16.17
Abgeordneter Christian Oxonitsch (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Bundesminister! Ich kann mich in einem Punkt anschließen: Ich kann nur hoffen, dass möglichst viele diese Debatte heute verfolgen.
In einem Bereich, der – das ist vielleicht ein Punkt, in dem wir uns noch einig sind – von einer besonderen Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung, für die Perspektiven von jungen Menschen ist, gibt es eine Partei, die in dieser Frage eindeutig null Reformbereitschaft gezeigt hat, und das ist die ÖVP, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Taschner: Das ist einfach falsch! – Abg. Meinl-Reisinger: Das sage ich auch ...!)
Wenn es darum geht, das Schulsystem tatsächlich einmal strukturell zu diskutieren, zu analysieren und zu Schlussfolgerungen zu kommen, dann sind wir uns wahrscheinlich mit den NEOS nicht in allen Punkten einig, dann sind wir uns mit den Grünen nicht in allen Punkten einig (Abg. Michael Hammer: Mit uns aber auch nicht!), aber eines traue ich mich zu prognostizieren: Man kann sich in dieser Frage sehr rasch einig werden, nur mit der ÖVP in der Regel nicht, weil die Grundpfeiler dieses Bildungssystems für sie einfach unverrückbar sind.
Da wird innerhalb des Systems herumgedoktert, das eine oder das andere gemacht, nämlich dort, wo man mit teilweise selbst verursachten Problemen konfrontiert ist. Ich nenne nur den Lehrermangel. Warum haben wir denn heute unter anderem einen Lehrermangel? Weil es die Frau Minister Gehrer gegeben hat, die vor 20 Jahren geschrieben hat: Bitte werdet alles, nur nicht Lehrer! (Abg. Taschner: Das ist doch lächerlich, Herr Kollege Oxonitsch!) Wenn man heute in Maturaklassen hineingeht, sitzt das noch immer in den Köpfen drinnen. Jetzt muss man mühevoll versuchen, Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger mit Geld zu rekrutieren.
Hätten wir damals nicht diesen massiven Einbruch in der Lehrerinnen- und Lehrerausbildung gehabt, dann hätten wir jetzt nicht ein Viertel der Volksschullehrerinnen und -lehrer, die über 55 Jahre alt sind (Abg. Taschner: Herr Kollege Oxonitsch, kommen Sie ins 21. Jahrhundert, bitte!), ein Drittel der Mittelschullehrerinnen und -lehrer, die über 55 Jahre alt sind, und hätten dieses Recruiting nicht gebraucht. Wer hat es blockiert, wer hat es verursacht? – Die ÖVP. Und die ist nicht bereit, hier wirklich grundlegende Maßnahmen zu setzen. (Beifall bei der SPÖ.)
Es ist ja schon mehrmals gefallen: Natürlich sind wir in diesem Bereich mit einem massiven Mangel konfrontiert, wobei man eigentlich sagen muss, dass in den vergangenen fünf Jahren nicht wirklich viel weitergegangen ist. Wir haben einen Mangel an Elementarpädagog:innen. Nun wird von Kollegin Hamann immer wieder gesagt, es gebe ja viele neue zusätzliche Ausbildungsmodelle – die ja alle gut und okay sind. Was in der Regel nicht gesagt wird, ist, wie viele andere Ausbildungsmodelle weggefallen sind.
Wenn ich mir die Anfragebeantwortung ansehe, nämlich den Punkt, wie viel wirklich netto mehr an Ausbildungsplätzen da sind, dann sind es 80 in ganz Österreich. Also die Ausbildungsoffensive gibt es nicht. Es gibt Gott sei Dank neue Modelle – ja, richtig –, aber es sind eben viele Modelle auch weggefallen, weil man es auch falsch gefunden hat. Aber die zusätzliche Zahl ist nicht gekommen. Ich glaube, das sind Bereiche, wo man tatsächlich mehr Initiativen setzen kann.
Ich sage nach wie vor – weil jetzt auch wieder ein Bundesland hervorgehoben wurde, mache ich es bei Wien auch –: Es wäre schon viel geleistet, wenn zum Beispiel alle Bundesländer, wenn schon der Bund in diesem Bereich nichts tut, wie Wien eine eigene Ausbildungsanstalt für Elementarpädagogik hätten. 1 100 Pädagoginnen und Pädagogen – leider viel zu wenige Pädagogen – bildet Wien aus, ganz alleine, obwohl es hier eine eindeutige Zuständigkeit des Bundes gibt.
Ich bleibe dabei: Auch im Bereich des administrativen Unterstützungspersonals ist für mich klar – und eigentlich muss man sagen, dass es die Frau Rechnungshofpräsidentin in der letzten Sitzung des Rechnungshofausschusses durch die Blume ja auch bestätigt hat –, dass eigentlich auch das in den Bereich der Verantwortung des Bundes hineingehört. Es gibt die Schulerhaltung, die bei den Ländern liegt, und es gibt letztendlich die innere Schulorganisation, die beim Bund liegt. Ehrlich gesagt, mit einem ganz normalen Zugang – das muss man ganz offen sagen – gehört sicher nicht zur Schulerhaltung, dass irgendwer den Stundenplan macht, administriert, das Telefon abhebt et cetera. Das sagt schon die Begrifflichkeit.
Jetzt wird immer wieder argumentiert: Ja, wir haben ein Gutachten et cetera!, aber schauen wir uns den Bericht des Rechnungshofes in diesem Bereich an: Der belegt eigentlich die Ansicht, dass man tatsächlich mehr hätte tun können, gerade auch – da sind wir uns in dieser Analyse wenigstens einig – in dem Bereich, der gegen Überforderung und Überlastung von Lehrerinnen und Lehrern helfen würde, nämlich dabei, zusätzliches Unterstützungspersonal in die Schulen zu bringen. Das braucht man dringend, sowohl im administrativen Bereich als auch in der Sozialarbeit. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Meinl-Reisinger.)
Da sind wir aber auch mit etwas konfrontiert: dass es zum Beispiel keinerlei Initiativen gegeben hat – ich bleibe bei meinem Steckenpferd –, an den Fachhochschulen die Ausbildungsplätze für die soziale Arbeit massiv auszubauen. Es gab null Initiativen in diesem Bereich! Jedes Mal wird gesagt, es gibt keine entsprechenden Nachfragen seitens der Fachhochschulen. In Wien gibt es 1 200 Bewerbungen, und wir bilden, glaube ich, 300 aus. Wir könnten das sehr rasch beheben und die multiprofessionellen Teams, die wir an den Schulen dringend brauchen, bekommen, wenn es mehr Ausbildungsplätze gäbe. Man setzt – auch wichtig – auf den Mint-Bereich, aber gerade für die umfassenden verschiedenen Bereiche hätte man, glaube ich, in der Vergangenheit tatsächlich einiges tun können.
Abschließend, Kollege Taschner: Sie haben mit „How dare you?“ begonnen. – Ich denke mir, man könnte dem Wiener Schulsystem auch von Ihrer Seite einen gewissen Dank entgegenbringen. Was Wien im Bereich der Ukrainevertriebenen geleistet hat, was Wien im Bereich der Familienzusammenführung geleistet hat (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS), beides Bereiche bei denen Wien keinerlei Kompetenz hat – da könnte man eigentlich auch seitens des Ministers, aber auch von Ihrer Seite den Lehrerinnen und Lehrern ein Dankeschön dafür sagen, was sie tatsächlich bewältigt haben, denn in diesem Bereich hat Wien keinerlei Kompetenzen, aber Hervorragendes geleistet. – Danke an die Lehrerinnen und Lehrer und an die Schülerinnen und Schüler! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)
16.22
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hauser. – Bitte sehr, Herr Abgeordneter. (Abg. Leichtfried – in Richtung Abg. Hauser –: Was hast du denn da mit? – Abg. Hauser – auf dem Weg zum Redner:innenpult –: Das, was du dir erwartest!)