15.49
Volksanwältin Gabriela Schwarz: Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Werte Besucherinnen und Besucher auf der Galerie und werte Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Es freut mich, dass auf der Galerie gerade auch so viele junge Menschen zu Gast sind, denn ich denke, dass die Volksanwaltschaft bei vielen noch nicht die Bekanntheit hat, die sie definitiv auch in jungen Altersgruppen verdienen würde. Deshalb freut uns natürlich der hohe Rang im Vertrauensindex sehr.
Zugleich haben wir aber auch die Verpflichtung, unseren Aufgaben auch in Zukunft vollinhaltlich nachzukommen.
Sie haben heute schon sehr viele wichtige Dinge angesprochen, sehr viele Dinge, die uns, unserem Team, den Kommissionen bei den unterschiedlichen Besuchen in den Einrichtungen aufgefallen sind, und wir bemerken sehr unterschiedliche Reaktionen aus den verschiedenen Ministerien.
In meinen Geschäftsbereich fallen ja die Justizanstalten, der Maßnahmenvollzug und der Strafvollzug. Durch den Wahrnehmungsbericht Jugend in Haft, den wir im September 2022 veröffentlicht haben, ist es uns gelungen, etwas, sage ich jetzt einmal, Schwung oder etwas mehr Tempo in die Sache zu bringen. Fakt ist, dass aufgrund dieses Wahrnehmungsberichts Arbeitsgruppen eingerichtet wurden, die sich mit der Übersiedlung der Jugendlichen von Gerasdorf in die Josefstadt, einer Zwischenstation, und letztendlich zum Münnichplatz beschäftigt haben. Wir sind allerdings enttäuscht, dass dieser Prozess länger dauern wird als es vom Justizministerium angekündigt wurde. Das wird nicht schon jetzt, im Juli 2024, sondern aller Wahrscheinlichkeit nach wesentlich später, frühestens im Herbst 2024, erfolgen.
Was ist der Hintergrund? – Der Hintergrund ist, dass wir glauben, dass Jugendliche – das oberste Ziel sollte immer die Resozialisierung sein – nicht nur professionell betreut werden, das heißt, die Möglichkeit zur Ausbildung haben, sondern auch die Möglichkeit haben, Besuch von ihrem unmittelbaren Umfeld, ihrer Familie, Freunden et cetera zu erhalten. Das war in Gerasdorf definitiv äußerst schwierig. Wir erwarten uns da eine Verbesserung der Situation.
Das ändert allerdings nichts an dem schon mehrfach angesprochenen Personalmangel in der Justizwache, aber auch des Fachpersonals, sprich bei Therapeutinnen, Therapeuten, Sozialarbeiter:innen. Eines bedingt das andere, denn: Worum geht es? – Es geht um die Überbelastung der unterschiedlichen Berufsgruppen und das führt selbstverständlich auch zu Drucksituationen zwischen dem Personal und den Insassinnen und Insassen, aber auch unter denjenigen, die dort untergebracht sind.
Deshalb ist unser momentaner Schwerpunkt in der Kommission das Thema Gewalt in Haft. Suizid in Haft beschäftigt uns immer noch über die Maßen. Wir haben ja mehrmals davor gewarnt, dass die Zahlen nicht – wie vom Justizministerium angekündigt – sinken würden, sondern ganz im Gegenteil: sie sind definitiv gestiegen. Zur Illustration: 2023 gab es insgesamt 47 Vorfälle, davon waren 14 Suizide. 2024 gibt es bereits 20 Vorfälle; vier Todesfälle sind zu verzeichnen.
Es wäre dringend notwendig, die Betreuung mit Blick auf Suizidalität ins Auge zu fassen und dementsprechend zu handhaben. Es gab dazu eine Arbeitsgruppe, der Bericht dieser hat allerdings 16 Monate auf sich warten lassen. Aufgrund dieses Berichts gab es 48 Empfehlungen an das Justizministerium. Mit großem Bedauern stelle ich fest, dass von diesen 48 Empfehlungen so gut wie noch keine umgesetzt worden ist. Ich hoffe, dass sich das dementsprechend bessern wird.
In meinen Bereich fällt auch das Thema internationale Zusammenarbeit. Ich möchte da ein paar Dinge herausgreifen. Wir haben ein Projekt mit Unitar geplant, bei dem es um SDGs geht, ein Thema, das auch Sie im Hohen Haus immer wieder beschäftigt. Wir versuchen regelmäßig, uns mit dem High Commissioner Volker Türk abzustimmen. Es ist wirklich von Vorteil, dass die UNHCR durch den High Commissioner einen Österreicher an der Spitze hat, das vereinfacht unsere Arbeit sehr und informiert uns auf kurzem Wege.
Verbessert hat sich die Situation mit den Visaanträgen. Wir haben ja den dringenden Appell an das Außenministerium gerichtet, die Situation gerade in der Botschaft in Teheran zu verbessern und für schwierige und sensible Themen nicht mehr eine Agentur zu verwenden, sondern das selbst durchzuführen. Das ist mittlerweile erfolgt, und das verbuche ich als einen wirklichen Erfolg der Volksanwaltschaft. Auch aus Ihren Reihen gab es immer wieder den Vorstoß, dass sich diese Dinge ändern müssen.
Im Finanzministerium haben wir es immer wieder – auch bei Sprechtagen, die wir sehr, sehr gerne machen und die uns durch ganz Österreich führen – mit dem folgenden Thema zu tun: dass man viele Dinge nur mehr online machen kann, aber man keinen persönlichen Referenten oder keine persönliche Referentin mehr hat, und dass aufgrund dieser Tatsache die Menschen, die das gewohnt waren, durchaus Schwierigkeiten haben.
Ich möchte dazusagen: Wir halten nicht nur unsere Sprechtage ab – die geplant sind und auf der Website der Volksanwaltschaft zu finden sind –, sondern wir werden überall angesprochen und geben selbstverständlich auch gerne Auskunft. Heute in der Früh ist es mir passiert, dass mich jemand gefragt hat: Wieso muss ich immer noch Termine beim Finanzamt anfordern? – Also auch das passiert uns. Die Sprechtage – das ist auch an Sie gerichtet, falls Sie sich einmal an uns wenden wollen – finden sich alle bei uns auf der Homepage. Sie erreichen uns auch telefonisch und per Mail.
Wir freuen uns auf eine weiterhin sehr, sehr gute Zusammenarbeit, nicht nur mit dem Parlament, sondern selbstverständlich mit allen, die mit der öffentlichen Verwaltung zu tun haben, und hoffen, dass wir relativ wenig Beschwerden in diese Richtung bekommen und relativ viele Dinge möglichst rasch gelöst werden können. – Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von FPÖ, Grünen und NEOS.)
15.55
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Blimlinger. – Bitte.