13.05

Abgeordneter Dr. Werner Saxinger, MSc (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Damen und Herren! Vorerst möchte ich für Kollegen Weber eine Reisegruppe aus dem Lavanttal in Kärnten herzlich im Hohen Haus begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Fehl- und Totgeburten, das ist ein Thema, das eigentlich niemanden kaltlassen kann. Für Eltern – wir haben das jetzt schon gehört –, die den Verlust ihres Kindes erfahren, ist es unvorstellbar, wie sie den schwierigen Weg der nächsten Wochen und Monate, der vor ihnen liegt, überhaupt bewältigen können. Es zieht einem quasi den Boden unter den Füßen weg.

Jeder Mensch, jede Frau reagiert da aber anders, und es gibt kein Richtig oder Falsch, ich habe es selbst im Alltag oft erlebt. Manche wollen sich mög­lichst schnell aus der belastenden Situation befreien, sie wollen eine sofortige Geburt oder einen sofortigen Kaiserschnitt, andere wollen das nicht. Eine rasche Trennung kann Eltern aber auch das innerliche Abschiednehmen erschweren und sie später belasten. Wichtig ist da wirklich ein Abwägen mit den Experten – Ärztinnen und Ärzten, Hebammen.

Medizinisch gibt es die Möglichkeit, einige Tage bis zwei Wochen einen natürlichen Beginn der Wehen abzuwarten, auch wenn das Ungeborene nicht mehr lebt. Andere Paare entscheiden sich aber für eine medikamentöse medizinische Einleitung.

Ganz wichtig für uns alle ist aber, dass eine Begleitung des sterbenden Babys und der Frauen, der Mütter und Paare stattfindet, weil man einfach Personen in solch einer psychischen und physischen Extremsituation unterstüt­zen muss. Man schafft das einfach nicht alleine, und darum ist dieses heutige Maßnahmenpaket zur Unterstützung von Frauen bei Fehl- und Totge­burten so extrem wichtig.

Was ist darin enthalten? – Hebammen sind ganz wichtige Ansprechpartner in so einer Situation. Ab 1.9.2024 kann die Inanspruchnahme der Hebamme auch nach einer Fehlgeburt nach der 18. Schwangerschaftswoche von der Kran­kenkasse übernommen werden. Weitere Punkte sind eine Weiterbil­dungsoffensive für Ärztinnen und Ärzte sowie Hebammen, Weiterbildung auch für Berater:innen in Familienberatungsstellen, Erstellung von Richtlinien, Leitfäden und auch die Broschüre „Stille Geburt und Tod des neugeborenen Kindes“. Es muss alles getan werden, um Frauen und Familien in diesen Extremsituationen zu unterstützen. Das tun wir alle in diesem Haus – danke dafür. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Erlauben Sie mir, abschließend ein paar Zeilen einer Betroffenen vorzulesen, die mich persönlich sehr berührt haben, weil sie all das Leid, die Freude, auch den Kummer ausdrücken:

„Es war der schlimmste und zugleich der schönste Moment in meinem Leben. Zum einen weil ich unseren süßen, kleinen [...] in meinen Händen halten durfte, der mir gezeigt hat, wie tief meine Liebe nur gehen kann – unendlich – zum anderen weil ich mich leider von ihm verabschieden musste. [...]

Als ich zum ersten Mal deine Bewegungen in meinem Bauch fühlen konnte, war ich so erstaunt, dass in meinem Körper so etwas wundervolles und einzig­artiges wachsen kann. Dass diese Bewegungen je aufhören würden, mit dem ha­be ich nie gerechnet. Als ich deinen leblosen Körper am Ultraschall sehen musste, schnürte sich mein Hals zusammen und mein Atem wurde still. Ich war verloren. Die schwankenden Hormone, die ungewollte neue Identität, die erloschenen Zukunftspläne, der plötzlich leere Körper und die zusätzliche Angst, all das [...] zu erleben. Ein Albtraum.

Du hast uns gezeigt, wie unfair und traurig, kalt und leer die Welt sein kann. Du hast mir die Tiefe des Lebens und den schwarzen Himmel gezeigt. Durch die Trauer muss man aufmerksam, langsam und wachsam hin durchgehen. Hin und wieder kommen dir Hände entgegen, starke Arme, die dich vom Boden aufziehen. Als ich das kleine Licht sah, ging ich wieder einen Schritt zu­rück, denn ich hatte Angst vor der Realität. Doch in der Finsternis konnte ich den Himmel nicht sehen. Ich wurde immer stärker, da ich die Schönheit des Lebens so vermisste. Ich wollte außerdem den Himmel wieder sehen, damit ich die Liebe und Wärme meines Sohnes wieder spüren konnte. Und so wurde der Himmel wieder blauer und blauer und aus der Tiefe kam ein neues Paradies hervor. Wenn man die Tiefe der Trauer kennenlernen musste, schätzt man das Leben und die kleinen Dinge wieder umso mehr.

Es gibt 2 Möglichkeiten, mit Verlust und Trauer umzugehen. Verschlossen und wütend durch die Welt zu gehen oder ein neues, noch bewussteres und tief wahrnehmendes Leben zu beginnen.

Lieben, leben, sterben ... [...]

Wir hatten eine so liebevolle, starke Verbindung und ich wusste von Beginn an, du bist etwas ganz besonderes.

Jeden Tag bin ich so dankbar für all die schöne Zeit, die wir zusammen hatten. Das Leben hält noch so viele schöne Geschenke für uns bereit. Das Le­ben kann so schön sein und wir möchten es einfach nicht aufgeben. [...] Aus der Asche steigt der Phönix und wir sind stärker als je zuvor. Die Kraft hast du uns hinterlassen und die bleibt für immer in uns.“

Das sind sehr schöne, starke, berührende Worte, und den Betroffenen gilt unsere besondere Unterstützung. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Disoski, Holzleitner und Schwarz.)

13.10

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Dr. Josef Smolle. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.