16.38

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren hier herinnen im Saal und auch daheim vor den Bildschirmgeräten! Die SPÖ hat heute einen Dringlichen Antrag mit dem Titel „Recht auf analoges Leben in Österreich jetzt schaffen“ eingebracht.

Förderungen, Leistungen wie Handwerkerbonus und Ähnliches, gute staatliche Zinsen auch für Seniorinnen und Senioren uneingeschränkt zugänglich zu machen – das klingt auf den ersten Blick sehr gut, Kollege Wurm war am Anfang ganz begeistert. Dann aber sind die Reden der SPÖ-Abgeordneten gekom­men, und dann hat man gemerkt, Sie wissen eigentlich gar nicht, was Sie da for­dern. Das ist eine schöne Überschrift, das hat Ihnen gefallen, das haben Sie abgeschrieben, aber das, was Sie daruntergesetzt haben, zeigt, dass Sie ei­gentlich überhaupt keine Ahnung haben, worum es geht, was es bedeutet, wenn man tatsächlich für analoge Inanspruchnahme ist.

Da geht es nicht nur um einen Handwerkerbonus oder um einen Reparaturbo­nus. Nein, meine Damen und Herren von der SPÖ, da geht es um ein ganz großes Thema, einen ganz, ganz großen Themenbereich, der Gefahren darstellt. Ja, die Digitalisierung hat uns natürlich Erleichterungen gebracht, aber was hier tatsächlich noch überhaupt nicht erwähnt wurde, sind ja die Gefahren, die da mitkommen.

Liebe SPÖ, da kann ich es Ihnen jetzt auch nicht ganz ersparen, Sie waren bei all diesen gefährlichen Dingen dabei: Beim grünen Pass haben Sie mitgestimmt. Sie wollten diese Überwachungsapp mitbeschließen, die dann zum Glück von den Bürgern nicht angenommen worden ist. (Abg. Zorba: Das war keine Überwachungsapp!) Sie waren beim digitalen Eltern-Kind-Pass da­bei. Sie waren beim E-Rezept dabei. Sie waren bei der Elga dabei, die übrigens unter einer SPÖ-Gesundheitsministerin beschlossen worden ist. Sie waren bei Finanzonline dabei.

Interessanterweise regen Sie sich darüber auf, dass Onlinetickets bei den ÖBB billiger sind. (Abg. Holzleitner: Die FPÖ wollte den Bundestrojaner ein­führen! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Ich weiß nicht, warum Sie jetzt so aufgeregt sind. Es ist schon seit sehr, sehr vielen Jahren so, meine Damen und Herren, dass die billiger sind. Da waren, glaube ich, noch SPÖ-Verkehrsminister im Amt. Also da hätten Sie damals schon handeln kön­nen. – Haben Sie nicht gemacht!

Ich erinnere auch daran: Ihr Bundeskanzler Christian Kern hat sich 2017 dafür starkgemacht: Wir brauchen endlich die digitale Schule und Tablets für alle Kinder ab der 5. Schulstufe, und so weiter und so fort. (Abg. Zorba: Ist das schlecht?) – Ja, das ist schlecht (Abg. Zorba: Warum soll das schlecht sein?), und ich erkläre Ihnen auch gleich, warum das schlecht ist. (Abg. Zorba: Na bitte, ich höre zu!) Aber schön langsam, Sie von den Grünen sind noch gar nicht dran, Sie müssen sich aber nicht benachteiligt fühlen, Herr Kollege.

Das sind also all die Probleme, die es da gibt, und ich habe heute noch gar nichts darüber gehört, was denn die Nachteile dieses digitalen Zeitalters sind. Man muss doch auch einmal sagen, wie man eine Zukunft gestal­ten will; nicht nur laufen lassen, so wie es Frau Kollegin Heinisch-Hosek gesagt hat: Wir sind für die Digitalisierung, weil sie ja kommt. (Rufe bei der SPÖ: Sie ist schon da!) Die ÖVP betreffend habe ich die Hoffnung aufgegeben, dass die etwas gestalten will. Man kann die Zukunft laufen lassen oder man kann sie bewusst gestalten, meine Damen und Herren (Beifall bei der FPÖ), und wir wollen sie gerne gestalten. Wir wollen sie auch in der digitalen Welt gestalten, denn was wir nicht wollen, ist der gläserne Mensch – und dahin gehen wir jetzt gerade. Wir haben einen gläsernen Menschen.

Jetzt komme ich zu Ihnen, Herr Kollege von den Grünen, dazu, was schlecht daran ist, wenn Kinder so früh Laptops oder I-Pads oder was auch immer bekommen. Ich sage Ihnen etwas: Die digitale Demenz bei Kin­dern und Jugendlichen ist rasant im Ansteigen – rasant! Kollegin Werner von den NEOS hat gesagt, wie praktisch das nicht sei, sie bleibe zum Ummel­den nur mehr auf der Couch sitzen. Das ist genau diese Vereinsamung, dieses Runterfahren von Sozialkontakten, was uns dieses digitale Zeitalter auch gebracht hat.

Man kann die Zeit nicht zurückdrehen, und das ist auch nicht mein Ziel, aber wir müssen bewusst mit diesen Problemen umgehen. Wir brauchen Antwor­ten auf diese Probleme und auf die Fragen der Zeit, und da ist von dieser Bun­desregierung noch überhaupt gar nichts gekommen, meine Damen und Herren. (Zwischenruf des Abg. Loacker.) Die NEOS finden es vielleicht witzig, aber digitale Demenz ist ein riesengroßes Problem für unsere Kinder und Jugendlichen. Das sollten wir uns alle einmal überlegen, was da passiert. Das ist ein großes Thema.

Zweites großes Thema ist das Sicherheitsrisiko in der digitalen Welt. Niemand von Ihnen allen hier kann garantieren, dass die digitalen Kommunika­tionswege sicher sind. Das können Sie gar nicht. Hackerangriffe auf Banken, Offenlegen von Bankdaten, Hackerangriff auf die Österreichische Volkspartei über viele Monate im Jahr 2019, all das haben wir gesehen. Das sind Dinge, die alle stattgefunden haben. Trotzdem forcieren Sie alles noch mehr und noch mehr und noch mehr, ohne darüber nachzudenken, was die Nachteile sind und wie wir diese Nachteile verhindern können, wie wir das alles sicherer machen können.

Wenn ich dann immer nur höre, es gehe darum, dass die Senioren benach­teiligt sind, dann sage ich Ihnen eines: Nein, darum allein geht es nicht. Es sind auch nicht nur Senioren benachteiligt, es gibt sehr viele junge Menschen, die nicht kompetent sind, die sich im digitalen Zeitalter nicht zurechtfin­den. Es gibt Menschen mit Lernschwierigkeiten, die damit nicht umgehen kön­nen. Das heißt, es sind ganz, ganz viel mehr Menschen benachteiligt.

Es gibt auch Menschen, die gar keine ID Austria haben wollen. (Abg. Fischer: Ja! Die wollen auch kein Internet haben! Das ist eh okay!) Kollege Köllner von der SPÖ hat gesagt: Frau Staatssekretärin, Sie und ich, wir sind jung, wir können das! – Es geht nicht immer nur ums Können, es geht ums Wollen. Es gibt tatsächlich Menschen in diesem Land, die nicht bereit sind, ihre biometrischen Daten offenzulegen und sich total überwachen zu lassen. Diesen Über­wachungsstaat wollen wir nicht. (Beifall bei der FPÖ.)

Zu den Chancen: Wenn Sie das alles als Chancen sehen (Zwischenrufe bei der SPÖ) – hören Sie auf, reinzuschreien, Sie waren eh schon dran –, sage ich Ihnen, wer die digitalen Chancen optimal genützt hat: Das waren die Chine­sen, der chinesische Überwachungsstaat, der nämlich genau diese digitale Überwachung nützt. Wir haben Tendenzen auch schon in Europa, wo Städte, wo Regionen bereits mit so Gutpunkten anfangen. Selbst in Wien gab es schon solche Versuche unter der SPÖ mit dieser Öko-Token-App (Zwischenruf der Abg. Kucharowits), die dann wieder unterbrochen wurden.

Dieser Versuch, Gutpunkte für braves Verhalten zu verteilen, ist ein Weg in eine Richtung, den wir nicht wollen. Wir wollen nicht, dass die Leute dahin ge­hend überwacht werden, wie sie sich verhalten, wie sie sich fortbewegen, wo sie sich fortbewegen. (Abg. Scherak: ... Kfz-Kennzeichen erfassen! – Weitere Zwischenrufe bei den NEOS.) Das geht den Staat nichts an, das geht niemanden etwas an, und genau davor warnen wir.

Ich weiß nicht, warum Sie von den NEOS so nervös sind. Kann schon sein, dass Sie das mögen, Sie mögen ja auch Österreich abschaffen. Das ist Ihre Ideologie, aber Sie werden zur Kenntnis nehmen müssen: Wir vertreten jene Österreicher, die gerne bar bezahlen, die sich nicht beobachten lassen wollen, wo sie sich bewegen, die sich auch nicht hacken lassen wollen und die einfach auch das analoge Leben in einer Parallelität zur Digitalisierung leben wollen. Das ist bitte schön nichts Böses, nichts Schlechtes und das ist auch nicht ein Schritt zurück – im Gegenteil, das ist ein bewusster Schritt in die Zukunft! Und jeder, der einen bewussten Schritt gehen will, muss sich auch Gefahren stellen und muss auch wissen, wie er mit der Digitalisierung umgeht.

Darum geht es! Es geht nicht allein darum, dass Senioren hier ausgegrenzt wer­den – auch ein Thema, ein großes Thema, haben wir heute schon gehört –, sondern es geht um viele, viele Personengruppen. Daher ist dieses Thema viel zu wichtig, als dass man das alles für lustig hält, als dass man da blöd herum­lacht. Man muss sich dieser Gefahren tatsächlich auch einmal bewusst werden, und das fehlt mir ein bisschen. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich möchte nur daran erinnern: Vor ungefähr einem Jahr hat die SPÖ eine Mit­gliederbefragung gemacht, man konnte sich online als Mitglied anmel­den. Was war das Endergebnis nach dieser digitalen Anmeldung? – Dass sich auch eine Giraffe angemeldet hat. So viel zu Ihrer digitalen schönen Welt! (Beifall bei der FPÖ.)

16.46

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Ri­bo. – Bitte.