14.06
Abgeordnete Bedrana Ribo, MA (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Volksanwältin Schwarz, geschätzter Volksanwalt Achitz! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseher:innen hier auf der Galerie und natürlich auch zu Hause vor den Bildschirmen! Ich fange auch mit einem Danke an: Danke an die Volksanwaltschaft, danke an euch zwei – der Dritte im Bunde fehlt heute leider, aber danke auch an ihn – und natürlich auch danke an das gesamte Team für euren unermüdlichen Einsatz für die Menschen in Österreich, für uns alle! Die Menschen vertrauen der Volksanwaltschaft, das haben wir heute gehört – sie erreichte den ersten Platz beim Vertrauensindex. Auch ich möchte ihr natürlich dazu gratulieren. Das ist wirklich etwas Schönes und Erfreuliches. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Gahr.)
Das Beschwerdeaufkommen hat sich im Jahr 2023 auf hohem Niveau stabilisiert, es gab über 23 000 eingegangene Beschwerden. Das ist viel und es zeigt eben auch, dass die Menschen die Volksanwaltschaft aufsuchen, dass sie sie kennen, dass sie sich an sie wenden, dass die Zugänge doch sehr niederschwellig sind und dass das Angebot angenommen wird. Wir haben es auch heute schon von meiner Kollegin gehört: Es gibt die Möglichkeit von Sprechstunden in den Regionen, es gibt natürlich die Möglichkeit anzurufen, dann gibt es die Möglichkeit, Onlineformulare auszufüllen, es wird also auch dem digitalen Zeitalter Rechnung getragen. Das ist sehr erfreulich.
Der Bericht ist ein sehr umfassender. Wir haben das im Ausschuss auch sehr ausführlich diskutiert, und viele Fragen wurden auch beantwortet. Schade ist, dass es hier jetzt nicht die Zeit gibt, dass wir über alles, was in dem Bericht angeführt wird, sprechen, weil das natürlich alles wichtige Themen sind. Deswegen ist es auch wirklich eine Empfehlung an alle, sich diesen doch sehr umfangreichen Bericht durchzulesen, weil viele wichtige Themen darin angesprochen werden.
Ich möchte die Zeit nutzen, um auf zwei Themen aufmerksam zu machen: zum einen das Schmerzmanagement in Alten- und Pflegeheimen. Laut dem Bericht gab es im Jahr 2023 119 Besuche in Alten- und Pflegeheimen; 1 500 Interviews mit Bewohner:innen mit und ohne kognitive Beeinträchtigung wurden geführt. Ein paar Fakten zum Schmerzmanagement: 60 bis 80 Prozent der Bewohner:innen leiden unter Schmerzen. Das ist natürlich nicht schön.
Wir haben auf der anderen Seite immer wieder auch das Thema der Überdosierung. Das heißt, man muss auch wirklich genau hinschauen, dass Menschen in Pflegeheimen nicht nur Schmerzmittel verabreicht werden. In mehr als 25 Prozent der Einrichtungen wird kein Schmerzmanagement angewandt. Da muss man auch genau hinschauen. Auch die Pflegeeinrichtungen müssen sich da bemühen. Ich weiß, dass sie das eh machen, aber man muss sich eben noch mehr bemühen, flächendeckend auch qualitativ hochwertige Methoden zur Schmerzmitteltherapie für die Versorgung zu schaffen – das braucht es.
Es braucht regelmäßige Screenings. Es braucht Erhebungen von schmerztypischen Verhaltensweisen und, und, und. Da gibt es im Bericht genug Empfehlungen, an die man sich anlehnen kann.
Wenn man über Schmerzmittel redet, ist mir ganz wichtig, dass man auch über die Wirkung von Schmerzmitteln spricht, denn die Wirkung auf Frauen und Männer ist nicht die gleiche. Die Nebenwirkungen bei Frauen sind doppelt so hoch. Das ist auch etwas, bei dem man einfach viel, viel genauer hinschauen muss und wofür das Bewusstsein zum Teil noch fehlt.
Was kann man dagegen tun? – Natürlich Painnurses; das wäre die Antwort. Leider gibt es nur in der Hälfte der Einrichtungen Painnurses, also Schmerzschwestern. Da braucht es eben nach wie vor weiterhin Schulungen für das Pflegepersonal in diesem Bereich, damit man da wirklich auch zielgenau arbeiten kann.
Ein weiteres Thema, das nicht nur mir, sondern vielen Menschen sehr wichtig ist, das auch Prüfschwerpunkt war, ist Selbstbestimmung mit Fokus auf sexuelle Selbstbestimmung. In einem eigenen Prüfschwerpunkt haben sich die Kommissionen der Volksanwaltschaft die Möglichkeit der sexuellen Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung in Einrichtungen näher angesehen. Dabei wurden viele, wirklich viele Mängel festgestellt.
Es gibt natürlich auch Good-Practice-Beispiele, auf die ich auch kurz eingehen werde, aber ich möchte natürlich auch auf die Mängel eingehen.
40 Prozent der Einrichtungen verfügen prinzipiell über ein sexualpädagogisches Konzept. Auf den ersten Blick denkt man sich: Ja, das ist eh gut. Von diesem Konzept weiß aber zum Teil nur das Leitungspersonal. Die Mitarbeiter:innen und die Klient:innen wissen also nichts davon, was wiederum heißt, dass das Konzept in der Praxis nicht gelebt wird. Dafür gibt es viele verschiedene Gründe, auf ein paar möchte ich eingehen.
Nur in 20 Prozent der Fälle gibt es das Konzept in leichter Sprache. Das wäre eigentlich für Menschen mit Behinderung die Grundvoraussetzung, die nur in 20 Prozent der Fälle erfüllt ist.
In einem Großteil der Einrichtungen sind Übernachtungsbesuche von anderen Personen nicht erlaubt. Das heißt, die Privatsphäre ist sehr mangelhaft.
Verhütungsmittel werden in einigen Fällen ohne Wissen der Betroffenen – das muss man sich wirklich auf der Zunge zergehen lassen: ohne Wissen der Betroffenen! – verabreicht; im Jahr 2024!
Sexualbegleitung in Einrichtungen ist in einigen Bundesländern zum Teil sogar verboten, weil das unter das Prostitutionsgesetz fällt. In Vorarlberg haben wir das geändert.
Bei der Staatenprüfung der UNO im Jahr 2023 äußerte sich der UNO-Fachausschuss besorgt darüber, dass es immer wieder Berichte gibt, wonach insbesondere Frauen mit Behinderung ohne ihre Einwilligung – ohne ihre Einwilligung! – sterilisiert werden. Das ist unfassbar!
In 20 Prozent der Einrichtungen erfolgt die Empfängnisverhütung nicht immer selbstbestimmt. Das heißt, da kommen auch Eltern ins Spiel, die oft die erwachsenen Kinder schützen wollen. Das Wort schützen ist da vielleicht der falsche Ausdruck, aber wir reden über Selbstbestimmung auch für Menschen mit Behinderung, und die braucht es.
Es braucht natürlich Betreuer:innen, die sexualpädagogisch geschult sind. Das gibt es leider auch nur in der Hälfte der Einrichtungen.
Zu guter Letzt, um zum Good-Practice-Beispiel zu kommen: Als Good Practice wird eine Einrichtung geschildert, die Eltern-Kind-Zimmer anbietet. In den meisten Einrichtungen wird jedoch darauf verwiesen, dass werdende Eltern mit Behinderung nicht begleitet werden.
Da ist also noch viel Arbeit vor uns. – Danke nochmals für eure Arbeit, für diesen Bericht. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)
14.14
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Fiona Fiedler. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.