15.59

Abgeordnete Julia Elisabeth Herr (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrtes Hohes Haus! Ja, ich glaube, ich werde zu diesem freien Spiel der Absurditäten hier jetzt gar nicht allzu viele Worte verlieren. (Abg. Höfinger: Das habts eh daheim!)

Ich werde darüber reden, worum es geht: um Renaturierung. (Abg. Höfinger: Doskozil-Meinung oder Ludwig-Meinung?) Da geht es darum, dass man der Natur ihren Wert gibt, dass man der Natur ihren Raum gibt, dass man dort, wo über die letzten hundert Jahre Natur verbaut worden ist, das wieder rückgängig macht. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Da geht es also um unsere Wiesen, um unsere Wälder, um unsere Flüsse (Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen), um unsere Bäche, und die gilt es, zu schützen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.) Um das geht es! (Präsident Sobotka gibt neuerlich das Glockenzeichen. Neuerlicher Zwi­schenruf bei der ÖVP.) – Dazu kommen wir gleich. (Abg. Kickl: Am wenigs­ten Umweltschutz hat es bei den Kommunisten gegeben!)

Und es ist nämlich schon absurd, dass die Parteien, die sich immer überall ganz groß Heimat draufschreiben, FPÖ und ÖVP, diese in Wirklichkeit jetzt nicht schützen wollen. Das ist doch eigentlich sehr offenbarend (Abg. Steinacker: Also bitte!), diese Diskussion hier ist sehr entlarvend. – Herr Kickl, Sie gehen ja so gerne wandern. Wo wollen Sie denn wandern gehen, wenn wir die österrei­chischen Berglandschaften nicht schützen? Das ist doch notwendig. (Beifall bei SPÖ und Grünen. Abg. Kickl: Da braucht man die SPÖ nicht dafür!)

Wer die Natur schützt, der schützt auch die Bevölkerung, zum Beispiel vor Starkwetterereignissen. Wenn wir klimafitte Wälder haben, dann bedeutet das, dass nicht bei jedem Starkregen sofort eine Mure abgeht. Wenn wir Bäche renaturieren, bedeutet das, dass die mehr Wasser halten können und dass wir in diesem Land auch nicht so viel Hochwasser haben. (Abg. Steinacker: Genau umgekehrt ist es! ...!) Wir haben vor wenigen Wochen erst tragische Schicksale erlebt, wenn wir aber Flussbeete renaturieren (Abg. Loacker: Flussbetten sind das ...!), dann halten die mehr Wasser. (Abg. Berlakovich: Genau umgekehrt ...!) Es ist absolut zynisch, auf der einen Seite zu den Opfern der Hochwasser zu sagen: Ja, es tut uns leid!, und sich auf der anderen Seite gegen Renaturierung einzusetzen. Das geht nicht zusammen! Das geht nicht zusammen. (Beifall bei der SPÖ. Abg. Steinacker: Super! Eine nicht regulierte Donau – Wien ist überflutet! Das gibt’s nicht! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Und Sie sagen, was ich da vernommen habe – denn es ist ein bisschen chaotisch, da schreien irgendwie gerade zehn Personen gleichzeitig heraus, aber Sie haben rausgeschrien –: Wien. Wien habe ich gehört. – Ja, da ist das gang und gäbe. Ich nenne nur ein Beispiel, den Liesingbach. Der führt mit 18,4 Kilometern durch die Stadt. Die erste Hälfte wurde schon renaturiert, bei der zweiten Hälfte passiert es gerade, und es ist ein Erfolgsprojekt. (Abg. Kickl: Genau! Und zuerst haben ihn die Sozialisten ein­betoniert!) Der Liesingbach kann jetzt viel mehr Wasser halten. Sogar wenn ein Jahrhunderthochwasser kommt, kann das der Liesingbach halten und schützt so die Wiener Bevölkerung. Das ist doch großartig. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das ist doch großartig. Ich kann jetzt gar nicht auf alles eingehen.

Der alte Verschiebebahnhof in Breitenlee beispielsweise: Da geht es um ein 90 Hektar großes Areal in Wien, das jetzt zum Natura-2000-Gebiet gemacht wird. Das ist Klimaschutz, tagtäglich, so wie er funktionieren muss. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Voglauer.) Erst durch die klare Positionierung der Stadt Wien, der Wiener Stadtregierung, war es über­haupt möglich, dass Österreich auf EU-Ebene hat zustimmen kön­nen (Abg. Hafenecker: Ich bin ja schon gespannt auf die Seestadt Aspern!), dass wir eben auch mehr Naturschutz umsetzen können (Abg. Belakowitsch: Na, das muss so nicht sein, Frau Kollegin!), und wir sind froh, dass das gelungen ist.

Punkto Klimaschutz wäre es aber schön, wenn das auch bei anderen Themen auf EU-Ebene funktionieren würde, dass Österreich seine Hausaufga­ben macht. (Abg. Sieber: Das ist ja unglaublich!) Wir sind aufgrund dieses Hickhacks, das da stattfindet - - Oder ich frage einmal anders: Was ist denn das einzige Land in der EU, das es nicht geschafft hat, einen Klimaplan vorzu­legen? (Abg. Leichtfried: Ist das Österreich?) – „Ist das Österreich?“ Ja, Jörg, das ist Österreich! Österreich ist das einzige Land in der gesamten EU, das es nicht geschafft hat, die Frist einzuhalten. (Abg. Leichtfried: Ein Wahnsinn! Abg. Strasser: Und heute gegen das Grüngasgesetz stimmen! Jammern, und gegen das Grüngasgesetz stimmen?) Wissen Sie, was droht? – Milliarden an Strafzahlun­gen, wenn wir unsere Klimaziele nicht erreichen. Milliarden Euro, mit denen Sie da spielen, weil Sie unfähig sind, sich zu einigen, was den Klimaschutz betrifft. Das ist absurd! (Beifall bei der SPÖ. Abg. Strasser: Maßnahmen zustimmen! Maßnahmen zustimmen!)

Österreich ist im Übrigen das einzige Land – Jörg, du weißt das –, das keine na­tionalen Klimaziele definiert hat – das einzige Land in der gesamten EU! Auch das, bitte schön, können wir uns nicht leisten, das ist unverantwortlich.

Ich komme noch zu einem weiteren Punkt, was wir als SPÖ vorhaben. Wir müssen Klimaschutz auch endlich bei den Arbeitsplätzen gemeinsam den­ken. Klimaschutz und Industrie, Klimaschutz und Wirtschaft: Wir müssen das gemeinsam vernetzen! Es ist nämlich so, dass die Erderhitzung erfolgt. (Ruf bei der ÖVP: Bitte, was tun wir denn die ganze Zeit?!) Da kann die FPÖ noch so lange sagen: Nein, nein, das passiert nicht, wir sehen das nicht!, es wird einfach passieren, und es ist derzeit so. Wir sehen, das sich ganz viele Unternehmen darauf einstellen. Da passieren gerade Technologie­sprünge, da werden neue Produkte auf den Markt gebracht. Es passiert einfach schon.

Und die Frage, die wir uns jetzt stellen können, ist (Zwischenruf der Abg. Stein­acker): Wollen wir, dass die Jobs der Zukunft alle in China sind, oder wollen wir, dass die in Österreich sind? Wir sagen, diese Jobs sollen in Öster­reich sein. (Beifall bei der SPÖ.) Wir sagen mehr Made in Europe und nicht importiert aus China. Das muss passieren!

Deswegen haben wir einen Plan vorgelegt, einen 20 Milliarden Euro schweren Transformationsfonds, mit dem wir die heimische Industrie und Wirt­schaft unterstützen wollen, hier im Land, um klimaneutral produzieren zu kön­nen, um Tausende gut bezahlte Arbeitsplätze auch halten zu können. (Abg. Loacker: ... Jobs ... bei den bösen Konzernen! – Ruf: Ja natürlich sind sie bei den bösen Konzernen!) Das ist Klimaschutz, wie wir ihn ganz dringend brauchen: Mehr Made in Europe und nicht importiert aus China! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

16.04

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Frau Klubobfrau Sigrid Maurer. – Bitte.