18.07
Abgeordneter Dr. Johannes Margreiter (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzte Frau Bundesministerin! Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Die österreichische Justiz erledigt pro Jahr über eine Million Zivilfälle und circa 80 000 Strafverfahren. Ich halte es für wichtig, diese Relation einmal ins Bewusstsein zu rufen, weil sie doch zeigt, dass unsere Justiz nicht nur Strafjustiz betreibt, die natürlich medial viel mehr Aufmerksamkeit erregt, sondern sich auch zum allergrößten Teil mit Zivil- und Außerstreitsachen zum Wohle der Bevölkerung beschäftigt.
Dennoch ist es richtig, dass wir uns in der Politik, hier im Parlament doch auch mit der Frage der Weisungsbefugnis in Richtung der Strafverfolgungsbehörden ausführlich beschäftigen, weil es eben so ist, dass die Strafverfahren und speziell die clamorosen Strafverfahren hohes Medieninteresse auslösen und von da abgeleitet für die Bevölkerung natürlich besonders interessant sind und daher auch für das Vertrauen der Bevölkerung in die Justiz besonders interessant sind.
Von den 80 000 Strafverfahren, die pro Jahr erledigt werden, sind circa 400 von der Thematik der Weisungen betroffen. Der Weisungsbericht 2021 zeigt sehr schön auf: Wie da gearbeitet wird, davon ist wenig zu beanstanden. Besonders interessant von diesen 29 aufgelisteten Fällen, die im Berichtszeitraum erledigt worden sind, ist der Fall Nummer 29, weil das einer ist, bei dem die weisungsbefugte Bundesministerin für Justiz nicht der Empfehlung des Weisungsrates gefolgt ist. Das wird sehr sachlich begründet, das ist eine Begründung, über die Juristen durchaus diskutieren können.
Dennoch, glaube ich, zeigt dieser Weisungsbericht sehr deutlich, dass es richtig ist, wenn wir die Weisungsspitze neu organisieren. Gerade die Ausführungen von Kollegen Schrangl, den ich sehr schätze, der aber darauf hinweist, dass eigentlich alles in Butter ist, machen mich hellhörig, und es stellt sich die Frage, warum ausgerechnet die FPÖ sich dagegen stemmt, die Weisungsspitze neu zu organisieren, ist es doch – wie man sieht, wenn man diesen aktuellen Weisungsbericht jetzt liest und alle Fälle durchschaut – genau die FPÖ, die am häufigsten den Weisungsrat beschäftigt hat, die – die FPÖ oder ihre Funktionäre – am häufigsten Verfahren hatte, in denen es eben darum gegangen ist, zu entscheiden, ob Anklage erhoben wird, ob das Ermittlungsverfahren eingestellt wird oder nicht.
Da wir jetzt vor Wahlen stehen, die möglicherweise die Mehrheitsverhältnisse in diesem Haus deutlich ändern werden, sollten wir im Sinne der Stärkung der Demokratie – und im Sinne dessen, dass wir praktisch ein Immunsystem dagegen, dass das Strafrecht missbräuchlich für politische Agitation verwendet wird, aufbauen – wirklich in diesem sensiblen Bereich des Weisungsrechtes ein Weisungssystem einführen, welches die Demokratie schützt.
Ich bin der Überzeugung, dass das Weisungssystem, wie es die Arbeitsgruppe, die vom Justizministerium eingesetzt worden ist, vorgeschlagen hat, einen hohen rechtsstaatlichen und letztlich demokratischen Mehrwert bringen würde, und würde mir daher wünschen, dass das in dieser Gesetzgebungsperiode noch geht, denn wer weiß, welche Mehrheitsverhältnisse nach dem 29. September 2024 in diesem Haus herrschen werden und ob es da nicht schon zu spät ist. Vielleicht gelingt es ja doch noch in dieser Gesetzgebungsperiode, diesen wichtigen Schutzschirm der neu organisierten Weisungsspitze einzuziehen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)
18.12
Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Frau Bundesministerin Alma Zadić zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.