14.53

Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie Leonore Gewessler, BA: Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Nationalratsabgeordnete! Werte Zuseherinnen und Zuseher hier im Haus, aber natürlich auch zu Hause vor den Bildschirmen! Sie wissen, das Thema Verkehrssicherheit hat mich, hat dieses Hohe Haus in den letzten Jahren intensiv beschäftigt! Wir haben dazu umfangreiche Punkte erarbeitet und auch beschlossen: von den Maßnahmen gegen extreme Raser über die neuen strengen Regelungen gegen illegale Fahrzeugumbauten bis hin zur Beschlagnahme des Autos bei wirklich extremen und wiederholten Geschwindigkeitsübertretungen. All diese Dinge sind in Kraft und sie wirken – und das ist gut.

Heute wollen wir uns aber dem Thema sichere Straße in unserem Land nochmals widmen, und ich möchte Sie dazu ganz kurz auf eine Reise mitnehmen: Stellen Sie sich vor – eine ganz typische Situation in unserem Land, in meiner Heimatgemeinde, in vielen anderen Heimatgemeinden –, Sie wohnen mit Ihrer Familie in einem kleinen Ort. In Gehweite der Wohnung liegt die Schule, in die das Kind geht, zwei, drei Straßen weiter das Freizeitzentrum, im Winter der Eislaufplatz, im Sommer das Freibad. In der anderen Richtung liegt der Supermarkt, eigentlich auch nicht weit mit dem Rad, die ideale Distanz zum Einkaufen gehen. – Aber: Sie haben ein mulmiges Gefühl, Sie haben ein ungutes Gefühl dabei, Ihr Kind alleine in die Schule gehen zu lassen oder mit dem Rad fahren zu lassen. Und die Einkäufe im Supermarkt mit dem Rad sind auch nicht so lustig, wenn man mitten im tosenden Verkehr fährt.

Viele Menschen in unseren Gemeinden und in unseren Städten erleben das und spüren das. Sie sehen, dass zu viel und zu schneller Verkehr Lebensqualität einschränkt, dass es laut ist, dass es dreckig ist, dass es gefährlich ist. Das zeigt sich auch in den Unfallzahlen: Wir haben in Österreich im Schnitt alle 20 Minuten einen Menschen, der im Ortsgebiet im Verkehr verletzt wird, zu verzeichnen, so eine Analyse des VCÖ auf Basis der Daten der Statistik Austria.

Das heißt, wir müssen alles daransetzen, die Straßen in unserem Land, in den Orten, in den Gemeinden sicherer zu machen, lebenswerter zu machen. Und die beste Antwort darauf, und davon bin ich überzeugt, haben die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, die Gemeindevertreterinnen und ‑vertreter vor Ort. Sie wünschen sich genau das, was wir heute hier machen, nämlich vor sensiblen Gebieten in ihren Orten ein geringeres Tempo (Abg. Lausch: Das gibt es ja eh schon!); zum Beispiel von Tempo 50 auf 30 vor dem Kinderspielplatz. Das ist eine der wirksamsten Maßnahmen, um die Zahl der Unfälle zu reduzieren, den Dreck in der Luft zu reduzieren, den Verkehrslärm zu minimieren.

Für viele Gemeinden – und deswegen bringen wir heute auch diese Novelle auf den Weg, das war ja der Anlass für diese Novelle – ist das aber eine große Herausforderung: Sie müssen bei der Behörde nachweisen, dass die Temporeduktion in dem Bereich erforderlich ist. Sie können sich vorstellen, dass das gar nicht so leicht ist. Dafür braucht es Gutachten, Untersuchungen, und vor allem muss man die Frage beantworten, was denn überhaupt erforderlich ist. Das ist jetzt der Status quo, weshalb eben 300 Gemeinden gemeinsam mit dem VCÖ und dem Städtebund gefordert haben, dass wir das mit Tempo 30 leichter machen – und genau das tun wir mit der heutigen Novelle. (Beifall bei den Grünen.)

Gerade die Vertreterinnen und Vertreter von Städten und Gemeinden, die täglich vor Ort im Einsatz sind, wissen, wo Temporeduktionen sinnvoll sind. In schutzwürdigen Gebieten fällt in Zukunft der Nachweis des Erfordernisses vollständig weg. Künftig reicht es also wirklich, wenn die Straße für eine Temporeduktion geeignet ist, wenn das Erfordernis gegeben ist. Das gilt vor Schulen wie vor Senior:innenheimen, aber auch vor Spielplätzen, Freizeiteinrichtungen, Kindergärten. Auch im gesamten Ortsgebiet wird der Prozess für eine Temporeduktion entbürokratisiert und vereinfacht.

Ich sage Ihnen, ich war in den letzten Jahren viel in unserem Land unterwegs. Ganz egal ob es in Oberösterreich oder in Kärnten war: Man wird von Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern, von Anrainerinnen und Anrainern, von geplagten Menschen, die das Thema angeht, immer wieder darauf angesprochen, und der gemeinsame Tenor dabei ist: Lasst uns bitte selbst entscheiden, wir wissen, wo das gut passt! – Mir war das ein Anliegen, dass wir diese Anregung rasch umsetzen, und das tun wir heute. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wir kommen mit dieser Novelle auch einer weiteren Forderung, einem weiteren Anliegen der Gemeinden nach, nämlich: mehr Handhabe bei Kontrolle der Tempolimits auf Gemeindestraßen. Auch da gilt: Die Gemeinde weiß, wo besonders problematische Stellen sind, wo es immer wieder zu Überschreitungen kommt, und kennt deswegen auch die Problemstellen vor Ort am besten. Und die Novelle ermöglicht es nun den Ländern, per Verordnung die Verantwortung für den Bereich der Radarkontrollen an die Gemeinde zu übertragen. (Präsident Sobotka übernimmt den Vorsitz.)

Mit 1. Juli treten diese Neuerungen in Kraft. Mit diesen Neuerungen können die Gemeinden schneller und einfacher reagieren. Ich möchte an dieser Stelle wirklich allen Gemeinden, allen Gemeindevertreterinnen und ‑vertretern, Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern ein herzliches Danke dafür sagen, dass sie sich für diese Novelle eingesetzt haben, und zwar quer durch Österreich und parteiübergreifend. Da waren ÖVP-Vertreter, ‑Vertreterinnen dabei, auch jene von SPÖ, Grünen und NEOS und ja, da waren auch FPÖ-Vertreter, ‑Vertreterinnen dabei.

Ein Appell an Sie alle: Hören Sie auf Ihre Gemeindevertreterinnen und Gemeindevertreter, die wissen, wo man es am besten braucht. In diesem Sinn bitte ich Sie wirklich, im Sinne der Menschen in unserem Land um Zustimmung zu dieser Novelle. – Herzlichen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.58

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich unterbreche die Sitzung bis 15 Uhr, bis wir zum Aufruf des Dringlichen Antrages kommen.