Dringlicher Antrag
der Abgeordneten Eva-Maria Holzleitner, Bsc, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Recht auf analoges Leben in Österreich jetzt schaffen – Förderungen und Leistungen wie Handwerkerbonus oder gute staatliche Zinsen auch für Seniorinnen und Senioren uneingeschränkt zugänglich machen!“ (4075/A)(E)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf. Wir kommen zur dringlichen Behandlung des Selbständigen Antrages 4075/A(E).
Da dieser inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.
Der Dringliche Antrag hat folgenden Wortlaut:
Begründung
Die Regierung hat jahrelang dabei zugesehen, wie Banken Übergewinne in Milliardenhöhe auf Kosten von „Häuslbauern“ und Sparerinnen und Sparern machen. Weder gab es eine Übergewinnsteuer auf Bankengewinne, noch Mindestzinsen für Einlagen (wie etwa in Frankreich) oder Zinsdeckel für „Häuslbauer“-Kredite. Alle Anträge der SPÖ wurden von der Regierung in den letzten Jahren entweder vertagt oder abgelehnt. Österreich hatte in den letzten zwei Jahren die höchste Teuerung in Westeuropa und gleichzeitig ein sinkendes BIP/Kopf.
Jetzt – wo die EZB die erste Zinssenkung bereits vorgenommen hat – hat die Regierung den österreichischen Bundesschatz wiedereingeführt. Eine grundsätzliche sinnvolle Form des Sparens, bei der sich der Staat bei seinen eigenen Bürgerinnen und Bürgern verschuldet und dabei bessere Zinsen zahlt als viele Banken.
Es ist aber völlig unverständlich, warum einem Großteil der Pensionistinnen und Pensionisten der Zugang zu ordentlichen Zinsen mutwillig verwehrt wird. Diese Sparform ist nämlich ausschließlich digital und zwar nur für Nutzerinnen und Nutzer der ID-Austria zugänglich.
Wir wissen bereits heute, dass nur etwa 1/3 der Menschen die ID-Austria nutzen. Die Voraussetzungen dafür sind ein Mindestalter von 14 Jahren, die Benutzung eines Smart-Phones sowie die Nutzung der Vollfunktion der ID-Austria (die entsprechende App für die jeweiligen Smart-Phones). Man kann sich leicht ausrechnen, dass die Nutzung der ID-Austria mit steigendem Lebensalter rapide abnimmt. Ältere Menschen haben oft gar keinen Zugang bzw. nicht das nötige Know-How für die Nutzung des Internets, von einem Smart-Phone bzw. der Nutzung der ID-Austria ganz zu schweigen. Die Mehrheit der älteren Menschen weiß vermutlich mit dem Begriff selbst gar nichts anzufangen.
Gerade jene Menschen, die Österreich aufgebaut haben und zu dem Land gemacht haben, das es heute ist, bekommen also keine guten staatlich garantierten Zinsen und müssen sich mit den mickrigen Zinsen am Bankschalter begnügen. Bei allem Verständnis und auch der Notwendigkeit die öffentliche Verwaltung mehr und mehr zu digitalisieren, kann es nicht das Anliegen einer Gesellschaft sein, eine solch große Gruppe an Menschen – vermutlich weit über 1 Million - von staatlichen Leistungen bzw. Förderungen auszuschließen. Es spricht nichts dagegen, wenn möglichst viele Menschen auf Apps und Online-Pattformen umsteigen, um ihre Behördenwege zu erledigen. Es macht die Verwaltung effizienter und ist für viele Menschen eine Vereinfachung. Aber keine andere Form des Zugangs vorzusehen, ist schlicht rücksichtslos: und zwar nicht nur gegenüber vielen älteren Menschen sondern auch gegenüber allen, die (aus welchen Gründen auch immer) einfach kein Smartphone benützen können oder wollen.
Der eingeschränkte Zugang zur staatlich garantierten Sparform Bundesschatz ist leider nur die Spitze des Eisbergs einer Entwicklung, die wir bereits seit vielen Jahren sehen.
Beim Reparatur- und Handwerkerbonus gibt es zum Beispiel keine Möglichkeit einer analogen Beantragung. Im Gesetz ist lediglich eine Online-Beantragung vorgesehen. Mehr als 100 Mio. Euro Steuergeld stehen als Förderungen bereit. Geld, dass viele ältere Menschen in Zeiten der Rekordteuerung gut brauchen könnten. Wer aber über keinen Internet-Zugang verfügt, kann die Rechnung für die Sanierung eines Bades, einer Treppe, oder die Schaffung eines barrierefreien Zugangs zum Eigenheim nicht einreichen und fällt um eine Förderung von 20% um. Tausende Euros gehen so für viele ältere Menschen verloren.
Dasselbe gilt für die Modernisierung von Heizsystemen. Wer ein fossiles Heizsystem gegen eine nachhaltige, moderne, klimafreundliche Heizung tauschen will, hat Pech, wenn er oder sie keinen Internetzugang hat bzw. nicht über das nötige Know-How verfügt. Eine analoge Antragstellung ist nicht möglich. Dabei entgehen den Betroffenen zehntausende Euros an Förderung. Das gesamte Fördervolumen für Sanierungsbonus und Kesseltausch liegt bei rund 3,6 Milliarden Euro bis 2027.
Rechnet man alleine die Bereiche Bundesschatz, Reparatur- und Handwerkerbonus sowie Sanierungsbonus und Kesseltausch zusammen, sprechen wir von Leistungen bzw. Förderungen der öffentlichen Hand mit einem Gesamtvolumen von 4 Milliarden Euro, die ausschließlich online beantragt werden können.
Zu Recht warnen daher Seniorenverbände vor einer Entwicklung, wo ältere Menschen den Zugang zu staatlichen Leistungen und Förderungen mehr und mehr verlieren. Dass ausgerechnet jene Menschen, die oft ihr ganzes Leben lang in die Staatskassa einbezahlt haben, heute keinen Zugang mehr zu Förderungen wie dem Handwerkerbonus oder zu guten staatlichen Zinsen erhalten, ist - insbesondere in Zeiten der Rekordteuerung - nicht nur unverständlich, sondern respektlos.
Ein Recht auf ein analoges Leben bedeutet letztlich auch, dass Menschen (die das Internet nicht nutzen können oder wollen) weiterhin die Möglichkeit eines kostenlosen Zugangs zu einer Papierrechnung haben müssen. Eine Absicherung dieses Rechts ist auch deshalb nötig, weil es immer wieder Überlegungen gab, dieses Recht einzuschränken. Zuletzt wurde beispielsweise das Wahlrecht zwischen elektronischer und Papierrechnung bei Vertragsabschluss im Telekommunikationsgesetz unter Schwarz-Blau im Jahr 2018 eingeschränkt.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachstehenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat ein Gesetzespaket vorzulegen, das ein Recht auf analoges Leben in Österreich schafft und verhindert, dass insbesondere ältere Menschen den Zugang zu staatlichen Leistungen und Förderungen mehr und mehr verlieren. Es soll insbesondere folgende Inhalte umfassen:
1. Sicherstellung eines uneingeschränkten Rechts auf die Ausfertigung von kostenlosen Papierrechnungen für Konsumentinnen und Konsumenten.
2. Sicherstellung, dass es einen kostenfreien und unbürokratischen Zugang zu allen Förderungen und Leistungen (dazu zählt zum Beispiel auch die Möglichkeit des Zeichnens von Bundesschatzbriefen) des Bundes auch auf analogem Weg (also ohne Beantragung via Internet und/oder ID-Austria) für natürliche Personen in Zukunft geben wird.“
In formeller Hinsicht wird verlangt, diesen Antrag im Sinne des § 74a Abs iVm § 93 Abs. 1 GOG-NR zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu behandeln und dem Erstantragsteller Gelegenheit zur mündlichen Begründung zu geben.
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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf Frau Abgeordneter Holzleitner als Antragstellerin zur Begründung des Dringlichen Antrages das Wort erteilen. – Gemäß der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit, das wissen Sie, 20 Minuten. Frau Abgeordnete, Sie sind am Wort. Bitte.