9.32.20

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrtes Hohes Haus! Wenn die Temperaturen auf über 30 Grad klettern, dann hat das einfach auf uns alle Auswirkungen – ja, auch in Wien, Herr Hörl, natürlich auch in Wien. (Abg. Hörl: Ludwig ist der erste Umfaller!)

Ich will aber gleich zu Beginn sagen, dass wir, wenn wir über Hitze diskutieren, festhalten müssen: Das ist natürlich eine verteilungspolitische Frage. Wie viel Vermögen ich habe, wie viel Einkommen ich habe, hat natürlich einen massiven Einfluss darauf, wie gut ich mich vor der Hitze schützen kann. Wohne ich in einer gekühlten Wohnung, habe ich vielleicht sogar eine Klimaanlage, oder wohne ich in einer neu gebauten Wohnung, in einer neu sanierten Wohnung, dann wird es vielleicht gar nicht erst so heiß, dass man nachts wach liegt und nicht mehr schlafen kann, weil es einfach nicht abkühlt. Auch die Frage: Habe ich einen Garten, habe ich einen Balkon, habe ich zu Hause vielleicht einen Pool?, all das ist natürlich entscheidend für die Frage, wie ich mich vor dieser Hitze, vor der wir alle stehen, schützen kann.

Da ist es einfach wichtig, zu betonen: Sozialdemokratische Klimapolitik bedeutet, man ist sich nicht selbst überlassen, während einige es sich richten können, sondern es ist eine öffentliche Aufgabe – solidarisch finanziert, gemeinschaftlich organisiert für alle –, eine Gesellschaft zu schaffen, in der wir mit dieser Hitze zurechtkommen. (Beifall bei der SPÖ.)

Das bedeutet auch – auch das ist der sozialdemokratische Zugang –, dass wir gewisse Gruppen besonders in den Blick nehmen müssen. Herr Minister, ich habe Ihnen zugehört, Sie haben einige angesprochen. Eine Gruppe haben Sie aber nicht erwähnt, die will ich jetzt hervorheben, das sind natürlich auch die Arbeiter und Arbeiterinnen und die Angestellten. Denken wir beispielsweise an die Baustellen, wo Bauarbeiter, Bauarbeiterinnen bei über 30 Grad in der Hitze arbeiten müssen – stundenlang! – und wo es keine Abkühlung gibt, wo es keinen Schatten gibt, was eine massive Gesundheitsgefährdung darstellt. Wir haben in den vergangenen Jahren jeden Sommer gehört, dass es wirklich Hitzetote auf einer Baustelle gab, und so etwas dürfen wir nicht zulassen! (Beifall bei der SPÖ.)

Da reicht es auch nicht, wenn sozusagen die Arbeitgeber freiwillig entscheiden können, bei über 32 Grad hitzefrei zu geben. Da dürfen wir nicht Bittsteller oder Bittstellerinnen für unsere eigene Gesundheit werden, da brauchen wir auch einen Rechtsanspruch, sozusagen ein Recht auf hitzefrei, wenn es um unsere Gesundheit geht. Das ist das, was wir einfordern und was auch notwendig ist. (Beifall bei der SPÖ.)

Dieser Schutz vor Hitze hört auch bei hitzefrei nicht auf. Wir brauchen ein Arbeitsrecht, das diese unterschiedlichen Realitäten einfach auch berücksichtigt. Es gibt Berufe im Freien – wie zum Beispiel die Rettung und die Polizei –, für die wir eine gute Lösung finden müssen. Es gibt aber auch Berufe, in denen man an Orten tätig ist, wo man ohnehin schon besonders mit Hitze konfrontiert ist: in den Wäschereien, in den Gießereien, in den Großküchen. Da müssen wir uns überlegen: Wie lange ist es zuträglich, dort überhaupt zu arbeiten? Da müssen wir auch überlegen: Wann braucht es Trinkpausen? Da müssen wir uns auch überlegen: Wann braucht man zum Beispiel bezahlte Pausen in einem abgekühlten Raum, damit man diesen Berufsalltag stemmen kann? – All das ist notwendig, und da ist leider in den letzten fünf Jahren gar nichts passiert. Deshalb braucht es die sozialdemokratische Klimapolitik. (Beifall bei der SPÖ.)

Es gibt aber auch noch andere gesellschaftliche Gruppen. Babys oder Kleinkinder beispielsweise leiden auch besonders unter der Hitze. Die können es auch nicht so gut kommunizieren, wenn ihnen heiß ist, die haben aber auch ein Recht, draußen zu spielen, auf einer Wiese laufen zu können. Wir müssen uns überlegen: Wie schaut in Zukunft ein Kinderspielplatz aus? Da braucht es Bäume, da braucht es ein Sonnensegel, da braucht es einen Wasserspender, damit man auch Wasser trinken kann. Auch für unsere Kinder müssen wir uns überlegen, wie diese eben eine sorgenfreie Kindheit genießen können.

Auch für Schüler und Schülerinnen – ein Teil Österreichs hat ja schon Ferien: alles Gute!, ein anderer Teil sitzt diese Woche noch in den Schulen – muss man sich hinsichtlich der Schulen, der Schulgebäude, etwas überlegen, wenn es gegen Ende des Semesters immer heißer wird, man aber die Schularbeiten im über­hitzten Klassenraum, der voll ist, noch schreiben muss. Auch da muss man ehrlich aussprechen: Hitze hat auch einen Einfluss auf unsere Konzentrationsfähigkeit, die leidet ganz einfach massiv. Wir müssen Schulen und Universitäten sanieren, um ein angenehmes Lernumfeld schaffen zu können, wenn es draußen über 30 Grad hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir müssen auch an die ältere Generation denken. Das Risiko von Überhitzung erhöht beispielsweise auch jenes von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Es gibt also viele Gruppen, über die wir sprechen müssen – und das muss eine öffentliche Aufgabe sein: Wir müssen Gebäude sanieren, dann bleiben Wohnungen kühl. Wir müssen für Abkühlung, für schattige Räume sorgen. Wir müssen Wasserspender aufstellen, damit man sich auf seinem täglichen Weg kurz abkühlen kann, oder dafür sorgen, dass man sich auf einer Bank hinsetzen kann. Ja, da geht übrigens auch Wien besonders positiv voran.

Deshalb ist es – ja, leider – wirklich verantwortungslos, dass uns diese Bundesregierung vor diesen großen Investitionen, vor denen wir stehen, ein 10-Milliarden-Euro-Budgetloch hinterlässt. Sie haben mit der Politik, die Sie betrieben haben – Milliarden an Förderungen für Unternehmen, Cofag-Gelder, die Sie verteilt haben, die Preise, in die Sie nicht eingegriffen haben, eine Rekordinflation von 22 Prozent, die sich durch unser Budget gefressen hat –, ein 10 Milliarden Euro großes Budgetloch hinterlassen, und dies in einer Zeit, in der wir so dringend investieren müssen, auch im Bereich des Klimaschutzes.

Deshalb braucht es die Sozialdemokratie für eine ausgeglichene, gerecht finan­zierte Budgetpolitik und für die Klimapolitik. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Ha, ha!)

9.37

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Belakowitsch. Bei ihr steht das Wort. – Bitte sehr.