15.28
Abgeordnete MMag. Michaela Schmidt (SPÖ): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Staatssekretärin! Frau Ministerin! „Es ist eine Diskriminierung, wenn man manches nur für einen bestimmten Teil der Bevölkerung macht.“– Frau Staatssekretärin, das sage nicht ich, das richtet Ihnen Ihre ÖVP-Seniorenbundchefin medial aus. Und heute stellen Sie sich allen Ernstes hierher und sagen Ihrer Seniorenbundchefin, dass sie keine Ahnung hat. – Sehr respektvoll. (Beifall bei der SPÖ.)
Als vor wenigen Wochen der Handwerkerbonus genau hier im Parlament beschlossen wurde, habe ich kritisiert, dass die Abwicklung des Bonus absolut inakzeptabel ist, weil er ausschließlich digital – entweder über die ID Austria oder über das Hochladen eines Lichtbildausweises – beantragt werden kann. Wir wissen, dass viele, insbesondere ältere Personen, über diese technischen Möglichkeiten nicht verfügen. Viele ältere Menschen werden diese Förderung ohne Hilfe von Kindern oder Nachbarn – das war ja allen Ernstes der Lösungsvorschlag der ÖVP – nicht beantragen können. Unserem Entschließungsantrag, der die Auszahlung des Handwerkerbonus auch für Menschen ohne Smartphone und ohne Internetzugang ermöglicht hätte, haben Sie nicht zugestimmt. Den haben Sie abgelehnt.
Liebe Frau Staatssekretärin, ich sage es Ihnen deshalb noch einmal: Bei allem Verständnis für eine effiziente Verwaltung ist es respektlos, Förderprogramme so auszugestalten, dass erhebliche Teile der Gesellschaft davon ausgeschlossen sind (Beifall bei der SPÖ) oder um familiäre oder nachbarschaftliche Hilfe betteln müssen. Es ist würdelos, diesen Lösungsvorschlag auch nur anzudenken. Die SPÖ will dieser Respektlosigkeit heute endlich ein Ende setzen. Wir fordern daher ein Recht auf analoges Leben – heute. (Beifall bei der SPÖ.)
Die Arbeiterkammer kämpft bereits seit vielen Jahren für das Recht auf eine kostenlose Papierrechnung. Es gab auch ein Gerichtsurteil vom obersten Gericht, dass das in sämtlichen Branchen zu gelten hat. Leider wird es immer wieder umgangen und politisch immer wieder infrage gestellt, und es muss immer wieder neu erkämpft und eingeklagt werden. Und ich kann euch sagen, die Arbeiterkammer macht das nicht, um Unternehmen zu ärgern, sondern weil sie aus der täglichen Beratung weiß, wie viele Menschen sonst von grundlegenden Dienstleistungen ausgeschlossen sind, wie viele Menschen sonst die Telefonrechnung nicht zahlen können oder keine Banküberweisungen vornehmen können oder alternativ eine Strafgebühr dafür zahlen müssen, dass sie sich für ein analoges Leben entscheiden oder entscheiden müssen.
Aus der täglichen Praxis kann ich auch sagen: Es sind nicht nur ältere Personen, sondern das Problem zieht sich natürlich schon durch alle Altersschichten. Knapp sechs Millionen Menschen in diesem Land haben keine ID Austria. Natürlich ist aber die ältere Generation besonders betroffen: Ein Großteil dieser Generation, bis zu einer Million Österreicherinnen und Österreicher, nutzt nicht einmal das Internet. Und wenn sich die Bundesregierung immer wieder dafür rühmt, dass angeblich eh knapp 95 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher das Internet nutzen, dann muss man schon dazusagen, dass das nur für die unter 75-Jährigen gilt, denn die anderen hat man in dieser Statistik einfach gar nicht befragt.
Vor diesem Hintergrund ist besonders ärgerlich, dass das, was wir von Unternehmen zu Recht einfordern, nämlich das Recht auf ein analoges Leben für Konsumenten und Konsumentinnen, ausgerechnet von der Bundesregierung nicht eingehalten wird. Das hat sich beim Reparaturbonus und beim Handwerkerbonus gezeigt, bei den Förderungen zum Ölkesseltausch, und auch der Kauf von Bundesschatzanleihen ist eben nur auf digitalem Wege möglich.
Ich bin mir inzwischen sicher, dass das Ganze tatsächlich nichts mit einer handwerklichen Unfähigkeit zu tun hat, sondern dass die Bundesregierung ganz bewusst große Teile der Bevölkerung von Förderungen in der Höhe von 4 Milliarden Euro ausschließen möchte. Möglicherweise ist das eine Idee, wie man das Budget saniert oder wie man Kosten einsparen kann. (Abg. Bogner-Strauß: Das ist eine Unterstellung!) Das werden wir als SPÖ nicht einfach so hinnehmen. (Beifall bei der SPÖ.) Wir wollen eine Gesellschaft, die auf ältere Personen Rücksicht nimmt.
Wenn es um die eigene Hauptzielgruppe geht – das hat meine Kollegin schon erwähnt –, dann hat die ÖVP überhaupt kein Problem damit, was die papierlose Antragstellung betrifft – beim Agrardiesel hilft die Landwirtschaftskammer im Zweifelsfall auch noch beim Ausfüllen. (Abg. Michael Hammer: ... kann man auch machen!) Das scheint ein sehr komplexer Antrag zu sein, sodass man das nicht digital einfordern muss.
Deswegen bitte ich Sie – und es scheint ja auch kein Problem zu sein –, diesem Entschließungsantrag heute zuzustimmen und das Recht auf ein analoges Leben heute zu garantieren. Stellen Sie sicher, dass die Österreicherinnen und Österreicher ein Recht auf eine kostenlose Papierrechnung haben, auf keine Strafzuschläge, und ermöglichen Sie den Österreicherinnen und Österreichern doch einen kostenfreien und unbürokratischen Zugang zu allen Förderungen und Leistungen!
Niemand soll draufzahlen, nur weil man nicht alles online machen will. Das hat sich vor allem die ältere Generation, die mit ihrer harten Arbeit dieses Land zu dem gemacht hat, was es heute ist, wohl mehr als verdient. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
15.33
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Elisabeth Scheucher-Pichler. – Bitte sehr.