9.19

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Herr Präsident! Hohes Haus! Bevor jetzt die Einwände kommen, das sei ja alles nur Wetter und kein Klima, möchte ich darauf hin­weisen, dass das Wetter natürlich von Klimaveränderungen abhängig ist, und dieses Klima verändert sich dramatisch, und das hat Auswirkungen.

Es ist jetzt auch schon dargelegt worden, was sich im Waldviertel abgespielt hat, was sich in der Steiermark abgespielt hat, was sich in der Schweiz in den Kantonen Graubünden, Tessin und so weiter abgespielt hat. Das sind Ereignisse, die normalerweise als dreißigjährliche Hochwässer bezeichnet werden, mittlerweile aber alle fünf Jahre vorkommen – mit katastrophalen Auswir­kungen.

Das hat ökonomische Konsequenzen und das hat auch gesundheitliche Konsequenzen, und auf diese möchte ich jetzt eingehen.

Wir hatten 2023 das wärmste Jahr in 250 Jahren Messgeschichte – das sind Messdaten, die valide sind –: Das Frühjahr 2024 war das wärmste seit Mess­beginn, und die Anzahl der Hitzetage verdoppelt sich schlicht und ergreifend. Diese Auswirkungen sehen wir einfach jetzt schon, weil die Klimakrise auch eine Gesundheitskrise darstellt: Hitzetage und Tropennächte verursachen Krank­heitsfälle, Krankenhausaufenthalte und Hitzetote. Wir hatten alleine in Österreich bis zu 500 Hitzetote pro Jahr. In manchen Jahren gab es mehr Hitzetote als Verkehrstote. Säuglinge, Kinder und ältere Personen leiden besonders unter der Hitze. Sprechen Sie mit Internistinnen und Internisten, sie werden Ihnen das bestätigen! Schauen Sie in die Aufnahmestationen der Spitäler, schauen Sie in die Alten- und Pflegeheime – das ist klar.

Klar ist auch, dass die Anzahl von Krankheiten, die von Tieren auf Menschen übertragen werden, steigt – auch das ist Ausdruck der veränderten Klima­situation. Letztlich ist die Klimakrise auch eine soziale Krise, weil die Frage ist: Wer kann sich denn Maßnahmen leisten, um der Hitze zu entgehen? – Es sind nicht die besonders vulnerablen Gruppen, es ist nicht die Mindestpensio­nistin, die in der Lage sind, sich eine Klimaanlage einzubauen. Da sind wir alle gefordert, weil Menschen mit geringem Einkommen schlicht und ergreifend doppelt und dreifach betroffen sind. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Herr.)

Die Klimakrise ist eine Umweltkrise, und sie hat massive Auswirkungen auf die Ökosysteme. Die Lebensräume vieler Tier- und Pflanzenarten verändern sich, und wer aus einem ländlichen Raum kommt – wie ich aus Vorarlberg –, weiß, dass sich die Waldgesellschaften durch die Klimakrise dramatisch verändern. Jetzt könnte man meinen: Ja, gut, dann gibt es halt andere Bäume! – Das Problem ist, dass dort, wo die Fichtenwälder dominieren, diese eine Schutzwaldfunktion haben und jedenfalls die Talschaften davor bewahren, bei Starkregenereignissen überflutet zu werden. Wenn diese Waldgesellschaften aufgrund der zunehmenden Hitze nicht mehr existenzfähig sind – und wir wissen, dass der Umbau dieser Waldgesellschaften 80 Jahre und mehr braucht –, dann ist es jedenfalls so, dass da nicht nur die Tallagen betroffen sind, sondern wir alle und im Übrigen auch die Landwirtschaft, weil sie damit zu kämpfen hat – wir wissen das inzwischen.

Das bedeutet auch, dass wir einen anderen Zugang werden finden müssen, auch im Rahmen der Maßnahmen auf nationaler Ebene. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Ich habe den Zwischenruf gehört: Wir sind ja eh nur für 0,8 Prozent der Treib­haus­gasemissionen verantwortlich. – Das entbindet uns im Übrigen nicht davon, unseren Verpflichtungen nachzukommen. Wenn wir es schaffen – das ist mein Apell –, hier in Österreich auch mit Best-Practice-Beispielen, mit gutem Beispiel voranzugehen, dann sind das auch wirtschaftliche Entwicklungsmöglich­keiten. Das heißt, über Technologien, die wir zu entwickeln in der Lage sind (Abg. Hörl: Na Gott sei Dank sagt das ein Grüner!), die wir dann auch zu exportieren in der Lage sind, können wir uns auch ökonomisch besser aufstellen.

Was tun wir im eigenen Wirkungsbereich? – Wir informieren über die gesund­hei­tlichen Auswirkungen, vor allem von Hitze. Wir haben jetzt auch massiv in unser Gesundheitssystem investiert – Sie wissen das –: Wir investieren über die Gesundheitsreform, über die Pflegereform in den nächsten fünf Jahren 14 Milliarden Euro zusätzlich in den Gesundheits- und Pflegebereich. Dazu gehören Strukturreformen in Spitälern, zusätzliche Kassenstellen und mehr Primärversorgungseinrichtungen. Wir haben damit eine Trendwende eingeleitet.

Der Gesundheitssektor geht mit gutem Beispiel voran. Das wissen viele vielleicht nicht: Der Gesundheitssektor ist für 7 Prozent des CO2-Ausstoßes in Österreich verantwortlich. Wir haben jetzt Aktionen gestartet, in deren Folge Kranken­häuser, Pflegeeinrichtungen und Arztpraxen zum Thema klimafitte Gesundheits­einrichtungen investieren. Die Zielsetzung, das Gesundheitswesen bis 2040 klimaneutral zu gestalten, wird gerade erarbeitet. 350 Millionen Euro investieren Krankenhäuser, Senioren- und Pflegeheime. Wir unterstützen sie bei diesen Investitionen, um die Umstellungen auch hinzubekommen.

Gleichfalls die Rettungsorganisationen, die Blaulichtorganisationen: Ich weise darauf hin, dass die zusätzlichen Mittel, die für die Feuerwehren zur Verfügung gestellt werden, nicht in erster Linie in Brandbekämpfungseinrichtungen gehen, sondern vor allem auch dafür verwendet werden, die Feuerwehren für Stark­regenereignisse und Hochwasserereignisse fit zu machen. Während früher der Löscheinsatz im Vordergrund gestanden ist, stehen heute das Auspumpen von Kellern und von Unterführungen sowie Einsätze bei Überflutungen und Dämm­maßnahmen bei Flüssen im Vordergrund.

Wichtig ist auch, dass wir es bei der Landwirtschaft geschafft haben, tatsächlich in neue Richtungen zu kommen. Das heißt, Ernährungssicherheit ist ein hoher Wert; wir haben höhere Standards beim Tierschutz umgesetzt, durch die jetzt einfach kontrolliert wird, und jetzt schreiten wir bei der Herkunftskennzeichnung in der Gastronomie (Abg. Hörl: In der Gastronomie gibt’s das noch nicht!), bei der Kennzeichnung von Haltung und Herkunft im Handel und bei der Zertifizierungs­pflicht für die Biogastronomie, die wir gerne noch umsetzen würden, weiter voran. – All diese Dinge könnten wir noch schaffen.

Zusammenfassend jetzt einmal fürs Erste: Klimaschutz ist nicht nur eine ökolo­gische Angelegenheit, sondern er ist auch ökonomisch wichtig, er ist sozial wichtig und auch aus gesundheitlicher Perspektive wichtig. Wer das verkennt und es ignoriert oder lächerlich macht, der wird die Kosten dafür tragen müssen.

Es geht letztlich darum, nicht nur Symptome, sondern die Ursache zu bekämpfen. Das tun wir, das tut auch diese Bundesregierung: Das ist vor allem auch Klima­ministerin Leonore Gewessler zu verdanken, die viele Maßnahmen auf den Weg gebracht hat, auch gegen erbitterten Widerstand. (Abg. Belakowitsch: Ist das die mit dem Privatjet? Ist das die Dame mit dem Privatjet ...?) Leonore Gewessler hat – um noch einmal den Fußball zu bemühen – fünf Jahre lang hart gearbeitet. (Abg. Hörl: Bis zum Verfassungsbruch!) Da waren viele Matches dabei, die bis in die Verlängerung oder gar ins Elfmeterschießen gegangen sind. Sie hat in diesen fünf Jahren das Team Österreich vom Abstiegskandidaten zum europäischen Überraschungskandidaten, zur Überraschungsmannschaft im Klimaschutz gemacht.

Diese Regierung hat im Klimaschutz sehr viel erreicht, das ist gut und das ist wichtig so. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

9.26

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf darauf aufmerksam machen, dass die Redezeit nun für alle Teilnehmer 5 Minuten beträgt.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Schmuckenschlager. – Bitte sehr.