10.55
Abgeordneter Mag. Christian Drobits (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Nun, es geht in dieser Novelle zum Arbeitslosenversicherungsgesetz um eine heikle Materie: Antragstellung und vor allem Vorrang der digitalen Antragstellung im AMS-Bereich.
Kollegin Graf, Sie sagen, das ist eine Kannbestimmung (Abg. Tanja Graf: Ja!), man kann das auch analog machen. Lesen Sie den zweiten Satz Ihres § 46! (Abg. Tanja Graf: Der Kollege hat es gerade vorgelesen, den ganzen Paragrafen!) Im zweiten Satz steht ganz klar drinnen, „vorrangig“ (Abg. Tanja Graf: Ja, aber nicht muss! Das ist ja kein Muss!) ist der Antrag „über das elektronische Kommunikationssystem“ einzubringen (Abg. Tanja Graf: Er muss aber nicht!) – vorrangig heißt primär, und vorrangig heißt nicht entweder oder. (Abg. Tanja Graf: Vielleicht lest ihr den Paragrafen noch einmal, bitte!) Dann müssen Sie Ihren Gesetzestext anders fassen (Abg. Tanja Graf: Lesen Sie den Paragrafen!), das ist ein Ausschluss für all jene, die digital nicht fit genug sind.
Ein Drittel der Arbeitslosen sind nachweislich nicht digital fit genug (Abg. Tanja Graf: Und die zwei Drittel sollen das andere nicht machen dürfen, oder? Also entschuldige!), da geht es um technische Mittel oder eventuell auch um sprachliche Defizite. (Abg. Lukas Hammer: Quod erat demonstrandum!)
Frau Kollegin Graf, das Kann ist nicht richtig (Abg. Tanja Graf: Sicher!), es ist richtig, dass primär und vorrangig das elektronische Kommunikationssystem zum Einsatz kommen soll.
Das ist ein Ausschluss der analogen Welt. Sie machen das ähnlich wie auch in anderen Bereichen, bei Bundesförderungen. (Abg. Tanja Graf: Das glaubt doch kein Mensch, der lesen kann, entschuldige!) Gestern hat Ihnen Kollegin Holzleitner ganz klar und eindeutig gesagt (Abg. Tanja Graf: Jeder, der lesen kann, glaubt das nicht, was Sie da erzählen!), dass Menschen, die nicht die Möglichkeit haben, einen Zugang zum Internet zu haben, oder die nicht internetfit sind, leider von Steuermitteln ausgeschlossen werden. (Abg. Tanja Graf: Ja, genau!)
Es geht um 4 Milliarden Euro: Sie geben jenen Menschen, die es wirklich brauchen, nicht die Möglichkeit, einen Reparaturbonus oder vielleicht auch einen Sanierungsbonus in Anspruch zu nehmen.
Ich glaube, Frau Kollegin Graf, Sie können auch Gesetzestexte lesen. (Abg. Tanja Graf: Ja! – Abg. Bogner-Strauß: Wir lesen sie aber sinnerfassend!) Das ist so.
Deshalb ist unsere Meinung, wie auch Kollege Stöger gesagt hat: Das ist sicher eine Gesetzesbestimmung, der wir als Sozialdemokraten nicht zustimmen dürfen, weil nämlich damit die Zielvorgabe für das AMS verloren geht.
Es ist keine wirkungsorientierte, effiziente und sinnvolle Vermittlung mehr möglich. Menschen, die an Krebs erkranken oder mit 58 Jahren gekündigt werden, haben nicht mehr die Möglichkeit, selbst vorzusprechen. (Ruf bei den Grünen: Das stimmt ja nicht! – Abg. Tanja Graf: Sicher haben sie die Möglichkeit! Das sind ja totale Fakenews, was Sie da erzählen!) Sie haben recht, das ist vielleicht sogar ein Schritt in die Richtung, dass es zukünftig dann verpflichtend wird.
Sie haben aber schon eingeführt, Frau Kollegin, dass derzeit zweimal in der Woche an Werktagen elektronisch nachgeschaut werden muss, ob es Vorstellungstermine gibt und so weiter. (Abg. Tanja Graf: Das hat der Herr Kollege Koza gesagt!) Das ist eine Verpflichtung (Abg. Tanja Graf: Ja, eh!), da haben Sie recht. Diese Verpflichtung heißt aber, dass Menschen, die nicht in der Lage sind, das zu verwalten und anzuschauen, jetzt schon Probleme haben und Sperren bekommen. (Abg. Tanja Graf: Also das ist ja - -! Schauen Sie sich doch die Zahlen an, wie viele gesperrt werden!)
Ich kenne eine krebskranke Frau, die eine Sperre bekommen hat, weil sie diese Frist nicht einhalten konnte.
Das heißt, wir haben schon große Probleme (Abg. Tanja Graf: Ja, aber mit euch selber habt ihr Probleme!), aber die großen Probleme verursachen Sie, indem Sie weiterhin die analoge Welt ausschließen. Was hindert Sie daran, zu sagen, analog ist genauso möglich wie digital? (Abg. Tanja Graf: Na, sowas regt mich echt auf! Das ist ein Wahnsinn, so eine Ignoranz!)
Meine Fraktion wird jedenfalls auch diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen können, weil Sie wirklich in der Lage sind, Menschen auszuschließen, und da ist es bei uns ähnlich wie bei den Freiheitlichen (Abg. Tanja Graf: Ich bin ja auch dafür, dass die Gewerkschaftsbeiträge nicht mehr online passieren dürfen – holt sie analog ein bei den Leuten!): Sie wollen weiterreichende Änderungen, wir wollen kein Gesetz, das diese Menschen schlechterstellt und ausschließt. – Danke sehr für die Aufmerksamkeit. (Abg. Tanja Graf: Der Kollege Loacker wird das jetzt richtig machen!)
10.58
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf alle Abgeordneten noch einmal informieren, dass Fritz Jungmayr, der die Sendung „Hohes Haus“ seit 36 Jahren kommentiert, nach 15 Jahren Chef der ORF-Sendung „Hohes Haus“ in Pension geht und nur mehr heute bis 13 Uhr berichtet.
Ich glaube, wir schenken ihm von dieser Stelle einen herzlichen Applaus und ein herzliches Dankeschön. Er wird es in seiner Kommentatorenkabine hören. (Rufe: Nein, er ist da!) – Ah, er ist da. (Allgemeiner Beifall für den auf dem Pressebalkon stehenden Fritz Jungmayr.)
Wir bedanken uns ganz herzlich für diese faire Begleitung in all diesen Jahren. – Herzlichen Dank und viel Gesundheit im neuen Lebensabschnitt!
Zu Wort gelangt Abgeordneter Loacker. – Bitte.