14.34

Abgeordneter Mag. Georg Bürstmayr (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Volksanwältin! Sehr geehrter Herr Volksanwalt! Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Eingangs darf ich besonders die Fachmittelschule Burggasse aus Wien herzlich bei uns begrüßen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ, FPÖ und NEOS.)

Ich möchte in meiner Rede zur wirklich hervorragenden und wichtigen Arbeit der Volksanwaltschaft auf einen besonderen Teil eingehen, über den heute fast noch gar nicht gesprochen worden ist, nämlich die Volksanwaltschaft als Nationaler Präventionsmechanismus.

Im Rahmen der sogenannten präventiven Menschenrechtskontrolle haben die Kommissionen der Volksanwaltschaft über 500 Kontrollen durchgeführt – die meisten, soviel ich weiß, unangemeldet –: in Krankenanstalten, in Alten- und Pflegeheimen, in Psychiatrien, in Justizanstalten, Polizeianhaltezentren und Polizeiinspektionen. Beobachtet wurden auch rund 25 größere Polizeieinsätze.

Warum ist das so wichtig? – Die Republik Österreich hat sich schon vor Jahrzehnten dazu verpflichtet, zur Verhütung der Folter präventive Kontrollen durchzuführen. Jetzt werden Sie fragen: Folter? Folter gibt es doch bei uns in Österreich nicht! – Nun, es gibt eine ganz wesentliche Bestimmung der Europäischen Menschenrechtskonvention – von vielen wird sie für die wichtigste gehalten –, das ist der Artikel 3 der Europäischen Menschenrechts­konvention, der da lautet: „Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden.“

Wenn wir uns das ein bisschen genauer ansehen, sehen wir, dass in dieser Bestimmung ganz verschiedene Dinge behandelt werden: Das geht von Folter – wir wissen oder wir können uns ungefähr vorstellen, was das heißt, nämlich ein wirklich schlimmes Verbrechen – bis zu: jemanden einer erniedrigenden Behandlung unterwerfen. Warum wird das in der gleichen Bestimmung genannt? – Das habe ich vom großen Heinz Patzelt, der lange Jahre Amnesty International Österreich geleitet hat, gelernt. Der hat mir einmal gesagt: Du musst einem Menschen erst Stück für Stück seine Würde runterreißen, bevor du ihn foltern kannst.

Und deshalb ist es so wichtig, dass in unserem Land niemand, und schon gar nicht in staatlich geführten oder staatlich kontrollierten Einrichtungen, wirklich niemand erniedrigend behandelt wird, weil die Erniedrigung der erste Schritt zur Entwürdigung ist. Im zweiten Schritt beginnt die unmenschliche Behandlung. Und dann im dritten Schritt ist es möglich – dann passiert das aber auch, wenn wir die ersten beiden Schritte zulassen, das wissen wir aus zahlreichen Studien und aus der Geschichte –, dann beginnt Folter.

Deshalb bin ich den Kommissionen der Volksanwaltschaft und dem bei der Volksanwaltschaft ehrenamtlich tätigen Menschenrechtsbeirat und der Volksanwaltschaft selbst so dankbar für dieses dichte Netz an Kontrollbesuchen, bei denen vielfach Mängel festgestellt worden sind, die erniedrigende Behand­lung, vielleicht teilweise auch schon unmenschliche Behandlung betreffen, weil es so wichtig ist, das frühzeitig abzustellen, damit es in Österreich keine Folter gibt. Folter ist nämlich das Entsetzlichste, was ein Staat tun kann, und das Entsetzlichste, was ein Staat zulassen kann. Die darf es bei uns nicht geben! (Beifall bei den Grünen.)

Ich bin sehr froh und gerade aus diesem Grund sehr froh, dass wir in Österreich einen deutlich besser dotierten und deutlich besser ausgeprägten und ausge­statteten Präventionsmechanismus dafür haben als in der zehnmal größeren Bundesrepublik Deutschland, in der diese Aufgabe von einer Bundesstelle mit zwei ehrenamtlichen Menschen und einer Landeskommission mit – ich habe es mir rausgesucht – acht ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wahrgenommen wird.

In Österreich werden Sie sagen: Das ist zehnmal kleiner. Wozu braucht die Volksanwaltschaft sieben Kommissionen und einen Menschenrechtsbeirat und den ganzen Apparat der Volksanwaltschaft dazu? – Nun, weil wir in Hunderten Fällen solche Mängel festgestellt haben, frühzeitig festgestellt haben, und damit dazu beitragen, dass sie nicht noch schlimmer werden, und damit dazu beitragen, dass nicht nur abstrakt gesehen die Menschenrechte in Österreich gewahrt werden, sondern ganz konkret Menschen, die sich selbst nicht helfen können, in ihrer Würde geholfen wird und in der Bewahrung ihrer Würde geholfen wird.

Wenn Sie das einmal gemacht haben – und ich war zwölf Jahre in so einem Kommissionssystem tätig, ich weiß, wovon ich spreche –, dann wissen Sie, wie immens wichtig das für diese Menschen ist. Danke daher an die Volksanwalt­schaft nicht nur für ihre Berichte, sondern vor allem auch für die Arbeit ihrer Kommissionen. – Danke fürs Zuhören. (Beifall bei den Grünen.)

14.41

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt MMag.a Dr.in Agnes Totter. – Bitte schön.