13.34

Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! 1949 stand Europa vor Trümmern, und Europa als Gemeinschaft von Staaten hat erkannt, was diese Trümmer verursacht hat, nämlich Diktatur, Rassismus und Faschismus. Das hat uns in eine Situation gebracht, die viel Leid, viel Tod und viel Zerstörung in Europa hervorgebracht hat.

Das war der Gründungsgedanke. Das ist der Grund, warum die Staaten sich zusammengeschlossen haben und gesagt haben: Das darf nicht mehr passieren! Die Lösung dafür, dass so etwas nicht passiert, ist eine gemeinsame Zusam­menarbeit, und zwar eine Zusammenarbeit im Sinne von Demokratie, von Rechtsstaatlichkeit und von Menschenrechten. (Beifall bei den Grünen.)

Dadurch hat sich Europa, haben sich die Staaten, hat sich aber auch die Staatengemeinschaft weiterentwickelt, hin zu einer weiteren Integration. Das ist gut so und es geht in die richtige Richtung, aber es ist keine Selbstverständ­lichkeit.

(In Richtung Präsident Rousopoulos:) Ich muss mich entschuldigen, die Reihen sind bei uns nicht immer so leer. Es liegt vielleicht ein bisschen an der Tageszeit, aber es kann auch gut daran liegen, dass man es für selbstverständlich hält, dass Europa funktioniert, dass wir in einer Gemeinschaft leben, in der wir die Werte teilen, in der wir die Werte der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit sowie der Menschenrechte teilen und in der wir einen Konsens haben, dass wir diese bewahren wollen.

Das ist aber nicht immer so, es ist nicht immer gleich, und es werden die Stimmen lauter, die auch andere Töne anschlagen – am Anfang feine, aber sie werden immer deklarierter. Dem muss man Einhalt gebieten, da muss man anfangen, und da muss man diejenigen Stimmen lauter werden lassen, die dagegenreden.

Ich muss meiner Kollegin in einem gewissen Sinne recht geben: Ja, es ist gut, wenn man hier sachlich diskutieren kann. Ich glaube aber, man muss sich für eine sachliche Diskussion nicht bedanken; ich denke, das sollte eine Selbstver­ständ­lichkeit sein. Wenn man genau zugehört hat: Ganz so sachlich war die Diskussion dann aber doch wieder nicht, denn von einer degenerierten Rechtsprechung zu reden ist aus meiner Sicht nicht sachlich, ganz im Gegenteil. (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Krisper und Stark.)

Die Menschenrechte, und zwar jene Menschenrechte, zu denen wir uns alle verpflichtet fühlen, gelten universell. Das bedeutet, dass wir uns nicht aussuchen können, wem wir sie gewähren und wem wir sie nicht gewähren. Das ist die Essenz, die Quintessenz dessen, was uns davor bewahrt, dass wir wieder in eine Situation kommen, in der Einzelne auf andere herabschauen, in der Einzelne denken, sie können andere herabwürdigen (Abg. Belakowitsch: Herabwür­digen ...!), in der Gruppen denken, sie wären wichtiger, sie wären besser als andere. Dafür ist das uneingeschränkte Bekenntnis zu den universellen Menschenrechten die Garantie.

Genauso verhält es sich mit der Rechtsstaatlichkeit. Die Rechtsstaatlichkeit ist ein Rahmen, zu dem wir uns verpflichten, den einzuhalten wir uns als reife Demokratie, als Mitglieder einer reifen Demokratie verpflichten. Der Rechtsstaat ist nicht etwas, das man einfach beliebig ändern kann, denn der Rechtsstaat gibt uns den Rahmen vor. Wenn wir diesen Rahmen verlassen oder wenn wir uns anschicken, an diesem Rahmen so sehr zu rütteln, dass er schief wird, dass er einzustürzen droht, dann ist das zu viel und dem muss man Einhalt gebieten.

Innerhalb des rechtsstaatlichen Rahmens ist vieles möglich, sollte alles möglich sein. Innerhalb dieses rechtsstaatlichen Rahmens kann man unterschiedliche Ansichten, kann man unterschiedliche Politikweisen, kann man unterschiedliche Richtungen wählen, aber dieser Rahmen darf nicht verlassen werden. (Beifall bei den Grünen.)

Das Gleiche gilt für die Demokratie. Die Demokratie muss vieles aushalten und die Demokratie hält auch vieles aus. Die Demokratie zu zerstören ist aber auch mit demokratischen Mitteln möglich, nämlich dann, wenn sich durch demo­kratische Mittel Strömungen durchsetzen, die genau diese Fundamente – den Rechtsstaat und die Menschenrechte – nicht mit dem notwendigen Respekt behandeln.

Dafür müssen wir uns einsetzen: dass das eben nicht passiert und dass wir alle gemeinsam mit beiden Beinen auf diesem festen Fundament stehenbleiben. – Danke sehr. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.39

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Nikolaus Scherak. – Bitte.