19.47

Abgeordneter Alois Schroll (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ja, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Schaut euch die Grafik an (eine Tafel mit der Aufschrift „Börsenpreis Gas“ und einem Liniendiagramm auf das Redner:innenpult stellend): Im Februar lag der Börsenpreis für Gas bei 24 Euro pro Megawattstunde (Zwischenrufe der Abgeordneten Schwarz und Lukas Hammer), Anfang Juni lag der Preis bei 38 Euro pro Megawattstunde. Das ist eine Preissteigerung von 58 Prozent. 58 Prozent! Damit sind wir trauri­ger Europameister bei den Gaspreisen.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, wir, die Oppositionsparteien, haben im Ausschuss und auch hier im Hohen Haus oft – sehr, sehr oft – darauf hingewiesen, wir haben Gaspreisdeckel verlangt, wir haben Strompreis­deckel verlangt, wir haben das Aussetzen der Meritorder verlangt. Wer sich mit dem Meritordersystem ein bisschen beschäftigt und auseinandersetzt, der weiß, was es heißt, nämlich den Strompreis wieder in die Höhe zu ziehen. Kollege Schnabel – er ist gerade nicht im Haus – hat vorhin gesagt, ich hätte mich nicht damit auseinandergesetzt. – Ich setze mich schon sehr, sehr lange mit dem Thema Energie auseinander und weiß, wovon ich rede.

Geschätzte Damen und Herren, wenn Sie es mir nicht glauben, dann glauben Sie es Wifo-Direktor Gabriel Felbermayr, der es in der „Pressestunde“ am Sonntag selber gesagt hat: Vielleicht hätten wir doch in den Markt eingreifen sollen, vielleicht hätten wir den Gaspreisdeckel einziehen sollen. (Bei­fall bei der SPÖ.)

Ich erinnere euch, liebe Kolleginnen und Kollegen: Der russische Angriffs­krieg in der Ukraine dauert nun schon seit über zwei Jahren an. Währenddessen sind die Preise explodiert. Hunderttausende Haushalte in Österreich, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, haben es sich im Winter nicht leisten können, ihre Wohnungen auf eine angenehme Temperatur von 21, 22 Grad zu heizen. Es gab viele Rekordinsolvenzen und das hat natürlich auch die Arbeitslosigkeit mit in die Höhe getrieben. Die Regierung hat es nicht auf die Reihe gebracht, die Strompreiskompensation zu novellieren, um Arbeitsplätze in energieintensiven Industrien zu halten, aber auch abzusichern.

Jetzt raten Sie einmal, geschätzte Damen und Herren, weil es so gut zum Thema passt, wie viel Übergewinnsteuer die EVN in meinem Bundesland von ihren rund 450 Millionen Euro Übergewinn 2023 dieses Jahr an Finanzminis­ter Brunner zahlen muss? Ihr dürft einmal raten, und ihr braucht nicht lange zu raten: nämlich 0 Euro – mit eurem Gesetz, das ihr beschlossen habt, das die Übergewinnsteuer betrifft! (Ruf bei der SPÖ: Wahnsinn!)

Das ist die Bilanz von euch, von Schwarz und Grün! Leider haben wir in einer Zeit der großen Herausforderungen eine Regierung ohne Plan. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen: Im März, zwei Jahre nach Ausbruch des Krieges, stammen noch immer 93 Prozent des nach Öster­reich importierten Gases aus Russland – 93 Prozent, geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Nun wird die Ukraine den Durchleitungsvertrag nicht mehr verlängern. Damit droht, dass ab 1. Jänner 2025 auf einen Schlag kein Gas mehr von Russland nach Österreich kommen wird.

Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Ich muss Ihnen leider die Fragen stellen: Was kommt dann auf uns zu? Eine erneute Preisexplosion, erneute Insolvenzwellen, erneute Kurzarbeit und hohe Arbeitslosigkeit? Wo bleiben die Strategien? Wo bleiben die Prognosen? Und vor allem: Wo bleibt die Garantie, dass die Menschen nicht erneut für das Versagen oder Nichts­tun dieser Regierung draufzahlen müssen? Genau so eine Garantie braucht es jetzt. Es muss jetzt nach zwei Jahren katastrophaler Wirtschaftspolitik doch endlich bei euch angekommen sein, dass wir handeln müssen! Es wäre noch nicht zu spät. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Grünen kündigen ein Gesetz nach dem anderen an. Die ÖVP blo­ckiert eines nach dem anderen. Wir haben es jetzt gerade von Kollegen Hammer gehört: Die Bundesministerin bemüht sich, bringt ein Gesetz nach dem anderen auf den Tisch und die ÖVP blockiert. Dann werden die Oppositionspar­teien schuldig gesprochen, weil sie nicht mitstimmen oder weil sie schlechten Gesetzen, die derart zusammengeschnitten worden sind, zustimmen sollten – aber nicht mit uns, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Nun sprechen wir also über ein Gasdiversifizierungspaket, das das Papier, auf dem es geschrieben steht, eigentlich nicht wert ist. Energieunter­nehmen sollen Pläne und Berichte schreiben, wie sie ihre Einkaufspolitik ge­stalten wollen. Das ist das, was von Ihren anfänglichen Plänen, Frau Bundesministerin, noch übrig ist! Keine Rede mehr vom Ausstiegspfad, keine verpflichtenden Quoten, keine Rede vom Ausbau der Infrastruktur, keine Herkunftsbezeichnung für Gas – das ist wirklich ein Kniefall vor der ÖVP! Wir verstehen es aber, denn sonst würde das Gesetz wahrscheinlich nicht einmal in dieser reduzierten Form beschlossen werden.

Auch wurde das Gesetz, meine Kollegen von der Oppositionspartei haben es schon angesprochen, keiner Begutachtung zugeführt. Schwarz und Grün scheuen wahrscheinlich die Diskussion mit Expert:innen, Interessenvertre­tungen, Verbänden und Unternehmen. Wir sind es gewohnt. Die SPÖ ist eine Partei, die Verantwortung für Österreich übernimmt. Dem Gesetz fehlt es an Mut und Weitsicht. Weil dieses Gesetz aber besser als nichts ist, werden wir ihm heute zustimmen, weil wir damit signalisieren wollen, unab­hängig vom russischen Gas werden zu wollen.

Die Regierung konnten wir in Verhandlungen bis vor wenigen Minuten vor die­ser meiner Rede noch überzeugen, einige Punkte hineinzuverhandeln be­ziehungsweise heute auch hier auszusagen. Das entlastet die arbeitenden Men­schen in Österreich. Leider Gottes ist nicht mehr herausgekommen. Dieses Gesetz hätte wesentlich mehr gekonnt. Wir werden aber trotzdem zustimmen, damit wenigstens ein Signal gesetzt wird. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.53

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Tanja Graf. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.