12.45
Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Kollege Gödl hat von der Pflege gesprochen, ich spreche von etwas ganz anderem. Das liegt aber daran, dass diese Bundesregierung im Schlusssprint vor dem Sommer einfach sämtliche Gesetzesmaterien noch einmal aufmacht und 27 Dinge unter einem Tagesordnungspunkt besprochen werden müssen.
Dazu gehören auch einige sozialversicherungsrechtliche Änderungen, die – entschuldigen Sie – ein bisschen kompliziert sind in der Erklärung und die den Eindruck vermitteln, wir hätten eh genug Geld, also der Staat ist in einer komfortablen Situation und Budgetdefizit schreiben wir keines, daher können wir zur Verteilung der übrigen Gelder schreiten. (Abg. Stöger: Er will privatisieren! Ist eh immer dasselbe, er will privatisieren!)
Da passiert jetzt Folgendes: Wenn Sie einen Arbeitsunfall haben und alle Heilungsmaßnahmen nichts nützen und Sie von diesem Arbeitsunfall einen Folgeschaden davontragen, dann bekommen Sie eine Unfallrente. Diese bemisst sich an der „Minderung der Erwerbsfähigkeit“ heißt es im Gesetz. Man sagt also, wenn Sie einen Arm oder ein Bein verloren haben, dann haben Sie eine um eine große Prozentzahl herabgesetzte Minderung der Erwerbsfähigkeit. Dafür bekommen Sie eine Unfallrente aus der Unfallversicherung, die Ihr Einkommen ersetzen soll, das Sie verlieren, weil Ihre Erwerbsfähigkeit zurückgesetzt ist.
Mit einem der Gesetze, die heute hier liegen, sagt man: Ja, wenn Sie in Pension gehen, dann schauen wir das gar nicht mehr an. Dann tun wir so, als würden Sie diese Unfallrente gar nicht bekommen, und Sie bekommen eine Ausgleichszulage drauf, wenn Sie eine niedrige Pension haben. – Das war aber nie der Plan! Der Plan der Unfallversicherung war ja genau das: Wenn Sie einen Unfall haben und einen bleibenden gesundheitlichen Schaden, dann ersetzt Ihnen die Unfallversicherung das Einkommen, das Ihnen ausfällt, und zwar auch später, in der Pension.
Da kann ich ja nicht so tun, als ob das Geld nicht fließen würde, denn das ist ja versichert. Und Sie beschließen hier jetzt mehrheitlich, zu sagen: Nein, wir tun so, als ob der keine Unfallrente bekäme und wir zahlen ihm noch eine Ausgleichszulage oben drauf. – Es ist schön, dass die Menschen Geld bekommen, aber das muss auch jemand bezahlen, und das, was sie bezahlen, soll bei denen ankommen, die es brauchen. Und das hier ist nicht für die, die es brauchen, weil die schon versichert sind.
Beim nächsten Gesetz, Tagesordnungspunkt 8, geht es auch wieder um viele Besserstellungen im Pensionsrecht – die Pensionen sind ja kein Problem, wir können alles bezahlen, wir haben ja Geld genug –, unter anderem auch um eine Korrektur des Frühstarterbonus. Wenn Sie nicht wissen, was der Frühstarterbonus ist, kein Problem, das wissen die wenigsten Menschen, auch wenn sie davon profitieren.
Wenn Sie vor dem 18. Geburtstag aus eigenem Erwerb Versicherungszeiten haben, dann bekommen Sie pro Monat einen Euro mehr Pension. (Der Redner stellt eine Tafel mit der Überschrift „Frühstarterbonus“ und einem Balkendiagramm auf das Redner:innenpult.) Das ist nicht viel, aber wie Sie hier an dem türkisen Balken sehen, ist das in Summe verdammt viel. Sie sehen auf dieser Grafik alle Pensionsbesserstellungen, die diese Regierung in den letzten Jahren beschlossen hat, und das beläuft sich jährlich auf über 1,8 Milliarden Euro Mehrkosten (Abg. Schellhorn: Wahnsinn!), nur durch Besserstellungen über der Inflationsrate.
Dieser Frühstarterbonus, von dem die meisten Menschen, die ihn bekommen, gar nicht wissen, dass es ihn gibt, schlägt im Endausbau mit 600 Millionen Euro jedes Jahr zu Buche.
Erzählen Sie mir doch nicht, dass sich jemand mit 15 Jahren für eine Lehrlingsausbildung entscheidet, weil er dann mit 65 Jahren einen Frühstarterbonus bekommt! (Abg. Schellhorn: 1 Euro!) Diese Maßnahme ist ein Unfug. Alle, die das Pensionskonto verstanden haben, wissen auch, dass, wenn jemand früh ins Berufsleben einsteigt, beispielsweise mit 15 oder mit 16 Jahren, diese Menschen dann einen Vorteil aufgrund der guten Aufwertungslogik des Pensionskontos haben.
Die frühen Zeiten rentieren sich besonders. Schauen Sie auf Ihrem eigenen Pensionskonto nach! Es zahlt sich aus, früh ins Erwerbsleben einzusteigen, und dafür müsste man nicht noch einen Frühstarterbonus draufzahlen, der 600 Millionen Euro im Jahr kostet. Sie geben das Geld der jungen Leute aus, und zwar ganz oft für Personengruppen, die es gar nicht brauchen, weil die vom System ohnehin super abgesichert sind. (Beifall bei den NEOS.)
Wir haben in Österreich ein ausgezeichnetes Sozialsystem. So etwas Tolles, in dieser Ausbaustufe, finden Sie in ganz Europa nirgends. Das muss man einmal sagen.
Es ist nicht notwendig, immer noch einmal Geld auf Personengruppen draufzuhauen, die von diesem System schon sehr gut versorgt sind (Abg. Schellhorn: Es sind ja Wahlen!), weil wir auch eine schrumpfende Personengruppe haben, die das alles finanzieren muss – aber auf die schaut in diesem Haus leider viel zu selten jemand. (Beifall bei den NEOS.)
12.49
Präsidentin Doris Bures: Nun hat sich Herr Bundesminister Rauch zu Wort gemeldet. – Bitte.