19.53

Abgeordnete Tanja Graf (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf wieder den Mittelpunkt dieses Antra­ges ein bisschen näher thematisieren. Es geht um das Thema Gasdiversifi­zierung und um die Versorgungssicherheit. Da behandeln wir drei Materien. Ein bisschen ausführlicher für die Damen und Herren, weil dieser ganze vorige Redebeitrag jetzt irgendwie mit anderen Materien beschäftigt war: Wir werden das Gaswirtschaftsgesetz ändern, indem wir die Rechtsgrundlage für die strategische Gasreserve bis 2027 verlängern. Das ist ein wich­tiger Schritt – Herr Kollege Schroll, ich schaue jetzt insbesondere Sie an! –, um die Versorgungssicherheit für die Haushalte zu gewährleisten. Daher werden wir sie bis 2027 verlängern.

Es wird zusätzlich zum Gaswirtschaftsgesetz diesen Anhang geben, dass Ver­sorger verpflichtet werden, Konzepte abzugeben, die darstellen sollen, was sie bei einem Ausfall größerer Gasbezugsquellen machen werden. Es soll ein konkretes Konzept dazu geben, welche Maßnahmen die Versorgungs­unternehmer treffen werden, um den Anteil russischen Gases zu reduzieren.

Die jeweiligen Konzepte sind heuer noch, und zwar bis zum 1. Oktober 2024, an die Regulierungsbehörde E-Control zu übermitteln. Dann haben wir Daten, Fakten. Dann können wir weiterarbeiten.

Das Gasdiversifizierungsgesetz ist die zweite Materie, die hier behandelt wird. Um die Gasdiversifizierung zu erhöhen, gibt es eben derzeit 100 Millionen Euro, damit wir Unternehmer und Versorger unterstützen, die Gasdiversifizierung ma­chen. Wir werden bei den Leitungskosten unterstützen und dies – so wie die Rechtsgrundlagen für die strategische Gasreserve – verlängern, um den Anreiz zu schaffen, dass man diversifiziert. Das ist eben ein Beitrag, um die Gasdiversifizierung voranzutreiben.

Das Energielenkungsgesetz ist ein Gesetz, das wir bereits beschlossen haben. Da geht es darum: Wenn Betriebe mehr bevorraten oder mehr Terawattstun­den einspeisen, und sollte im Lenkungsfall Energie oder Gas benötigt werden, wird es so sein, dass die Betriebe entschädigt werden, wenn wir ihnen zu viel Gas wegnehmen, sollten wir einen Energielenkungsfall haben. Wir haben in Österreich Gott sei Dank noch keinen gehabt, dieser Fall ist noch nicht eingetreten, aber das wollen wir auch verlängern, damit die Betriebe ihre Produktionen weiterbetreiben können und da keine Sorge haben müssen.

Es ist klar: Für Österreich gilt natürlich, dass wir seit dem Angriffskrieg den An­teil des russischen Gases verringern möchten. Ich gewinne hier leider immer den Eindruck, dass Emotionen die Fakten ein bisschen schlagen. Daher ist es mir wichtig, hier faktenorientiert zu arbeiten.

Zur Versorgungssicherheit – ich habe es heute schon erwähnt –: Die Speicher sind sehr gut gefüllt, aktuell mit 80 Prozent. (Abg. Schroll: Und wem ge­hört es?) Auch die E-Control hat zuletzt berichtet, dass wir bei unterschied­lichen Szenarien, etwa wenn die Leitung durch die Ukraine ausfällt, wie Kollege Schroll gesagt hat, uns die nächsten zwei Winter keine Sorgen um die Ver­sorgungssicherheit in Österreich machen müssen. (Abg. Schroll: Nein, stimmt nicht!) Das hat die E-Control mitgegeben. Wir haben den Gasverbrauch um 12,5 Prozent gesenkt. (Abg. Kassegger: Wem gehören denn die 80 Prozent? – Abg. Schroll: 40 Prozent gehören Österreich! 40 Prozent!)

Wir haben den Anteil an erneuerbaren Energien in die Höhe getrieben, indem wir derzeit 87 Prozent unseres Stroms aus erneuerbaren Quellen produ­zieren. Darauf kann man in Österreich schon stolz sein. Damit haben wir bei den erneuerbaren Energien EU-weit den zweiten Platz. Das sollte man nicht vergessen.

Was die Gasdiversifizierung betrifft: Ich habe es gesagt, wir haben den Gasverbrauch um 12,5 Prozent reduziert, von 90 Terawattstunden auf 74. Das ist ein Beitrag, den wir durch unsere Maßnahmen geschafft haben. Weil immer eine Zahl genannt wird – du hast vorhin gesagt, Alois, der Anteil russi­schen Gases liege bei 90 Prozent –, muss ich sagen: Es ist immer eine Frage der Darstellung. Wenn man auf energie.gv.at nachschaut, sieht man ge­nau, in welchem Monat der russische Gasanteil wie hoch ist.

Jetzt kann ich natürlich den Jänner 2023 herausnehmen: Da haben wir 47 Pro­zent russisches Gas gehabt. Im April 2024 haben wir 81 Prozent russi­sches Gas gehabt. Im Durchschnitt aber, das geht aus energie.gv.at klar hervor, haben wir 64 Prozent russisches Gas gehabt. Natürlich ist das noch zu viel, das sehen wir auch ein. Was ich aber nicht möchte, ist, dass wir den Ein­druck vermitteln, dass Österreich da schlecht unterwegs ist.

Schauen wir uns einmal die Fakten an: Warum sage ich das? Österreich ist pipelinemäßig leider so organisiert, dass wir von der Pipeline abhängig sind. Wir bekommen russisches Gas über die Pipeline. Die europäischen Länder haben sich von der Pipeline verabschiedet und sind auf LNG umgestiegen. Und da muss man ehrlich sein. Wenn man ehrliche Energiepolitik betreiben will, dann muss man hier ehrlich sein. Schauen wir uns die Zahlen an – das „Handelsblatt“ hat sie unlängst veröffentlicht –: Der Anteil an LNG aus Russland beträgt in Gesamteuropa 42 Prozent. Viele Länder sind von der Pipeline auf russisches LNG umgestiegen. Ist Österreich deswegen jetzt nicht ordnungs­gemäß unterwegs? Nein, wir sind pipelineabhängig, und das ist unser Problem. Deswegen sind Pipelines für uns wichtig, und deswegen ist es wichtig, dass der WAG-Loop mit einer Beschleunigung gebaut wird.

Wenn ich dann zusätzlich noch im „Handelsblatt“ lese, dass Länder wie Frankreich, Spanien oder Belgien, und insbesondere Spanien, das nicht abhängig von russischem Gas war, jetzt auf einmal den doppelten LNG-Anteil an russischem Gas haben, dann muss ich sagen: Das ist keine ehrliche Energiepoli­tik, die generell vermittelt wird.

Tatsache ist, wir haben ein Ziel, wir wollen hinaus aus dem russischen Gas. Nur müssen wir entscheiden, wie wir hinauskommen. Da ist natürlich der WAG-Loop oder die Infrastruktur – Frau Kollegin Doppelbauer hat es gesagt – das Wichtigste. Also konzentrieren wir uns auf die Infrastruktur, darauf, dass wir diese beschleunigen und vorantreiben. (Beifall bei der ÖVP.)

Da habe ich noch einen dringenden Wunsch an Sie, Frau Ministerin. Österreich war jetzt mit Mehrkosten durch die deutsche Gasspeicherumlage kon­frontiert. Wir haben bis jetzt 50 Millionen Euro dafür ausgegeben. Die Deut­schen haben uns jetzt mitgeteilt, dass sie das mit 1.1.2025 aussetzen werden, aber wir werden bis dahin noch eine Menge Geld an Deutschland überweisen müssen. Tatsache ist, die Deutschen haben auch angekündigt, dass diese Gasspeicherumlage mit Juli erhöht wird.

Jetzt muss man natürlich auch die Frage stellen: Der Anreiz, auf die andere Pipeline zu gehen, ist dadurch sehr gering, denn: Welchen Anreiz hat man, umzuleiten, wenn man dort doppelte Kosten hat?

Meine Bitte an Sie: Vielleicht schaffen Sie es doch, mit Ihrem Parteikol­legen Habeck ins Gespräch zu kommen, sodass er das aussetzt beziehungsweise wir das nicht bezahlen.

Ich erinnere daran: Wir haben mit Deutschland ein Solidaritätsabkommen. Das ist alles, aber nicht Solidarität, was die Deutschen jetzt da machen. Ganz im Gegenteil, das ist eine Abzocke gegenüber Österreich. Wir sollten nicht zulassen, dass wir das machen. Daher meine ganz große Bitte: Sprechen Sie mit Kollegen Habeck in Deutschland noch einmal dieses Thema an, dass wir in Österreich das nicht bezahlen wollen!

Wenn wir jetzt die Infrastruktur noch vorantreiben, dann werden wir auch den Weg der Gasdiversifizierung schneller schaffen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

20.01

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu einer Stellungnahme hat sich nun wiederum Frau Bundesministerin Gewessler zu Wort gemeldet. – Bitte schön, Frau Bundesministerin.