10.14
Abgeordneter Mag. Markus Koza (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Wieso zahlen in Österreich Milliardäre weniger Steuern als Menschen, die arbeiten gehen, Herr Bundeskanzler?“ – So lautet die Frage der SPÖ, die sie anlässlich der Aktuellen Stunde stellt. Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Antwort ist einfach ganz simpel: weil die SPÖ gemeinsam mit der ÖVP im Jahr 1993 die Vermögensteuer abgeschafft hat. (Beifall bei den Grünen.)
Das ist richtig. Sie hat 1993 unter einem Bundeskanzler Vranitzky und einem Finanzminister Lacina nicht nur die Vermögensteuer abgeschafft, sie hat auch die Privatstiftungen, die steuerlich privilegiert sind, eingeführt – Privatstiftungen, die insbesondere dazu gedient haben, deutsches Vermögen, deutsches Kapital mit dem Versprechen, dass es hier steuerschonend angelegt werden darf, nach Österreich zu ziehen. Das ist damals gefeiert worden, selbstverständlich unter großem Protest aus Deutschland.
Und nicht nur, dass die Vermögensteuer abgeschafft worden ist und die Privatstiftungen eingeführt worden sind, es ist auch noch das sogenannte Endbesteuerungsgesetz von SPÖ und ÖVP mit Zweidrittelmehrheit eingeführt worden, was es mehr oder weniger vollkommen verunmöglicht, weil wir eine Zweidrittelmehrheit brauchen, eine allgemeine Vermögenssteuer auf große Finanzvermögen einzuführen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das sind leider aktuell die Fakten, und das weiß natürlich auch die SPÖ. (Abg. Herr: Das war 1994!) Das Problem ist: Ich kann mich halt leider daran erinnern, weil ich alt genug dafür bin, wie das damals war. (Abg. Leichtfried: ... das einzig Richtige ...!)
Nichtsdestotrotz ist es aber natürlich vollkommen richtig, wenn die SPÖ, die Arbeiterkammer, der ÖGB, wir und andere auch eine höhere Besteuerung von Vermögen fordern. Wir sind da auch in bester Gesellschaft mit der OECD, mit der Europäischen Kommission, mit dem Währungsfonds, mit der Weltbank, die nämlich sehr intelligente Ideen haben, wenn sie über unsere Steuerstruktur sprechen und Steuerstrukturreformen vorschlagen. Die sagen nämlich: Senkt doch bitte die Steuern auf Arbeit und erhöht im Gegenzug die Steuern auf Umweltverbrauch und auf Vermögen! Das sind sehr sinnvolle Ideen von Organisationen, die wirklich weder Linksaußen, noch besonders marxistisch oder sonst etwas, sondern einfach sehr vernünftig sind. (Beifall bei den Grünen.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Den ersten Schritt haben wir ja bereits mit der ökosozialen Steuerreform gesetzt, nämlich die Ökologisierung des Steuersystems mit dem CO2-Preis und mit dem Klimabonus, der einen sozialen Ausgleich schafft. Jetzt müssen einfach in den kommenden Jahren die nächsten Schritte zu einer vernünftigen Steuerstrukturreform gesetzt werden, nämlich in Richtung von vermögensbezogenen Steuern. Trotz Endbesteuerungsgesetz können wir natürlich im Bereich der vermögensbezogenen Steuern schon einiges machen, und das sollten wir auch tun. Das ist nicht nur eine Frage der Steuergerechtigkeit, sondern auch eine Frage der Leistungsfähigkeit, dass nämlich diejenigen, die die breitesten Schultern haben, auch diejenigen sein sollten, die die größte Last tragen. Vermögenssteuern sind auch konjunkturpolitisch relativ sinnvoll (Abg. Hörl: Reiner Kommunismus!), weil sie die geringsten negativen Auswirkungen auf die Konjunktur, auf die Nachfrage haben.
Vor allem werden uns von OECD, von Weltbank und so weiter immer wieder Erbschafts- und Schenkungssteuern empfohlen, weil die nämlich laut OECD die Vermögenskonzentration verringern, zu mehr Chancengerechtigkeit führen – man höre und staune! – und leichter und effizienter einzuheben sind als andere Vermögenssteuern. Darum gibt es von uns Grünen auch ein ganz klares Bekenntnis zu sozial gerechten und fairen Erbschaftssteuern auf Millionenvermögen. (Beifall bei den Grünen.)
Wenn man sich das anschaut: In Deutschland beispielsweise brachte die Erbschaftssteuer im Jahr 2022 insgesamt 11 Milliarden Euro ein. Wenn man das auf Österreich herunterbricht, zeigt sich: Wir hätten hier ein Potenzial von circa 1 Milliarde Euro. Das könnte man wunderbar verwenden, einerseits um Arbeit weiter zu entlasten, aber andererseits auch um Gelder für Pflege und Klimaschutz zu bekommen.
Reden wir aber nicht nur über Vermögen an sich, reden wir bitte auch über Vermögenseinkünfte, reden wir über Kapitaleinkünfte: Hier herinnen wird immer wieder darüber gesprochen, dass man doch bitte die Lohnnebenkosten senken sollte. – Ja, wir waren immer offen für eine sinnvolle Debatte darüber, dass wir Arbeit entlasten, wenn die Gegenfinanzierung passt und wenn es auch gescheite Maßnahmen sind. Eine Möglichkeit wäre doch zum Beispiel: Warum finanzieren wir unsere Krankenversicherungen nur aus Lohn- und Arbeitseinkommen? Warum verbreitern wir da nicht die Grundlage, die Bemessungsgrundlage, und ziehen auch Einkommen aus Vermietung, aus Verpachtung, Zinseinkommen, Dividendeneinkommen zur Finanzierung unseres Krankenversicherungssystems heran? Diese sind in Wirklichkeit gegenüber Lohneinkommen steuerlich privilegiert, und es wäre nur ein Akt der Fairness, der Gerechtigkeit und für die stabile Finanzierung unserer Gesundheitssysteme. (Beifall bei den Grünen.)
Zuletzt, weil so viel vom Thema Bodenverbrauch die Rede ist: Mit einer ordentlichen, gescheiten, sinnvollen Bodenverbrauchsabgabe könnten wir zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Diese hat nämlich einen ökologischen Aspekt und einen Vermögensaspekt (Abg. Schroll – in Richtung ÖVP weisend –: Da drüben ist der Regierungspartner!), weil dann nämlich in Wirklichkeit diejenigen, die viel versiegeln, die viel Fläche versiegeln, die viel Grünraum nehmen, sich klimaschädlich verhalten, eine entsprechend höhere Steuer zahlen und andererseits diejenigen, die beispielsweise entsiegeln, dann auch einen entsprechenden Bonus bekommen. (Abg. Schroll – in Richtung ÖVP weisend –: Da drüben sind sie!) Dafür gibt es Beispiele, dafür gibt es auch Modelle, dazu gibt es Studien, das hat beispielsweise die TU vor Kurzem berechnet. Das ist sehr sinnvoll, das kann man sich anschauen, das ist eine wunderbare Kombination von ökologischer Frage und Verteilungsfrage.
Zum Schluss: Trotz Endbesteuerungsgesetz haben wir Handlungsspielräume für vermögensbezogene Steuern, und diese Spielräume gilt es auch zu nutzen, nämlich im Sinne der Steuergerechtigkeit, im Sinne der Chancengerechtigkeit und im Sinne von mehr Fairness in unserem Steuersystem. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)
10.19
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Loacker. – Bitte sehr.