12.04
Abgeordneter Kai Jan Krainer (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kollege Firlinger (Zwischenrufe bei der ÖVP), es hat überhaupt nie irgendjemand etwas dagegen gesagt, dass es erfolgreiche Unternehmer gibt. Worum es geht, ist: Zahlen sie auch ihre Steuern? – Um diese Frage geht es. Nur weil jemand ein erfolgreicher Unternehmer ist, meint die ÖVP, muss er keine Steuern oder jedenfalls keinen gerechten Beitrag zahlen – und das sehen wir jedenfalls anders. (Beifall bei der SPÖ.)
Als die Regierungsparteien die Cofag gegründet haben, haben nicht nur wir als Sozialdemokraten, sondern alle Oppositionsparteien kritisiert, dass das eine Blackbox ist, dass da Milliarden an der öffentlichen Kontrolle, an der parlamentarischen Kontrolle vorbei vergeben werden. Der VfGH hat uns dann im Oktober recht gegeben und hat quasi dem Parlament den Schlüssel zur Cofag gegeben. Man muss dazusagen, da Untersuchungsausschüsse richtigerweise nicht in Wahlkampfzeiten stattfinden sollen und dürfen, war klar, dass das nur ein sehr, sehr kurzer Untersuchungsausschuss ist und wir uns nicht Hunderttausende Förderakten ansehen können. Wir haben uns dann – am Anfang mit den NEOS und mit den Freiheitlichen, die NEOS sind dann abgesprungen – gemeinsam in Gesprächen entschieden, einen Zwei-Klassen-Verwaltungs-Ausschuss einzusetzen, um zu schauen: Werden Milliardäre bei der Steuer, bei der Cofag, bei Förderungen et cetera besser behandelt? (Zwischenruf bei der ÖVP.) Sind alle vor dem Gesetz gleich oder sind manche gleicher?
Die Antwort auf die Frage: Werden Milliardäre steuerlich besser behandelt?, ist nach einem sehr, sehr kurzen Untersuchungsausschuss: Ja, sie werden leider steuerlich besser behandelt. Wenn wir uns das ansehen, wissen wir: Ein Milliardär, der 100 Euro verdient (Abg. Schwarz: ... Legistik ... Gesetze ändern!), zahlt 20 bis 25 Euro an Steuern und Abgaben. Die, die für ihr Geld arbeiten gehen, zahlen mehr als 40 Euro. Bereits bei 1 800 Euro netto zahlen sie 41,30 Euro für 100 Euro, die sie verdienen. Das ist eine steuerliche Ungleichbehandlung, dass die, denen es besonders gut geht, nur halb so hohe Steuern zahlen wie alle, die für ihr Einkommen arbeiten gehen. Das ist eine Schieflage, zu der wir als Sozialdemokratie sagen: Das geht nicht! Menschen, denen es besonders gut geht, sollen zumindest den gleichen Beitrag zahlen wie alle anderen. (Beifall bei der SPÖ.)
Aufgrund internationaler Kritik der OECD, dass Österreich bei der Besteuerung von Superreichen besonders schlecht wäre, hat die Finanzverwaltung gesagt: Das schauen wir uns selbst an, wie gut wir sind. Es gab da ein Projekt, bei dem sie sich selbst kontrolliert haben, und das Ergebnis war vernichtend. Sie haben die 30 reichsten Österreicherinnen und Österreicher aus der „Trend“-Liste ausgewählt und die Frage gestellt: Wie gut kontrollieren wir die, wie gut besteuern wir die?, und sie haben sich bei zwei Dritteln selbst eine negative Note gegeben. Nur bei einem Drittel haben sie gesagt: Wir machen es Sehr gut oder Befriedigend. Bei zwei Dritteln haben die Finanzbeamten selbst gesagt: Wir sind da leider ganz schlecht. Sie haben auch gleich gesagt, wie man es besser machen kann: indem wir gewisse Gesetze verändern, Verordnungen verändern, die Ressourcenausstattung, Abläufe verändern.
Was ist davon umgesetzt worden? – Na ja, die ÖVP-Minister – egal, ob sie Löger, Müller, Blümel oder Brunner hießen – haben einfach geschaut, dass dieser Bericht aus dem Finanzministerium im Safe liegt und möglichst wenig umgesetzt wird. Deswegen wurde leider viel zu wenig davon umgesetzt. Es liegt aber da, wie man Österreich besser machen kann, was man machen muss, damit Milliardäre einen gerechten Beitrag zahlen, was sie heute nicht tun. Die ÖVP sagt bis heute Nein dazu. Ich hoffe, dass zumindest alle anderen Parteien der Meinung sind, dass auch Milliardäre einen gerechten Beitrag zur Finanzierung der Allgemeinheit zahlen müssen, was sie heute nicht tun. (Beifall bei der SPÖ.)
Die zweite Frage war, ob Milliardäre individuell bevorzugt werden. – Ja, durch die ÖVP! Genosse Firlinger – ah, Kollege Firlinger hat ja gleich - - (Rufe bei der ÖVP: Fürlinger! – Abg. Steinacker: Entschuldigung, schön langsam solltest die Namen ...!) Na ja, er spricht immer von Sozialismus! Kollege Firlinger hat ja gleich selbst gesagt: Ja, sie übernehmen die Verantwortung, weil ein gewisser Herr Schmid über viele, viele Jahre persönlich interveniert hat, nicht nur bei Benko und Wolf, sondern auch bei anderen – die ÖVP trägt die politische Verantwortung für dessen Handeln. (Ruf bei der ÖVP: Nein!) Wir haben bei Pierer gesehen, wie die ÖVP funktioniert. Die SPÖ bringt eine Anfrage ein und sagt: Hey, Herr Pierer hat sich knapp vor einem Stichtag über 20 Millionen Euro aus Liechtenstein überweisen lassen, damit er sich gute 8 Millionen Euro Steuern und Abgaben erspart.
Was hat die ÖVP gemacht? – Noch auf der Regierungsbank hat der damalige Finanzminister zum Halali aufgerufen. Einerseits geht es nämlich darum, die Finanzbeamten zu verfolgen, und andererseits darum, die Aufdecker zu diffamieren, und die SPÖ wurde Silberstein-Methoden bezichtigt.
Was hat sich herausgestellt? (Abg. Fürlinger: Dass sich Silberstein ...!) – Die Beamten, die im Zuge dieser Anfrage und der öffentlichen Diskussion die Finanzprüfung eingeleitet haben, wurden von ÖVP-Vertretern aus dem Kabinett und dem Finanzministerium rechtswidrig verfolgt. Es wurde versucht, die SPÖ zu diffamieren. Im Zuge der Steuerprüfung musste Herr Pierer aber eingestehen: Ja, es stimmt, ich habe 8 Millionen Euro an Steuern nicht bezahlt, die ich hätte bezahlen müssen. – Die ÖVP hat nichts dazu getan, dass er einen gerechten Steuerbeitrag leistet, sondern alles getan, um die, die aufdecken, zu verfolgen und zu diffamieren. Das ist ein Beitrag, für den Sie sich an und für sich schämen sollten (Ruf bei der ÖVP: Diffamieren ...!), auch bei historischer Betrachtung, bei der klar wird, dass Sie da auf der falschen Seite gestanden sind: Herr Pierer hat das Geld bezahlt. Ich sage nur eines: Damit kann man einen Abgeordneten 67 Jahre lang bezahlen, und dieses Geld ist durch eine einzige Anfrage hereingekommen. (Beifall bei der SPÖ.)
Dafür, dass parlamentarische Kontrolle funktioniert, muss man sich auch nicht genieren, wenn schon die ÖVP nicht dafür sorgt, dass das Finanzministerium funktioniert.
Der dritte Bereich der Cofag: Dazu ist ja auch im offiziellen Bericht des Vorsitzenden beziehungsweise der Verfahrensrichterin gestanden: Nein, es ist nicht so, dass ÖVP-nahe Milliardäre bevorzugt wurden, sondern alle Milliardäre.
Wir konnten aufdecken, wie das passiert ist: Als es schnell gehen musste, am Anfang der Epidemie, hat man sich noch an die europäischen Regeln gehalten, aber circa sechs Monate nach Beginn der Epidemie hat die ÖVP, damals Finanzminister Blümel, nachgedacht: Wie können wir den Konzernen möglichst viel Geld geben, an den europäischen Regeln vorbei, quasi mehr Geld, als die Polizei erlaubt? (Abg. Stark: Freie Fantasien!) – Sie haben dann eben diese sogenannte Konzernbetrachtung gestrichen und die Europäische Kommission noch dazu falsch informiert; Sie haben nämlich so getan, als ob Sie die Regeln einhalten würden, was Sie nicht getan haben. Hunderte Millionen Euro Schaden, und ist irgendetwas von diesem Geld reingebracht worden? – Nein. Das, was die ÖVP gemacht hat, ist, sich zu überlegen, wie man die Gesetze ändern kann, sodass man den Konzernen noch mehr Geld geben kann.
Ehrlich gesagt, das ist eine Politik, die, so hoffe ich, im September abgewählt werden wird, nämlich eine Politik, die nur darauf schaut, dass sie Konzernen Übergewinne finanziert und Geld hinterherwirft, das sie nicht brauchen und das ihnen auch nicht zusteht. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Stark: Das glaubst du ja selber nicht!)
Hohes Haus, die wichtigste Frage ist: Was lernen wir aus dem Untersuchungsausschuss? (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Stark.) Es gibt ja den Bericht der Verfahrensrichterin, es gibt auch Fraktionsberichte – das ist unserer (den Fraktionsbericht der SPÖ zum Cofag-Untersuchungsausschuss in die Höhe haltend), darin stehen die Vorschläge, wie wir Österreich besser machen können. Es liegt an der Mehrheit hier im Haus, die Schlüsse zu ziehen, damit Milliardäre einen gerechten Beitrag zahlen. Solange die ÖVP in der Regierung ist, habe ich meine Zweifel, dass das passieren wird.
Ich möchte mich aber trotzdem bedanken, nicht nur bei meinen Fraktionskolleginnen und -kollegen und bei den Mitarbeitern meiner Fraktion, sondern bei allen, auch von den anderen Parteien, und vor allem auch bei der Verfahrensrichterin, beim Verfahrensanwalt und ihren Stellvertreterinnen, dafür, dass das ein wirklich sehr guter, konzentrierter Ausschuss war, der in sehr kurzer Zeit sehr viel ans Licht gebracht hat. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)
12.13
Präsidentin Doris Bures: Die nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Nina Tomaselli. – Bitte.