10.09

Abgeordneter Lukas Hammer (Grüne): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte Ihnen am Anfang meiner Rede von Herrn Mex M. erzählen. Mex M. ist im Jahr 1980 auf die Welt gekommen, lebt im Waldviertel und ist an Multipler Sklerose erkrankt – so wie 12 000 andere Menschen in Österreich.

Die Symptome sind vielfältig: Sie reichen von Seh- und Gleichgewichtsstörungen bis zu Lähmungserscheinungen. Bei Mex M. – und auch das haben Tausende Menschen in Österreich – treten diese Lähmungserscheinungen hitzebedingt auf, und je wärmer es wird, desto schlimmer werden diese Lähmungserschei­nungen. Ab 25 Grad ist Mex M. auf den Rollstuhl angewiesen, und je heißer es wird, desto schlimmer werden diese Lähmungserscheinungen – und ab 30 Grad kann er diesen Rollstuhl nicht mehr selbst bewegen und ist zu Hause einge­sperrt.

Als Mex M. auf die Welt gekommen ist, 1980, gab es vier dieser Hitzetage, vier Tage über 30 Grad, an denen er so gelähmt ist, dass er den Rollstuhl nicht mehr selbst bewegen kann. Letztes Jahr gab es 32 dieser Hitzetage – acht Mal so viele Tage, an denen Mex M. zu Hause im Rollstuhl sitzt und so schwach ist, dass er seinen Rollstuhl nicht mehr selbst bewegen kann. (Abg. Kickl: Ja, aber die Multiple Sklerose wird immer schlechter, oder? Ist das nicht so?)

Da stellen sich die Abgeordneten der FPÖ in einem unfassbar menschenver­achtenden Zynismus hin und machen sich darüber lustig. (Abg. Deimek: ... Blödsinn reden! Mein Vater hat das auch gehabt ...!) Da stellen sich die Kolleginnen und Kollegen der FPÖ hin und sagen: Das war immer schon so! (Ruf bei der FPÖ: Ja, ja!) Frau Kollegin Fürst, ich habe mir angeschaut, wann Sie geboren sind: 1969. Wissen Sie, wie viele Tage über 30 Grad – weil es ja früher immer schon so war – es in Ihrem Geburtsjahr gab? Wie viele waren es? – Sechs Tage (Abg. Stefan: Wie messt ihr das?); sechs Tage über 30 Grad! Das war damals normal. (Abg. Stefan: ... Messstationen! – Zwischenruf der Abg. Fürst.)

1980 waren es vier Tage, heuer haben wir schon fünf Tage, letztes Jahr waren es insgesamt 32 Tage. Wir haben derzeit 30 bis 40 Tage mit dieser Temperatur, und für Menschen wie Mex M. macht das einen riesigen Unterschied. (Abg. Kickl: Ja, aber vielleicht ist es für manche Menschen auch angenehmer! Das könnte auch sein!) Da geht es darum, ob er so schwach ist, dass er sich selber fortbewegen kann oder nicht, und Sie machen sich über diese Menschen lustig. Ich finde diesen Zynismus unerträglich! (Beifall bei den Grünen.)

Sie sagen: Ja, es gab ja auch schon einmal Zeiten, da war es auf der Welt viel heißer. (Abg. Deimek: ... beleidigen Sie ...!) Es gab einmal Zeiten, da gab es überhaupt kein Eis mehr. – Ja, da haben Sie schon recht. Die CO2-Konzentration war vor einer Million Jahren ungefähr so hoch wie heute. Stimmt eh! Da gab es halt nicht ein paar Milliarden Menschen auf der Welt, da gab es keine Städte, da gab es keine Landwirtschaft, da gab es relativ wenige Menschen auf der Welt, denen es nichts ausgemacht hat, dass der Meeresspiegel 20 bis 40 Meter höher war als heute. (Zwischenruf des Abg. Rauch.)

Ja, wir hatten früher schon Klimawandel, Hitzeperioden – das war eben auch immer begleitet von einem Massensterben. Wollen wir das? – Ich glaube nicht! (Abg. Stefan: ... Hybris!) Ich verstehe aber ehrlich gesagt auch als Vater von zwei Kindern schon – ich weiß, viele von Ihnen haben selbst Kinder –, dass man parteipolitisch agiert und sich über viele Dinge lustig macht, aber dass Sie, wenn Sie zu Hause sind und mit Ihren Kindern reden, diesen Zynismus wider besseres Wissen durchhalten, dass Sie das einfach akzeptieren – dass Sie den Klima­wandel, der nicht nur wissenschaftlich erwiesen ist, sondern den wir auch tagtäg­lich sehen, ignorieren –, das verstehe ich als Mensch nicht.

Noch ein Kommentar zu Kollegen Schmuckenschlager, der das im Prinzip aufge­griffen hat, was der Bundeskanzler einmal in seiner Rede gesagt hat – dieser Alarmismus (Ruf bei der ÖVP: Was?) und dass es Klimaschützer:innen sind, die mit diesen furchtbaren apokalyptischen Bildern irgendwie ein schlimmes Bild zeichnen würden (Abg. Kickl: Das hat doch der vom Weltklimarat selber gesagt!), das der Sache nicht guttut –: Das sind leider die Nachrichten. Das sind die Nachrichten aus der Schweiz, das sind die Nachrichten aus Österreich, aus der ganzen Welt, die wir tagtäglich sehen. Das ist die Realität. Wenn Sie diese apokalyptischen Bilder nicht sehen wollen, dann dürfen Sie die Nachrichten nicht aufdrehen, sehr verehrte Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Schmuckenschlager: Aber da sind Ihnen die Betroffenen egal ...!)

Ich komme schon zum Schluss. (Zwischenrufe bei der FPÖ. – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) Es wurde von der sozialdemokratischen Klimapolitik gesprochen, und ich kann dem sehr viel abgewinnen, was Kollegin Herr über den Schutz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern gesagt hat. (Neuerliche Zwischenrufe bei der FPÖ. – Präsident Sobotka gibt neuerlich das Glockenzeichen.)

Zum Klimaschutz gehört aber auch, dass wir gemeinsam Maßnahmen beschließen, um unsere CO2-Emissionen zu senken. Eine Nagelprobe ist morgen, da steht wieder ein Klimaschutzgesetz zur Abstimmung, nämlich das Erneuerbares-Gas-Gesetz, und da könnt ihr beweisen, ob ihr nur vom Klimaschutz redet oder ob ihr auch mitstimmt, wenn es darauf ankommt. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen. – Rufe und Gegenrufe zwischen den Abgeordneten Stefan und Schwarz.)

10.14

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Fiedler. – Bitte.