürlich auch eine politische Dimension hat. Im Mittelpunkt steht die Sicherheit unseres Landes, der Republik Österreich. Es sollte allen Fraktionen hier im Haus ein Anliegen sein, diese Sicherheit zu gewährleisten, insbesondere, weil diese Sicherheit in einem höheren Ausmaß als in der Vergangenheit bedroht ist.

Wir sehen das an der geopolitischen Lage im Nahen Osten, in der Ukraine oder auch an den vielen Krisenherden auf der Welt; auch die Terrorgefahr ist gestiegen. Daher ist es für uns äußerst wichtig, einen funktionierenden Staatsschutz und Nachrichtendienst zu haben.

Wir wissen, dass unter Herbert Kickl als Innenminister der Staatsschutz und der Schutz vor Terrorismus zerstört wurde. Wir haben unter Innenminister Nehammer und Innenminister Karner einen neuen Staatsschutz aufbauen müssen, weil es durch haltlose Vorwürfe und Verdächtigungen, durch eine rechtswidrige Razzia und letztlich auch durch den Vertrauensverlust der ausländischen Dienste notwendig wurde, dessen Funktionsfähigkeit wiederherzustellen.

Heute wissen wir, dahinter steht ein Netzwerk – ein Netzwerk rund um den mutmaßlichen Spion Egisto Ott, der auch in Verdacht steht, Ihnen, sehr geehrter Herr Kickl, die Grundlagen für die Zerstörung des BVT geliefert zu haben. (Zwischenruf des Abg. Michael Hammer. – Abg. Amesbauer: Der war noch gar nicht Minister! – Abg. Kickl: So ein Schmarren!)

Wir wissen, dass hier auch Verbindungen zu Jan Marsalek bestehen (Abg. Kickl: Den kennt der Herr hinter Ihnen besser!) und dieses Netzwerk auch Verbindungen – und zwar durchaus enge Verbindungen – in die FPÖ hat. (Abg. Kickl: Wenn Sie Marsalek sagen, dann sagen Sie Sobotka!) – Wenn ich Marsalek sage, dann sage ich, dass der in Ihrem Innenministerium aus- und ein gegangen ist und dass er - - (Abg. Wurm: Stocker, das hilft euch ja alles nichts! – Abg. Michael Hammer: Staatsverräter Nummer eins!)

Sie haben ihn ja nicht getroffen im Innenministerium, aber besuchen durfte er das Innenministerium schon. (Abg. Kickl: Jahre vorher! Regelmäßig! Jahre vorher regelmäßig! Ihren Herrn Takacs hat er besucht!) Ihrem Sicherheitssprecher und Abgeordneten hat Herr Jan Marsalek einen Job angeboten. Sie können sich da nicht einfach so hinauswinden. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Verantwortung übernehmen war noch nie Ihre Stärke, Herr Kickl. Sie haben als Innenminister versagt und keine Verantwortung übernommen und Sie haben es auch als Oppositionsführer nicht getan. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Wurm: Ja, freilich! – Abg. Michael Hammer: Staatsfeind Nummer eins! – Abg. Kickl: Übrigens, wo ist denn Ihr Klubobmann?)

Den Kriminalfall wird die Justiz klären, aber die politischen Verbindungen, die werden wir hier diskutieren. (Abg. Wurm: Ihr schadet euch nur selber! Ihr macht euch selber kaputt! Siehe Innsbruck, 10 Prozent! – Ruf bei der ÖVP: Ihr habt gewonnen! – Abg. Wurm: 10-Prozent-Partei in Innsbruck! Als ÖVP 10 Prozent!) Sie haben von sich selbst gesagt, niemand kennt Sie wirklich, außer Ihrer Familie. (Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) Ich sage Ihnen: Das ist eines der wenigen Dinge – ich glaube, das Einzige –, das ich Ihnen glaube. Es kennt Sie wirklich niemand. Das ist durchaus bemerkenswert für jemanden, der seit Jahrzehnten am politischen Parkett unterwegs ist, der Verantwortung in vielen Funktionen getragen hat, den aber niemand kennt. (Abg. Schnedlitz: Deshalb wollte die Kanzlergattin unbedingt für ich arbeiten!) Den wahren Herbert Kickl kennt niemand. Das glaube ich Ihnen.

Wir werden aber dazu beitragen, dass der Wähler Sie kennenlernt, nämlich wie Sie wirklich sind. (Abg. Kickl: Ich glaube, er wird Sie kennenlernen, Herr Stocker!) Sie wollen ein Volkskanzler sein, haben aber Verbindungen zu den Volksverrätern. (Abg. Amesbauer: He, was ist los? – Abg. Krainer: Ordnungsruf?!) Sie werden die Frage beantworten müssen, ob Sie involviert, informiert oder in irgendeiner Weise beteiligt waren.

Ich sage Ihnen auch: Diese Ahnungslosigkeit, die Sie jetzt vorspielen, glaubt Ihnen doch niemand. Sie haben gesagt, niemand kennt Sie. Sie kennen auch niemanden. (Abg. Kickl: Ich habe gesagt, dass Ihre Frau Edtstadler mich nicht kennt, was ja auch stimmt!) Egisto Ott: nie gehört, nie gekannt, nie gesehen. Während Sie Innenminister waren, war der im BVT suspendiert, aber das hat Ihnen ja niemand erzählt. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Sie wollen, dass Ihre Vorgänger und Nachfolger den Lebenslauf vom Portier bis zum Sektionschef, die Dienstbeschreibung vom Streifenpolizisten bis zum General kennen. (Abg. Kickl: Die kennen Sie? Sie kennen vor allem die politischen Einfärbungen von jedem Einzelnen!) – Sie haben keine Ahnung in Ihrem Ministerium.

Ich sage Ihnen noch etwas: Hans-Jörg Jenewein ist nicht Ihre rechte Hand. Wenn ich anschaue, was ihm vorgeworfen wird, möglicherweise Ihre linke Hand. (Zwischenruf des Abg. Deimek.) Ich habe sogar in der Kartei nachschauen müssen, dass das Ihr Abgeordneter, Ihr Sicherheitssprecher war.

Der Nächste ist Christian Hafenecker, Ihr Generalsekretär, Frau Belakowitsch, stellvertretende Klubobfrau, und dann noch Frau N., Ihre Kabinettsmitarbeiterin. Weil Sie nicht so genau wissen, wie Sie das alles einordnen sollen und können, habe ich Ihnen ein Taferl mitgebracht. (Der Redner stellt eine Tafel mit dem Titel „FPÖ-Russland-Affäre“ und den Bildern der Abgeordneten Kickl, Hafenecker und Belakowitsch sowie von Elke N., Egisto Ott und Hans-Jörg Jenewein auf das Redner:innenpult, wobei Verbindungspfeile zwischen den abgebildeten Personen verlaufen. – Heiterkeit bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Kickl: Ah, das nächste Taferl! – Abg. Belakowitsch: Oh mein Gott! Ist das alles? – Abg. Wurm: Na Sdorowje!)

Ja. Da können Sie sehen, wie das alles zusammenhängt und es können nicht nur Sie sehen, sondern es können jetzt auch die Menschen in diesem Land sehen, damit sie den wahren Herbert Kickl kennenlernen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Nun ist es nicht nur so, dass diese Verbindungen hier öffentlich und dargelegt werden (Abg. Deimek: Haben Sie schon bemerkt, dass die Leute über Sie lachen?), sondern es gibt ja auch Chats, die publik werden und die Ihnen sehr unangenehm sind, das verstehe ich schon, die aber auch das darlegen, was Sie und Ihre Partei in diesem Land in Wahrheit wirklich wollen. (Abg. Schnedlitz: Genau dort wollte die Frau Nehammer arbeiten, unbedingt!)

Diese Chats stammen von Ihrem ehemaligen Sicherheitssprecher und Abgeordneten (Abg. Belakowitsch: Woher haben Sie denn die überhaupt?), der in Kontakt mit dem mutmaßlichen Spion Egisto Ott ist, den Sie natürlich nicht kennen. (Abg. Kickl: Ja, natürlich nicht!) Sie haben auch mit all dem natürlich nichts zu tun. (Abg. Michael Hammer: Er grinst nur blöd!) Weil wie könnte man das meinen? Sie waren ja nur Innenminister, Sie sind ja nur Chef der FPÖ, Sie haben keinen Bezug zu Russland, aber einen Vertrag mit den Freunden in Russland. (Abg. Kassegger: Jetzt sagt er das zum 15. Mal!) – Ja, das sagen wir noch öfter (Abg. Kassegger: Längst aufgelöst! – Abg. Kickl: Ich habe ihn nicht abgeschlossen, ich habe ihn gekündigt! – Abg. Kassegger: Zum 15. Mal die Unwahrheit!), weil die Menschen das wissen müssen, damit sie den wahren Herbert Kickl kennenlernen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Was sagt denn Herr Jenewein in diesen Chats? – „Du, ich muss mir am Montag noch das Okay für die 50 holen. Sobald ich das hab, bitte starten.“ (Zwischenruf des Abg. Michael Hammer.) „Endpreis bekommen wir aber erst“, sagt Egisto Ott.„Ich habe jetzt mal mit 50 kalkuliert.“ – Ich bin sicher, Sie haben davon keine Ahnung. Sie wissen nichts davon, Sie können sich gar nicht vorstellen, was damit gemeint sein kann. (Abg. Reifenberger: Doch, das Ibizavideo! – Heiterkeit bei ÖVP und FPÖ. – Abg. Michael Hammer: Guter Zwischenruf!) – Ja, die Märchenstunde erzählen Sie dann ein anderes Mal; Ibizavideo. (Heiterkeit des Redners.)

Beim Ibizavideo, das brauchen Sie nicht zu kaufen, da waren Sie doch dabei. Wer soll denn das glauben, bitte? Das Video, das ist doch - - (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.) Da waren doch Sie die Protagonisten. Jetzt wollen Sie es kaufen – was Sie selber gesagt haben. Aber: Ahnungslosigkeit hat mittlerweile auch einen Namen. (Abg. Kickl: Na na, aber ...! Das zeigt, wie Sie denken! Legen Sie Ihr Denken und Ihr Betriebssystem offen!)

Der nächste Chat, Extraktionsbericht Kloibmüller, vom Handy, an Ihre stellvertretende Klubobfrau. – Ah, ja, haben eh nichts damit gemacht. Ist ja anonym zugespielt worden. Ja, natürlich, keine Ahnung von nichts. Gleichzeitig hat das auch Ihre Kabinettsmitarbeiterin, aber mit der werden Sie ja auch nicht geredet haben, denn sonst wäre das alles nicht erklärbar. Das heißt, das alles, was hier von Ihnen und von der FPÖ geboten wird, zeigt uns eines: Die FPÖ ist in Wirklichkeit der Russlandtrojaner in Österreich. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Michael Hammer: Genau!)

Ich sage, der Russlandtrojaner. Da wird man sich noch darüber unterhalten müssen: Ist das ein trojanisches Pferd oder doch ein trojanischer Esel? So genau weiß ich das noch nicht (Abg. Kickl: Ihre Verbindungen reichen bis zum Sputnik-Impfstoff!), aber vielleicht wird sich auch das aufklären lassen. Die Verbindungen zwischen diesem Netzwerk und der FPÖ sind offenkundig geworden, und das werden wir auch aufklären. (Heiterkeit des Abg. Wurm.)

Nur eines sage ich Ihnen auch: Wenn Sie sich jetzt für einen Untersuchungsausschuss starkmachen - - (Abg. Kickl: Ja, das ist Ihnen unangenehm! –Abg. Belakowitsch: Das wollen Sie nicht! – Abg. Kickl: Das glaube ich, dass Sie das nicht wollen!) – Nein, gar nicht, gar nicht. Es gibt ja schon einen. (Abg. Kickl: Der Herr Peterlik, das wird ganz interessant! Oder der Herr Spindelegger, das wird ganz interessant werden!) Es gibt ja den Rot-blauer Machtmissbrauch-Ausschuss. Sie werden ja Gelegenheit haben, dort Rede und Antwort zu stehen. Sie müssen gar nicht auf die nächste Periode warten. (Zwischenrufe bei der FPÖ. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen. – Abg. Kickl: Spindelegger, Peterlik, das wird ganz interessant für Sie werden!) Sie können in diesem Untersuchungsausschuss das alles aufklären, was hier an Fragen aufgeworfen wurde. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich sage Ihnen: Der neue Staatsschutz und der neue Nachrichtendienst (Abg. Kickl: Peterlik, ÖVP-Hochadel!), der jetzt funktioniert – Gott sei Dank, nachdem Sie alles dazu getan haben, dass dieser Schutz verloren gegangen ist –, verdient unser Vertrauen. (Abg. Deimek: Funktioniert so, wie sich die ÖVP das vorstellt!)

Er verdient auch die Ermittlungsmöglichkeiten, um wirksam zu sein, und verdient jede Unterstützung dieses Hauses. Ein funktionierender Staatsschutz ist auch ein Schutz vor Terror. Die Sicherheit in diesem Land ist bei der Volkspartei in besten Händen. (Beifall bei der ÖVP. – Oh-Rufe bei der FPÖ.)

Für die Sicherheit in diesem Land – sowie für überhaupt keine Aufgabe in diesem Land – braucht es die FPÖ nicht, insbesondere braucht es auch nicht Sie, sehr geehrter Herr Kickl. Wir haben zwei Sicherheitsminister und einen Bundeskanzler, die dafür sorgen, dass die Sicherheit weiter gewährleistet bleibt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Michael Hammer: Bravo!)

9.18

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist der Herr Innenminister. Ich darf ihm das Wort erteilen. (Abg. Kickl: ÖVP kämpft um den Fortbestand des tiefen Staates! – Ruf bei der ÖVP: Ja, genau! – Abg. Michael Hammer: Alles wird gut, Herbert! Der Volksverräter Nummer eins! – Der Präsident gibt das Glockenzeichen.)