13.28

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident Rousopoulos! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Es freut mich, dass Sie auch dieser Debatte folgen.

Herr Präsident! Ich muss Ihnen einmal ein Lob aussprechen. Ich bin der Debatte jetzt aufmerksam gefolgt und Sie waren der erste oder eigentlich der einzige Redner, der an die Präambel gedacht hat, die vor 75 Jahren an den Beginn der Satzung des Europarates gestellt wurde, in der nämlich festgehalten ist, dass es ein Friedensprojekt ist. Niemand sonst hier – mit Ausnahme von Kollegin Bayr jetzt in ihrem letzten Satz – hat erwähnt, dass der Europarat an sich zur Festi­gung des Friedens, als Friedensprojekt – mithilfe der demokratischen, rechts­staatlichen Mittel, der Menschenrechte und so weiter und so fort – gegründet wurde.

Ich habe das Gefühl, dass in den letzten Jahren und Jahrzehnten dieser Friedens­gedanke zunehmend verloren geht. Wenn ich Diskussionen hier im Parlament oder auch im Europarat höre, dann habe ich den Eindruck, es herrscht schon eine Friedensmüdigkeit und niemand kämpft mehr wirklich für den Frieden, obwohl immer mehr Krieg auf unserem europäischen Boden stattfindet. Es ist ja nicht nur der Russlandkonflikt – ich möchte diesen nicht relativieren; jeder weiß, wer dort die Verantwortung zu tragen hat, und vieles andere mehr.

Wir haben aber nach wie vor auch ein Mitgliedsland wie die Türkei, die in benachbarten Regionen ungeniert Krieg führt, aber auch im Inland eine sehr große Minderheit, die Kurden, mit kriegerischen Mitteln bekämpft – nur um es einmal festzustellen. Oder: Zypern ist nach wie vor ein geteiltes Land, das von einem Staat besetzt ist, der Mitglied der europäischen Wertegemeinschaft, nämlich des Europarates ist. Und man vergisst das.

Ich bin lange genug in der Politik – (in Richtung Präsident Rousopoulos:) Sie haben schon die Klammer zu der Zeit vor dem Fall der Mauer gespannt – und erlaube mir, einen kurzen Rückblick zu machen: Wissen Sie, ich bin schon lange nicht nur in der österreichischen Politik, sondern als politisch tätiger Mensch unterwegs und will Ihnen da eine kleine Geschichte erzählen, wie ich in den Jahren 1988 und 1989 noch als einer der wenigen mit Freunden und Organisationen für den Fall der Mauer gekämpft habe. (Heiterkeit des Abg. Schallmeiner.) Da sind alle, wie man auf gut Wienerisch sagt,  ruhig in der Stauden gehockt und Ähnliches mehr. Mit unseren Organisationen haben wir zum Beispiel – und es ist signifikant, wie sich Dinge auch ändern – anlässlich der neuerlichen Kreditvergabe an die DDR und damit Festigung dieses Unrechtsregimes einen Brief an Bundeskanzler Kohl geschrieben, er möge diese Art der Politik stoppen, weil sie in den Abgrund führt.

Im Juli 1989 hat Herr Bundeskanzler Kohl uns geantwortet. Und wissen Sie, was er geschrieben hat? – Wir sollen mit diesem rechtsextremen und revanchis­tischen Gedankengut aufhören und uns daran gewöhnen, dass es zwei deutsche Staaten gibt. Vier Monate später war er der Wiedervereinigungskanzler und wollte davon nichts mehr wissen. – Das ist nur ein kleiner Abschnitt aus der Geschichte.

Weil gerade Angehörige meiner Gesinnungsgemeinschaft immer als Rechts­extremisten und Putin-Versteher und Ähnliches bezeichnet werden, möchte ich da auch etwas aus dem Europarat aufgreifen: Im Jahr 2014, nach der Annexion der Krim, wurde Russland das Stimmrecht im Europarat zu Recht entzogen, es wurde suspendiert. Dann haben die Kräfte des politischen Establishments dafür gekämpft, Russland das Stimmrecht wieder zurückzugeben, allen voran die Sozialisten mit ihrem Fraktionsführer Schwabe – in der gleichen Fraktion sind auch die Grünen und die haben auch dafür gestimmt – und natürlich auch ganz stark die Volksparteien, an der Spitze auch Kollege Lopatka, man möchte es nicht glauben. (Abg. Eßl: Der war ja noch gar nicht dabei!) Sie haben es geschafft, dass 2019 Russland das Stimmrecht wieder gewährt wurde – mit dem Ergebnis, dass der Krieg weitergegangen ist. Die NEOS mit der liberalen Fraktion waren damals auch mehrheitlich dafür, muss man sagen – alles vergessen!

Heute geht man wieder los, und alle, die sich nach wie vor für Frieden einsetzen, sind Rechtsextremisten und Ähnliches (Abg. Michael Hammer: Ihr setzt euch für gar nix ein!) oder Rechte, die man bekämpfen muss, Populisten und vieles andere mehr. Der Standort bestimmt oft den Standpunkt, möchte man da sagen. (Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen.)

Sehr geehrte Frau Präsident, man hat nur eine kurze Redezeit. Eines möchte ich an dieser Stelle noch sagen: Das politische Establishment sieht der großen Gefahr nicht ins Auge. Der politische Islam ist in Europa angekommen, wie wir überall sehen. (Präsidentin Bures gibt neuerlich das Glockenzeichen.) Er ist da, er weiß, was er will, und er ist gut organisiert. Seit Jahrzehnten wird diese Gefahr ignoriert und anstelle dessen wird die rechte Gefahr hochstilisiert. Ich glaube, das müssen wir ändern, nicht nur in Österreich - -

Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter, Sie müssen den Schlusssatz formulieren!

Abgeordneter Mag. Dr. Martin Graf (FPÖ) (fortsetzend): - -, sondern auch in Europa. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

13.34

Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Frau Abgeordnete Agnes Sirkka Prammer zu Wort. – Bitte. (Abg. Eßl: Der Lopatka ist aber seit einem Jahr erst im Europarat! – Abg. Martin Graf – auf dem Weg zu seinem Sitzplatz –: Das hörts ihr nicht gerne! Das passt nicht in eure Erzählung!)