17.07

Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsiden­tin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Wir kommen zurück zu den Ge­waltambulanzen. (Unruhe im Saal.) – Können wir anfangen?

Die Gewaltambulanzen sind ein sehr wesentlicher Beitrag dazu, dass es bei Ge­walt, insbesondere bei Gewalt in der Familie, zu mehr Verurteilungen kommen wird. Warum ist das so? – Gewalt hat immer zwei Komponenten. Die eine ist, dass die Tat, wenn sie sich im familiären Umfeld abspielt, sowieso schon oft von den Opfern selbst vertuscht wird.

Wenn sich aber diese Opfer dann zumindest vorwagen und die Verletzungen, die dadurch entstanden sind, behandeln lassen und diese Verletzungen nicht gerichtsfest dokumentiert werden, dann passiert meistens in diesen Ge­waltbeziehungen Folgendes: Jeder hat das Recht, dass er vor Gericht die Aussage gegen einen nahen Angehörigen verweigert. Das ist ein wichtiges Recht, damit man nicht in den Zwang kommt, dass man gegen Angehö­rige aussagt; das ist richtig so. Genau dieses Recht wird aber dann von den Ge­walttätern sehr oft missbraucht. Die Gewalt wird in Form von psychi­scher Gewalt weiter ausgeübt – nämlich dahin gehend, dass die Opfer von die­sem Recht bei der Verhandlung dann auch Gebrauch machen; und wenn es eine Tat ist, bei der es nur den Täter und das Opfer gibt, dann ist die Anklage mit dieser Aussageverweigerung gestorben. Dann kann es keine Verur­teilung geben. Der Täter bestreitet es, das Opfer sagt nichts, es gibt kein Beweismittel und das Gericht kann nicht anders als freisprechen. Des­halb gibt es so viele Freisprüche bei Gewaltdelikten.

Da setzen die Gewaltambulanzen an, denn die Gewaltambulanzen sor­gen dafür, dass mit einer gerichtsmedizinisch sicheren und fundierten Beweissi­cherung objektive Beweismittel da sind. Das bedeutet, auch dann, wenn das Opfer von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch macht, gibt es ein Beweismittel, nämlich die dokumentierten Verletzungen. Dann kann ein Richter, eine Richterin den Täter auch verurteilen. Das ist wichtig, und das muss so passieren.

Das führt gleichzeitig auch dazu, dass einerseits dieser Druck von den Opfern genommen wird und sich andererseits Täter zurückhalten, dass Täter nicht gewalttätig werden, nicht mehr gewalttätig werden, denn es gibt nichts, was abschreckender auf Täter wirkt, als die Gewissheit, überführt und verurteilt werden zu können. Deshalb helfen Gewaltambulanzen dop­pelt: einerseits im aktuellen Fall und andererseits auch präventiv. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Warum wir die Gewaltambulanzen jetzt so einführen, mit einem Initiativ­antrag: Es wurde schon mehrmals erklärt, dass es einfach ein zeitliches, ein res­sourcentechnisches Thema war. Das ändert aber nichts daran, dass der Vorschlag, so wie er gemacht ist, ein guter Vorschlag ist und dass er zu dem Ziel führt, das ich eben beschrieben habe.

Es ist auch nicht so, dass es nicht möglich war, dazu Stellungnahmen ab­zugeben. Es wurde sogar eine Stellungnahme abgegeben – Sie können es alle auf der Parlamentswebsite nachlesen –, die sich kritisch mit dem Thema auseinandersetzt. Wir haben diese Stellungnahme und die Themen, die in dieser Stellungnahme angesprochen wurden, nicht in den Entwurf eingearbeitet. Wir hätten das tun können, haben es aber nicht getan, weil die beiden Punkte, die die Stellungnahme als zentrale Punkte beinhaltet, sich nicht negativ auswirken.

Es wurden zwei Punkte vorgebracht. Das eine ist: Man befürchtet, dass durch Ge­waltambulanzen zentralisiert wird, also dass eine Behandlung nur mehr bei Gewaltambulanzen möglich ist. – Das ist falsch. Gewaltambulanzen haben – und das ist ein Asset, das ich besonders gut finde – einerseits natürlich die Auf­gabe, vor Ort zu dokumentieren und zu behandeln, aber andererseits auch, aus­zubilden und mobile Teams in andere Krankenhäuser zu schicken. Das heißt, dort, wo das Opfer ist, kommt das mobile Team hin, das gerichtsmedizi­nisch geschult ist, und übernimmt dort die Dokumentation und die Behandlung.

Was auch noch als Kritikpunkt oder als Sorge vorgebracht wurde, ist, dass ir­gendwelche Strukturen geschaffen würden oder irgendwelche Anstal­ten, irgendwelche Unternehmen gefördert würden, die schon Förderungen bekommen. – Das ist eine unberechtigte Sorge, weil das lediglich ein Formalakt ist. Es muss dieses Gesetz gemacht werden, damit diese Förderung noch einmal zugesprochen werden darf. Ansonsten wäre es verboten, eine zweite Förderung zuzusprechen. Das ist einfach ein Formalakt, ein For­malismus. Das ist klargestellt, wird spätestens hier klargestellt, wurde allerdings auch schon intern klargestellt. Also diese Befürchtung ist einfach irrelevant.

Das heißt, diese Stellungnahme wurde nicht nur gehört und gelesen, sondern man hat sich damit auch auseinandergesetzt. Es gab diese Möglichkeit. Dass das dann nicht eins zu eins oder in sonst irgendeiner Form in den Entwurf eingearbeitet wurde, liegt daran, dass diese Befürchtungen einfach nicht greifen oder nicht richtig sind. Das heißt aber nicht, dass die Stellungnahme nicht beachtet wurde.

Das bedeutet, in diesem Verfahren wurde alles richtig gemacht. Es ist scha­de, ich hätte es auch lieber mit einem großen Begutachtungsverfahren gemacht, aber diese Zeit bleibt uns leider nicht mehr, weil es einfach einer langen Vorbereitung bedurfte – Sie wissen selbst, einer wie langen, weil wir ja schon in mehreren Ausschusssitzungen darüber gesprochen haben.

Aus diesem Grunde denke ich, es ist ein wirklich, wirklich gutes Projekt. Es wird den Opferschutz, die Verurteilungsrate voranbringen, und es wird vor allem auch der Prävention und der Überführung dienen. Aus diesem Grunde bin ich sehr stark dafür, dass Sie (in Richtung SPÖ) sich noch einmal überlegen, ob Sie diesem tollen Projekt nicht doch zustimmen.

Ich weiß nicht, was Sie morgen in der Kontrast-Grafik schreiben werden – Sie haben ja selber einen Antrag eingebracht. Heißt es dann: Okay, Gewalt­ambulanzen: Daumen rauf und grün bei allen außer Ihnen!, und dann: Gewaltam­bulanzen: nur bei Ihnen Daumen rauf und bei allen anderen runter!? Ist das wirklich der Sinn des Antrages?

Machen wir doch gemeinsam das Richtige! Sorgen wir für einen ordentlichen Gewaltschutz, sorgen wir für eine ordentliche Prävention und beschlie­ßen wir jetzt gemeinsam diese Gewaltambulanzen! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.14

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Pia Philippa Beck. – Bitte.