11.29
Abgeordnete Ing. Mag. (FH) Alexandra Tanda (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Loacker, ich bin beim Roten Kreuz, und es ist keine Teilorganisation der ÖVP. Ich kann das aus vielen, vielen eigenen Erlebnissen zu 100 Prozent bestätigen. Es geht nämlich nicht alles, so wie man glaubt. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Loacker: Das sagt eine ÖVP-Abgeordnete! – Zwischenruf des Abg. Deimek.)
Ich möchte in dieser Debatte die Redezeit besonders dem Teil des Medizinproduktegesetzes widmen, der sich auf das Rotkreuzgesetz bezieht. Ich möchte – gerade auch weil Sie das über bedürftig gesagt haben, Herr Loacker – mit der Frage beginnen: Was macht eine lebenswerte Gesellschaft aus? – Dass sie sich um die Randgruppen kümmert, um Menschen im Abseits, mit Krankheit und Armut – das ist alltägliche Routine –, um Menschen ohne Versicherungsschutz. (Abg. Loacker: So steht es nicht im Gesetz!)
Diese Aufgabe übernehmen nun einmal seit Jahrzehnten humanitäre Organisationen. Sie ermöglichen Menschen ohne Obdach kostenlos Zugang zur medizinischen Versorgung und bieten eine mobile, aber auch stationäre Basis und ein Erstversorgungsinstrument an.
Ich kann Ihnen das am Beispiel der Medcare in Tirol sagen, bei der auch ein Arzt im Hintergrund ist – Sie haben die Wechselwirkungen angesprochen. Die Medcare in Tirol ist ein Gemeinschaftsprojekt von Rotem Kreuz und Caritas Tirol. Sie versorgt seit 2013 Menschen aus diesen sozialen Randgruppen. Sie steht mit ihrem Auto dort, und man sieht wirklich ganz offensichtlich: Menschen, die dort hinkommen, sind Randgruppen, sind vulnerabel, sind definitiv bedürftig.
Zu dieser medizinischen Basisversorgung im Rahmen der humanitären Aufgaben, die ja das Österreichische Rote Kreuz per Gesetz und per Statut hat, gehören natürlich auch die unentgeltliche Abgabe von Medikamenten an Bedürftige und auch die Vorratshaltung aller Arzneimittel. (Abg. Kaniak: Die Abgabe ist ja ...!) Bei der Abgabe von Medikamenten in diesen schwierigen Lebenslagen und ohne Krankenversicherung ließ die geltende Gesetzeslage keinen Spielraum. Die Abgabe von Arzneimitteln unterliegt ja dem Apothekenvorbehalt.
Die heute zur Abstimmung kommende Einfügung im Rotkreuzgesetz gibt nun Rechtssicherheit, und auch das Österreichische Rote Kreuz und seine eigenständigen Vereine sind dann befugt, im Rahmen ihrer humanitären Aufgaben Arzneimittel unentgeltlich an Bedürftige abzugeben und für diese Zwecke – und darum geht es – auch notwendige Vorräte an Arzneimitteln zu halten. (Abg. Deimek: Was sagt denn eigentlich der Minister dazu? Ist der jetzt auch Rot-Kreuz-Chef? Der sagt nichts dazu!) Die dürfen von Großhändlern und von Herstellern gekauft werden, aber insbesondere auch durch Medikamentenspenden bezogen werden. Die Verantwortung für die ordnungsgemäße Aufbewahrung liegt ab Übernahme der Arzneimittel beim Roten Kreuz.
Den Bedenken der Apotheken, die wir im Ausschuss natürlich sehr wohl wahrgenommen haben, dass mit dieser Gesetzesänderung der Apothekenvorbehalt ausgehebelt wird und Arzneimittel vielleicht irgendwann einmal in Drogeriemärkten und im Internet beziehbar sein können, wird mit folgendem Abänderungsantrag Rechnung getragen, den ich hiermit einbringe:
Abänderungsantrag
der Abgeordneten Alexandra Tanda, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 4101/A der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über finanzielle Maßnahmen zur Sicherstellung der Verfügbarkeit von Arzneimitteln und das Bundesgesetz über die Anerkennung des Österreichischen Roten Kreuzes und den Schutz des Zeichens des Roten Kreuzes (Rotkreuzgesetz – RKG) geändert wird (2662 dB) (TOP 5)
Aufgrund der Länge des Antrages – er wurde verteilt – möchte ich die inhaltlich wesentlichen Punkte des Antrages kurz erläutern.
Durch diesen Abänderungsantrag wird gewährleistet, dass das Österreichische Rote Kreuz und seine eigenständigen Zweigvereine zur Sicherstellung der pharmazeutischen Beratung einen Konsiliarapotheker zu bestellen haben. Die Bestellung muss auch von der Bezirksverwaltungsbehörde genehmigt werden, und die Überprüfung der Rot-Kreuz-Zweigstelle hat vierteljährlich zu erfolgen. Sollte das nicht funktionieren, nicht stimmen, sind hohe Geldstrafen zu verhängen: 3 500 Euro und im Wiederholungsfall bis zu 7 000 Euro.
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Ich bitte daher um breite Zustimmung zum Abänderungsantrag und zum Antrag. – Danke vielmals. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)
11.34
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Abänderungsantrag
der Abgeordneten Alexandra Tanda, Ralph Schallmeiner,
Kolleginnen und Kollegen
zum Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 4101/A der Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über finanzielle Maßnahmen zur Sicherstellung der Verfügbarkeit von Arzneimitteln und das Bundesgesetz über die Anerkennung des Österreichischen Roten Kreuzes und den Schutz des Zeichens des Roten Kreuzes (Rotkreuzgesetz - RKG) geändert wird (2662 dB) (TOP 5)
Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:
Der dem oben zitierten Ausschussbericht angeschlossene Gesetzesentwurf wird wie folgt geändert:
a) In Artikel 2 Z 1 lautet § 2 Abs. 5 wie folgt:
„(5) Das Österreichische Rote Kreuz und seine Zweigvereine sind befugt, im Rahmen ihrer humanitären Aufgaben Bedürftige nach Sicherstellung einer pharmazeutischen Beratung unentgeltlich mit Arzneimitteln zu versorgen und die für diese Zwecke notwendigen Vorräte an Arzneimitteln zu halten. Arzneimittel dürfen vom Hersteller, Depositeur, Arzneimittel-Großhändler oder Apotheken an das Österreichische Rote Kreuz bzw. seine Zweigvereine abgegeben werden. Diesfalls gelten die Arzneimittel im Sinne der arzneimittelrechtlichen Vorschriften als abgegeben.“
b) Artikel 2 werden nach Z 1 folgende Z 1a und 1b eingefügt:
„1a. Dem § 2 wird folgender Abs. 6 angefügt:
,(6) Das Österreichische Rote Kreuz und seine Zweigvereine haben zur Sicherstellung der pharmazeutischen Beratung gemäß Abs. 5 einen Konsiliarapotheker zu bestellen. Dieser hat die Arzneimittel hinsichtlich der vorschriftsmäßigen Aufbewahrung und Beschaffenheit mindestens einmal vierteljährlich zu überprüfen und allfällige Mängel der Bezirksverwaltungsbehörde zu melden. Zum Konsiliarapotheker darf nur ein Magister der Pharmazie bestellt werden, der die Berechtigung zur Ausübung der fachlichen Tätigkeit im Apothekenbetrieb nach erfolgter praktischer Ausbildung erlangt hat und zumindest im überwiegenden Ausmaß in einer inländischen Apotheke tätig und in der Lage ist, die genannten Aufgaben zu erfüllen. Die Bestellung bedarf der Genehmigung der Bezirksverwaltungsbehörde.‘
1b. Dem § 9 werden folgende Abs. 7 und 8 angefügt:
,(7) Wer den Bestimmungen des § 2 Abs. 5 und 6 zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 3 500 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 7 000 Euro, zu bestrafen.
(8) Wer den Bestimmungen des § 2 Abs. 5 und 6 zuwiderhandelt und dadurch eine schwerwiegende Gefahr für Leib, Leben oder Gesundheit einer Person herbeiführt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 10 000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 20 000 Euro, zu bestrafen.‘“
Begründung
Diese Änderungen dienen der apotheken- und arzneimittelrechtlichen Klarstellung, insbesondere des Verhältnisses des RKG zum AMG. Dabei ist § 2 Abs. 5 RKG lex specialis zu § 57 AMG. Insofern gelten die nach § 2 Abs. 5 RKG vom Hersteller, Depositeur oder Arzneimittel-Großhändler bezogenen Arzneimittel arzneimittelrechtlich als abgegeben und unterliegen in weiterer Folge nicht mehr den Regelungen des AMG. Im Übrigen sind in diesen Fällen nach den arzneimittelrechtlichen Bestimmungen die genannten pharmazeutischen Unternehmen für die Deaktivierung der Sicherheitsmerkmale verantwortlich, weshalb aufgrund der gegenständlichen Anpassungen auch der Verweis auf die AMBO entfallen kann.
Zur Sicherstellung der pharmazeutischen Beratung und der Qualität des Arzneimittelvorrats sieht § 2 Abs. 6 RKG – nach dem Vorbild des § 20 KAKuG – die Bestellung eines Konsiliarapothekers vor. Abs. 7 und 8 sehen für den Fall von Verstößen Verwaltungsstrafen vor, die an § 41 ApoG angelehnt sind.
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Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, er wurde verteilt und in den Grundzügen erläutert.
Nun hat sich Herr Bundesminister Johannes Rauch zu Wort gemeldet. – Bitte.