11.04

Mitglied des Europäischen Parlaments Thomas Waitz (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Liebe Bürger und Bürgerinnen! Ich habe mir heute vorgenommen, ein wenig zu dekonstruieren, nämlich das Auseinander­klaffen dessen, was die FPÖ hier in Österreich so sagt und was sie im EU-Parla­ment so tut, aufzuzeigen.

Es ist ja bereits ausreichend diskutiert worden, dass Sie die Europäische Union in der derzeitigen Form zerstören wollen. Das schreiben Sie auch auf Ihr Plakat. Sie sagen, Sie wollen die EU stoppen. Was wollen Sie denn da stoppen? (Abg. Amesbauer: „EU-Wahnsinn“! Können Sie lesen?) Und für wen tun Sie das? – Wenn man sich die geostrategischen Verhältnisse einmal ansieht, tun Sie Ihrem angeblichen Freund Putin einen großen Gefallen damit, die Europäische Union zu schwächen. Sie behaupten allerdings hier in Österreich, Sie würden das Interesse der Österreicherinnen und Österreicher vertreten. Na, feste Patrioten seid ihr mir: österreichische Interessen an Putins Russland zu verkaufen – ich applaudiere, bravo! (Beifall bei den Grünen.)

Wie aber stimmen Sie denn im Europäischen Parlament tatsächlich ab? Als wir uns mit dem Einfluss Russlands auf die europäische Demokratie beschäftigt haben und diesen zurückweisen wollten und Maßnahmen dagegen unternehmen wollten, haben Sie dagegengestimmt, ganz im Gegensatz zu dem, was Sie hier sagen. Als es darum gegangen ist, dass es vielleicht seltsam ist, dass Ihre Kollegin Le Pen Geld von Putins Russland bekommt, dort Kredite hat, und ob das einen Einfluss auf ihre Entscheidungsfähigkeit ausübt, auch da haben Sie dagegen­gestimmt.

Ich möchte aber ein paar andere Themen aufgreifen, weil Kollege Vilimsky dankenswerterweise die Landwirtschaft erwähnt hat:

Was tun Sie eigentlich in Brüssel? – Sie verraten die Interessen der österreichi­schen Landwirtschaft, der österreichischen Bäuerinnen und Bauern. Als es um das Recht von Bauern, Saatgut weiterzugeben, und zwar jenes, das sie selbst produziert haben, also um die Freiheit der Landwirtschaft ging, da haben Sie gegen die Saatgutverordnung gestimmt, damit nur mehr die vier großen Konzerne den Saatgutmarkt kontrollieren können. Für diese haben Sie gestimmt, für die Bayers, BASFs und Monsantos dieser Welt – danke Ihnen! –, gegen die Freiheit der Landwirtinnen und Landwirte, Saatgut weiterzugeben. (Beifall bei den Grünen.)

Oder als es um die Gentechnikfreiheit Österreichs, die gerade angegriffen wird – das Recht Österreichs, gentechnikfrei zu produzieren und es auch als solches zu bezeichnen –, ging: Auch da haben Sie dagegengestimmt, gegen die sogenannte Opt-out-Regelung, dass Österreich weiterhin seine Produkte gentechnikfrei produzieren darf.

Das ist genau das Gegenteil von dem, was Sie hier in Reden behaupten und was Sie auf Plakate schreiben. Ich kann die Bürger und Bürgerinnen nur dazu aufrufen: Glauben Sie nicht, was man Ihnen vor einer Wahl erzählt – das gilt für alle Parteien –, sondern schauen Sie, was mit Ihren Stimmen im Europäischen Parlament tatsächlich getan wird! Das kann ich Ihnen nur empfehlen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kickl: Waffen statt -stillstand!)

Um noch ein bisschen weiterzugehen bei diesem Thema Österreichs Land­wirt­schaft: Österreichs Bäuerinnen und Bauern haben ein Problem mit der Konkur­renz aus der industriellen Landwirtschaft, aus der Massentierhaltung. (Abg. Kickl: Was wird denn dann sein, wenn die Ukraine kommt? – Zwischenruf des Abg. Amesbauer.) Die gute Form der Tierhaltung, die es in Österreich gibt – auch dagegen haben Sie gestimmt. Sie haben dagegengestimmt, dass künftig Förde­rungen für Massentierhaltungsbetriebe gekürzt werden, und damit sind Sie mitverantwortlich für den Rückgang der Anzahl an landwirtschaftlichen Betrie­ben, die wir in Österreich haben. Sie verraten die Interessen der österreichischen Landwirtschaft jeden Tag aufs Neue.

Und Mercosur, das Sie auch so gerne in den Mund nehmen: Na, haben Sie zugestimmt, gegen Mercosur aufzutreten? – Haben Sie nicht, überraschenderweise. (Abg. Hörl: Hört! Hört!) Sie haben sich enthalten, Kollege Vilimsky. Ja, da sehen wir einmal, was Sie tatsächlich tun und was Sie draußen behaupten (Abg. Steger: Wir haben einen ... eingebracht ...!), und damit gefährden Sie den Zusammenhalt in der Europäischen Union. Sie gefährden den Zusammenhalt innerhalb Österreichs. Sie gefährden die demokratischen Grundprinzipien innerhalb der Europäischen Union und in Österreich, und damit gefährden Sie den Wohlstand, den Frieden und die Sicherheit Österreichs.

Es ist zum Fremdschämen, mir Ihre Reden im Parlament anhören zu müssen (Abg. Kickl: Wirklich?), wo wirklich Wahnsinn auftaucht. In unserem Europäischen Parlament suchen wir über alle demokratischen Unterschiede hinweg den Kompromiss – wo Sie übrigens höchst selten dann dabei sind, wenn es um die eigentliche Arbeit geht. Sie sind immer nur da, wenn es ums Große-Reden-Schwingen geht (Abg. Amesbauer: Wie geht’s eigentlich Frau Schilling?), ja, dann sind Sie da, aber wenn es ums Gesetzemachen geht, dann fehlt die FPÖ immer. (Beifall bei den Grünen.) Na klar, wieso soll ich in einer Institution, die ich ohnehin zerstören möchte, mitarbeiten?

Wahnsinn tritt wirklich zutage, wenn Ihre Abgeordneten von der ID, von der FPÖ, von der AfD vorne ans Podium gehen. Dazu kann ich Ihnen zahlreiche Kameraeinstellungen des Europäischen Parlaments empfehlen.

Also ich kann nur an die Bürger und Bürgerinnen appellieren: Bitte schauen Sie sich an, was diese Leute, die Ihnen hier in Österreich ein A erzählen, dann im Europäischen Parlament machen, wie sie tagtäglich die Interessen von Öster­reichs Wirtschaft, von Österreichs Landwirtschaft, der Demokratie in Österreich verraten – jeden Tag aufs Neue; nicht nur an den Herrn Putin, auch an China und an andere Mächte dieser Welt!

Sie sollten sich schämen dafür! Ich finde, Sie sollten sich schämen dafür. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Amesbauer: Schwache Rede, wirklich!)

Es geht nicht darum: Stoppt den EU-Wahnsinn!, sondern mir geht es darum: Stoppt den FPÖ-Wahnsinn im Europäischen Parlament! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kickl: Euch geht’s jetzt um den Erhalt von Schilling!)

11.10

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Helmut Brandstätter. – Bitte, Herr Abgeordneter.