Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Guten Morgen, Herr Minister! Meine Frage bezieht sich auf die Umsetzung der EU-Entwaldungsverordnung. Diese sollte ja eigentlich schon mit nächstem Jahr auch angewendet werden. Wie weit ist Ihr Ministerium mit der Vorbereitung für die Umsetzung?
Ganz konkret, vielleicht auch für die Zuschauer:innen, geht es darum, dass wir nicht länger Holz importieren, für das beispielsweise Regenwald gerodet wurde, also doch ein sehr wichtiges Thema. Andere Länder, beispielsweise Deutschland, haben schon genaue Pläne vorgelegt, wie man da vorgehen will, wie viele Kontrollen man machen will, wie viel Personal man dazu braucht. Wie weit sind Sie in der Umsetzung?
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Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 363/M, hat folgenden Wortlaut:
„Wie weit ist Ihr Ministerium mit den Vorarbeiten für die Umsetzung der EU-Entwaldungsverordnung, die dazu führen soll, dass nicht länger Produkte importiert werden, für die beispielsweise der Regenwald gerodet wird?“
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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Also erstens einmal ist das Anliegen der Entwaldungsverordnung ja, die illegale Abholzung des Regenwaldes zu reduzieren, einzudämmen; man blickt da sehr stark nach Südamerika, nach Afrika, nach Asien. Die Entwaldungsverordnung ist, wie Sie richtig sagen, bereits in Kraft getreten, die Anwendung steht bevor, und das heißt, dieselben Auflagen wie für Südamerika sollen praktisch auch bei uns erfüllt werden. Das bringt eben bürokratischen Mehraufwand.
Sie haben richtig angesprochen: Entwaldungsverordnung – das ist eine Verordnung, das heißt, sie gilt unmittelbar. Das heißt, alles im Zusammenhang mit der Registrierung der Produkte – Holz, Rindfleisch, Soja – muss die Europäische Kommission zur Verfügung stellen, die Datenbank, die Schnittstellen, die zur Verfügung stehen , um die Geolokalisation der Flächen einzutragen. Das ist Sache der Europäischen Kommission. Da ist man säumig – allerdings kommen da die einen oder anderen Neuigkeiten in den nächsten Wochen –, die Leitlinien fehlen, die Informationsvorgaben, die Fragen und Antworten, die FAQs für die Anwender fehlen nach wie vor; die Risikoeinstufung ist nach wie vor nicht da – man sieht drei Stufen vor.
Was Österreich bringen muss, ist die Frage der Kontrollen, also wer zuständig ist. Das sind wir in der Finalisierung der Gesetzestexte, wir werden jetzt in den nächsten Tagen mit dem Koalitionspartner in Kontakt treten.
Die wichtigen Voraussetzungen aber, damit das Ganze überhaupt funktioniert, muss die Europäische Kommission bringen, und diese sind nach wie vor nicht auf dem Tisch. Deswegen wundert mich auch das Thema Deutschland. Die rufen nämlich auch bei uns an und fragen: Wie macht ihr das, wie geht ihr mit dem Thema um?, weil es bei der Frage allen in Europa gleich geht. Deswegen haben auch 20 Länder unseren Vorstoß im Agrarministerrat unterstützt, die Anwendung zu verschieben. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.
Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Ja. Erlauben Sie mir nur diesen einen Satz: Eine Verordnung zu verschieben, in der es darum geht, dass nicht länger Regenwald gerodet wird, sodass wir hier illegal gerodetes Holz importieren, halte ich für grundlegend falsch.
Zur Frage aber: Sie haben gesagt, Österreich sei zuständig für die Kontrollen. Wie viele Kontrollen will das Bundesamt für Wald in den kommenden Jahren durchführen und wie viel Personal werden wir dafür brauchen? – Das ist nämlich schon etwas, das ab nächstem Jahr gültig sein muss. Wenn man da zusätzliches Personal braucht, muss man jetzt aktiv werden. Wie viele Kontrollen wollen Sie durchführen? Deutschland hat, denke ich, von einer Verzehnfachung der Kontrollen gesprochen, da gibt es also schon einen Plan. Vielleicht können Sie das noch ausführen.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Da gibt es keinen Plan. Die Kommission hat gesagt, weil sie mit der Risikoeinstufung der Länder säumig ist – und es gibt ein dreistufiges Modell; geringes Risiko: 1 Prozent, mittleres Risiko: 3 Prozent, hohes Risiko: 9 Prozent –, müssen halt alle ein mittleres Risiko annehmen, das heißt 3 Prozent Kontrollen müssen vorgesehen werden. Das haben wir kritisiert, weil das natürlich in der Budgetierung, in der Personalplanung mehr Personal erfordern würde, als tatsächlich gebraucht wird. Wenn wir ein Land mit geringem Risiko – 1 Prozent – sind, warum sollen wir Personal für 3 Prozent einstellen? Das ist genau ein Kritikpunkt, den wir vorgebracht haben.
In der Planung sind wir natürlich jetzt vorausblickend, was das bedeuten würde. Man muss aber bei den Kontrollen immer eines wissen: Die Anwendung muss mit 1. Jänner funktionieren, die Kontrollen erfolgen aber ja immer im Nachhinein, das heißt, man hat einen gewissen Spielraum, und wir hoffen wirklich, dass die Kommission jetzt zeitgerecht das liefert, was sie liefern soll, nämlich die Risikoeinstufung für die Mitgliedsländer. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Abgeordneter Kühberger. – Bitte.
Abgeordneter Andreas Kühberger (ÖVP): Geschätzter Herr Bundesminister! Sie haben in der Vorbeantwortung erwähnt, dass es Länder wie Brasilien gibt, aber auch einige Länder in Europa, die unkontrolliert Entwaldung durchführen, und dass das natürlich auch unserer nachhaltigen Holzwirtschaft in Österreich schadet.
In Österreich haben wir ja eine andere Situation. Wir betreiben nachhaltige Forstwirtschaft und vor allem wächst unser Wald, jedes Jahr um zusätzliche 2 300 Hektar. Meine Frage: Sie fordern ja auf EU-Ebene eine Ausnahme für EU-Mitgliedstaaten wie Österreich, die de facto kein Entwaldungsrisiko aufweisen. Wie begründen Sie diese Forderung und welche Maßnahmen haben Sie schon gesetzt?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Das ist völlig richtig. Wer die Entwaldungsverordnung im Detail studiert – das geht auch unseren Experten nicht anders –, stellt fest, das ist wahnsinnig komplex, schwer verständlich, wahnsinnig schwierig zu interpretieren.
Das ist ein weiterer Grund, den wir auf europäischer Ebene eingebracht haben: erstens die Anwendung zu verschieben, damit endlich einmal alle Voraussetzungen seitens der Kommission auf dem Tisch sind, wenn wir die Umsetzung machen.
Darüber hinaus haben wir gefordert, dass es für Länder, in denen es de facto kein Entwaldungsrisiko gibt, eine Ausnahme gibt. Sie haben richtig angeführt: Der Wald in Österreich ist seit 1961 um über 330 000 Hektar gewachsen. Wir haben in Österreich kein Entwaldungsrisiko. Deswegen verstehen auch die Bäuerinnen und Bauern nicht, warum sie da zusätzliche Bürokratie akzeptieren müssen, auf sich nehmen müssen, um Rindfleisch, um Rinder zu verkaufen, um Holz zu verkaufen, um Soja zu verkaufen; und genau deswegen setzen wir uns dafür ein.
Unsere Initiative wurde wie gesagt von über 20 Mitgliedsländern unterstützt, und jetzt schauen wir uns an, ob die Kommission darauf eingehen wird. Wir warten auf eine Reaktion aus Brüssel und hoffen, dass wir im Sinne eines praxisorientierten, anwendungsorientierten Zugangs weiterkommen. (Beifall bei der ÖVP.)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordnete Neumann-Hartberger. – Bitte sehr, Frau Abgeordnete.